Name im Capitulare Nr. Botanischer Name Familie
vulgigina
49
Asarum europaeum L. Aristolochiaceae
 
 
 Haselwurz
deutscher Name 
 Mansoor
niederländischer Name 
 asaret
französischer Name 
 hazlewort
englischer Name 
 
Beschreibung

Geschichte

Verwendung

 
Botanische Beschreibung der Art

Die Haselwurz (Asarum europaeum) ist die einzige Vertreterin der Osterluzeigewächse, die in Mitteleuropa ca. 100 Arten umfasst. Ihr Vorkommen erstreckt sich über Südosteuropa, Kleinasien, Sibirien, bis hin zum Altai-Gebirge; im Norden reicht es bis England und Südschweden. Sie fehlt im ganzen nördlichen Flachland und im Westen. Man findet sie auch in höheren Gebirgslagen, vorzugsweise auf Kalk im Schatten, besonders in lichten Wäldern und Auwäldern.

Der relativ dünne Wurzelstock (= Grundachse) kriecht „oberirdisch", d.h. ragt kaum aus dem Erdreich heraus, bleibt oft noch in der Laubstreu stecken. Die Grundachse ist reichlich verzweigt und jeder neue Laubspross kann Wurzeln treiben, so dass die immergrünen Laubblätter dichte Nester bilden. Grundachse und Laubsprossen sind zottig behaart, wie auch alle übrigen Teile der Pflanze. Jeder Laubspross entwickelt 3-4 kleine, schuppige, bräunlich-grüne Niederblätter und je zwei Laubblätter, deren 10-15 cm lange Stiele rot-bräunlich überlaufen sind. Die glänzend dunkelgrünen ledrigen Blätter werden bis zu 8 cm breit und weisen eine runde, herz- oder nierenähnliche Form auf. Die 1-1,5 cm langen unscheinbaren Blüten sind in der Regel unter den Blättern verborgen. Sie sitzen einzeln am Ende der Sprosse. Ihre drei- (oder vier-)teiligen, glockenförmigen Blütenkronen sind innen purpurn, außen jedoch bräunlich-fleischfarben und riechen, wenn man sie zerreibt, nach Pfeffer. Die Haselwurz blüht vom März bis Mai. Dann entwickeln sich sechsfächrige Kapseln mit vielen Samenkörnern, die schiffchenartig vertieft und mit auffallenden schwammig-fleischigen Anhängseln versehen sind. Letztere werden von Ameisen gefressen, die für die Verbreitung sorgen. Schnecken fressen die Haselwurz gerne. Manche Botaniker nehmen sogar an, dass auch die Bestäubung durch Schnecken erfolgt. Alle Teile der Pflanze sind schwach, der Wurzelstock jedoch stärker giftig.

Eine ganz andere, eher praktische Verwendung findet die Haselwurz bei Gärtnern, die sie wegen ihres attraktiven wintergrünen Laubes gerne als Bodendecker in schattigen Gartenlagen anpflanzen.
 

zum Seitenanfang
 

Geschichte

Schon im Altertum galt die Haselwurz als ein Heilmittel und wurde zur Herstellung wohlriechender Salben und Kränze benutzt, was ihr auch die Bezeichnung „wilde Narde" eintrug. Sie gehörte mit dem Efeu und der Nieswurz zu den Kräutern des Bacchus. Für Dioskorides bedeutete der Name „Asarum" Ekel oder Unbehagen, das zum Erbrechen führt. Er schreibt, sie „habe wärmende und harntreibende Kraft und sei gut wider die Wassersucht und die langwehrende Wehthumb der Hüfft (womit chronischer Ischias gemeint war). Sieben Quintlein der Wurtzeln mit Methe oder Honigwasser getruncken treiben die Monatliche Zeit der Frawen zusampt den bösen Feuchtigkeiten durch den Stuhlgang ..."

Vor der abtreibenden Wirkung der Haselwurz warnt auch Hildegard von Bingen und nennt sie in hohem Grade gefahrbringend. Desgleichen beschreibt Brunfels 1532 aus Haselwurz destilliertes Wasser als Abtreibungsmittel, welches „bößer Schlepseck (Ausdruck für Kupplerinnen und liederliche Frauenzimmer) haben und wann sye so ein stücklin wisszen, vertrieben und tödten sye die Kinder in muter leip und setzen darnach wider ein kränzlin (als Zeichen der Jungfernschaft) auff." Die Frauen einiger Indianerstämme wussten um die empfängnisverhütende Wirkung einiger Haselwurzarten in Nordamerika und nutzten sie dementsprechend.

Der Name „Haselwurz" könnte vom Standort herrühren, nämlich der Tatsache, dass die Pflanze sehr häufig unter Haselnussbüschen wächst. Albertus Magnus war der Ansicht, dass der Beiname der Pflanze „herba leporis" (Hasenkraut) entstanden sei, weil Hasen sie so gern fräßen. Einige halten das wegen der scharf und bitter schmeckenden Wurzel für höchst unwahrscheinlich. Aus eigener leidvoller Erfahrung mit gefräßigen Kaninchen im Karlsgarten können wir diese Ansicht aber nur bestätigen.

Zurück zur Heilwirkung: nach der „signatura rerum" (Signaturenlehre) zeigt die Natur z.B. durch Form von Blüten oder Blättern an, für welches dieser Form entsprechende Organ im menschlichen Körper eine Pflanze heilend sei. Aufgrund der Form der Blätter wurde die Haselwurz daher gegen Leber- und Nierenkrankheiten verwendet. Eine Lauge aus Haselwurz empfahl Tabernaemontanus auf den Kopf aufzutragen, um Kopfschmerzen zu vertreiben und Haarausfall vorzubeugen.

In Oberösterreich spielte die Haselwurz auch eine Rolle im Milchzauber: Wenn jemand die Milch bestimmter Kühe verzaubert („verneidet") hatte, musste man die Milchzuber mit Haselwurz ausreiben und auswischen. Die Kühe gaben danach wieder viel und gute Milch. Das brachte ihr den Namen „Neidkraut" ein.
 

zum Seitenanfang
 

Heutige Bedeutung und Verwendung

Genutzt wird der Wurzelstock der Haselwurz (Rhizoma Asari), der einen kampferartigen Geruch verströmt und einen scharf würzigen Geschmack aufweist. Man sammelt ihn im August und sollte ihn möglichst schnell trocknen und dann gut verschlossen aufbewahren. Er enthält giftige etherische Öle, 40 % Asaron, auch Asarumkampfer genannt, Gerbstoff, Stärke und Harz. Asaron erzeugt auf der Zunge ein pfefferartiges Brennen. Äußerlich reizt Asaron die Haut, so dass es zu Blasenbildung kommt. Eingenommen irritiert es die Magenschleimhäute, und es kommt zu reflektorischem Erbrechen, was zu dem Namen „Brechwurz" führte, außerdem zu Durchfall, Nierenentzündungen und Gebärmutterentzündungen, zu einer allgemeinen Schwächung des Körpers und anschließendem Kollaps. Bis zum Anfang des 18. Jh. galt die Haselwurz als das wichtigste Brechmittel. Dann kam sie in dieser Funktion, besonders auch wegen der toxischen Nebenwirkungen, außer Gebrauch und wurde durch die „Brechwurzel" (Radix Ipecacuanhae) aus Brasilien ersetzt. Diese Pflanze (Cephaelis ipecacuanha) enthält die Alkaloide Emetin und Cephaelin.

Heute wird die sie immer noch als auswurfförderndes Mittel in Auszügen bei trockenen Rachen- und Kehlkopfkatarrhen sowie bei Asthma verwendet. Homöopathisch wird Haselwurz in entsprechender Verdünnung bei nervösen Reizerscheinungen wie Kopfschmerzen mit Übelkeit, nervösem Erbrechen, Hysterie, Fieber, Darm- und Blasenkrämpfen, Koliken, Rheuma, nervöser Überempfindlichkeit, Lichtscheue und Frostgefühl gegeben. Außerdem benutzt man Haselwurz in ganz niedrigen Dosen noch als Zusatz in Niespulvern und Schnupftabak. In hohen Dosen missbräuchlich als Abtreibungsmittel gegeben, führt Haselwurz zum Kollaps mit tödlichem Ausgang.
 

 

zum Seitenanfang

[Eine Seite zurück]  [Zur Übersichtsseite über den Karlsgarten]  [Home]
 

zuletzt geändert am: 1.III.2002