Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
levisticum | 33b | Levisticum officinale L. | Apiaceae |
|
Botanische Beschreibung der Art
Vielleicht liegt es an der
imposanten Größe des Liebstöckels, vielen sicher besser
bekannt als Maggikraut, dass er in unseren zumeist kleinen Hausgärten
nicht mehr so häufig anzutreffen ist. Die ausdauernde Pflanze aus
der Familie der Doldengewächse (Apiaceae/Umbelliferae) wird mannshoch
und braucht auch in der Breite bis zu einem Meter Platz. Diese stattliche
Größe erreicht sie an einem sonnigen bis halbschattigen Standort
mit feuchtem, nahrhaftem Boden. Der Anbau des Liebstöckels lohnt sich,
denn er macht sich optisch gut als Hintergrundpflanze in einer Staudenrabatte
und immer dann, wenn die Stängel des Sellerie in einem Rezept verlangt
werden, kann man ersatzweise auch mit den Blättern des Liebstöckels
würzen. Eine Pflanze reicht für den normalen Küchenbedarf
aus.
Im ersten Jahr treibt die
Pflanze aus dem dauerhaften Wurzelstock eine grundständige Blattrosette.
Der Wurzelstock selbst entwickelt sich über die Jahre zu einem kurzen
aber dicken, fleischigen und vielköpfig verzweigten Gebilde, das außen
bräunlich und innen weiß ist. Im zweiten Jahr erscheint ein
bis zu zwei Meter hoher Stängel, der am Grunde bis zu 4 cm dick ist
und deutlich sichtbar die Narben der vorjährigen Blätter trägt.
Der Stängel ist fein gerippt und verzweigt sich mit aufrecht abstehenden
Ästen. Die Blätter erreichen die stattliche Größe
von 70 cm, sowohl in Höhe und Breite. Doch erscheinen sie uns nicht
so riesig, denn sie sind 2-3 fach fiedrig geteilt und erinnern stark an
die Blätter des Selleries. Der Stängel der kräftig dunkelgrünen
und glänzenden Blätter ist hohl. Die ganze Pflanze riecht stark
würzig nach Maggi. Von Juli bis August erscheinen an den Zweigenden
die bis zu handgroßen zehn bis zwanzigstrahligen Dolden mit zahlreichen
kleinen, gelblichen Zwitterblüten und vielen linealen Hüllblättchen.
Daraus entwickeln sich winzige elliptische und gerippte Spaltfrüchte,
die bei der Reife in zwei Teilfrüchte zerfallen. Die nektarreichen
Blüten sind im Hochsommer eine wertvolle Bienenweide.
Geschichte
Liebstöckel wird schon
seit dem Mittelalter in Klostergärten kultiviert. Man traf ihn in
jedem Haus– und Bauerngarten, doch hat diese Tradition stark nachgelassen.
Am häufigsten sieht man die Pflanze noch in ländlichen Gebieten
und vor allem in den Gärten der bergigen Regionen. Liebstöckel
ist in den Gebirgen des südlichen Europas beheimatet. Man vermutet
seinen Ursprung in den iranischen Bergländern. Aus der Antike weiß
man fast nichts über den Liebstöckel. Zwar findet man in einem
der wichtigsten römischen Kochbücher den Namen levisticum,
doch scheint es sich hier, wenn man die Pflanzenbeschreibung liest, um
eine andere Pflanze zu handeln. Seit dem Mittelalter jedenfalls, versteht
man unter levisticum zweifelsfrei den Liebstöckel. Der lateinische
Name hat allerhand Übersetzungen und Missdeutungen erfahren, die letztlich
auch zu den verschiedenen, wenn auch falschen, Anwendungen Anlass gaben.
So finden sich Variationen von Liebstöckel über Laubstecken,
Lebensstock und Luststecken bis hin zum englischen Love Parsley (Liebes
Petersilie). Bei solchen Namen lag es nahe, dem Kraut aphrodisierende Wirkung
anzudichten. So gaben junge Mädchen von der Wurzel etwas ins Badewasser,
um die Liebe eines Mannes zu wecken. Ja, sogar kleine Mädchen wurden
schon von ihren eifrigen Müttern darin gebadet um späteres Eheglück
zu garantieren. Von den Minnesängern im Mittelalter sagt man, dass
sie sich der würzigen Pflanze ebenfalls bedienten, um Zuneigung zu
erwecken. Das alles funktionierte natürlich nur, wenn der Liebstöckel
an Johanni (altgermanisches Fruchtbarkeitsfest) ausgegraben und zu Maria
Himmelfahrt in der Kirche geweiht wurde. Noch weiter ins Reich des Aberglaubens
fällt folgende Anwendung: In der Karfreitagsnacht ausgegraben und
bei sich getragen, macht der Liebstöckel Hexen sichtbar. Auch feit
er dann gegen Schlangenbiss und wilde Tiere.
Die Volksmedizin kennt noch
weit mehr Anwendungen. So soll die Droge beruhigend, krampflösend
und schweißtreibend wirken. Sie ist der Verdauung förderlich
und hilft bei Blähungen und Verdauungsbeschwerden. Hierzu nimmt man
auch die getrockneten Früchte. Liebstöckel hilft bei Frauenleiden,
wie z.B. starken Menstruationsschmerzen und fördert die Monatsblutung.
Auch die schleimlösende Wirkung wurde gerne genutzt. Hildegard von
Bingen empfiehlt dazu, Liebstöckelwurzel zusammen mit Salbei und Fenchel
in gutem Wein ziehen zu lassen und diesen dann erwärmt zu trinken.
Weitaus interessanter ist die Anwendung, die man in manchen Gegenden Deutschlands
bei Erkältung pflegte: Man sog durch den hohlen Stängel warme
Milch oder Wasser, welches sich auf seinem Weg durch diesen "Strohhalm"
mit dem ätherischen Öl anreicherte und so die Bronchitis linderte.
Aus dem gleichen Grund benutzte man die Stängel auch zur Inhalation.
Ein Ende des Stängels wurde angezündet und der aufsteigende Duft
am anderen Ende eingeatmet.
Heutige Bedeutung und Verwendung
Tatsächlich medizinisch anerkannt ist die harntreibende und antimikrobielle Wirkung der Wurzeldroge. Man sammelt im Herbst die dreijährige Wurzel und trocknet sie bei ca. 35°C. Sie schmeckt zuerst süßlich, später würzig bis bitter und besteht zu 0,4 % - 1,7 % aus etherischem Öl, welches zu 70 % Alcylphthalide enthält, die für den Maggigeruch verantwortlich sind. Weitere Inhaltsstoffe sind Zucker, Cumarin, Harze, Säuren und Gummi. Man gibt die getrocknete Wurzel als Bestandteil zu wasserausschwemmenden Tees bei Entzündungen der ableitenden Harnorgane und zur Vorbeugung gegen Nierenstein. Vorsicht ist geboten bei eingeschränkter Nierentätigkeit und Nierenentzündung. Hier darf die Droge nicht genommen werden.
Für den Gebrauch in der Küche sind vor allem, die jungen Blätter zu empfehlen. Sie würzen frisch oder getrocknet Suppen, Eintöpfe, Salat, Kräuterbutter und Quark sowie Fleischgerichte vom "Gulaschtyp". Man kann die jungen Triebe auch blanchiert als Gemüse essen. Die Samen würzen und dekorieren Brot und Käsegebäck. Das Öl, aus Wurzel und Blättern gewonnen, findet Verwendung in der Likörindustrie.
Bleibt noch zu erwähnen, dass der Kontakt mit den Blättern
des Liebstöckels photosensibilisierend wirken kann.
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zuletzt geändert am 23.V..2003