8.Dez.2011

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Der Duft der Weihnacht: Anis, Zimt, Nelkenpfeffer. Eine Bereicherung.

Karl Josef Strank

Geht man in diesen Tagen über den Aachener, Monschauer oder irgendeinen anderen Weihnachtsmarkt, überträgt sich die anrührende Stimmung durch die etwas funselige, an Kerzen erinnernde Beleuchtung vor historischer Kulisse, die Nikolausmützen, die einige Besucher tragen, die aufgestellten Weihnachtsbäume, die weihnachtliche Musik, die angebotenen Leckereien, die es üblicherweise nur in dieser Zeit gibt und vieles mehr, das im Detail nicht weiter geschildert werden muss. Nicht unwesentlich trägt aber der Duft nach Weihnachtsgebäck und Glühwein zu dieser Stimmung bei. Sind es im Sommer und Herbst mehr die fruchtigen Aromen, die uns erfreuen, liegt zu Weihnachten ein ganz anderer Duft, nach Kakao, Vanille, Anis, Zimt und Gewürznelken in der Luft.

Spezereien und Pfeffersäcke
Jahrhundertelang haben die Menschen in Europa ohne Gewürze überlebt. Salz, das nicht immer in ausreichendem Maß zur Verfügung stand, und einige heimische Kräuter waren die einzigen Gewürze, die das Leben schmackhafter machten. Immer waren sie aber auf der Suche nach Zutaten, die Speisen würziger machten und zu mehr Genuss bei der Nahrungsaufnahme führten.

Entsprechend früh entwickelte sich der Handel mit diesen „Spezereien“, die zu uns vor allem aus dem Orient gelangten und von daher sehr geschätzt und teuer waren. Kaufleute, die mit Gewürzen handelten, verdienten sich als „Pfeffersäcke“ eine goldene Nase. Die Seefahrernationen kämpften um und verteidigten ihre Monopole im Gewürzhandel nach Kräften, heute ist der Handel weitestgehend liberalisiert, gleichwohl findet sich auf den Märkten der Länder Klein- und Südasiens immer noch das reichste Angebot an Gewürzen.

Ein sehr leicht zu erkennender Duft auf den Weihnachtsmärkten ist der von Anis. Er gehört wie Dill, Kümmel und Koriander zu den Doldengewächsen. Karl der Große ließ ihn in seiner Liste der Pflanzen im Capitulare des villis verzeichnen. Anis ist ein uraltes Gewürz, das bereits die Ägypter nutzten. Im Mittelalter war er sehr beliebt als Zutat in Backwaren. In Süddeutschland wird er heute noch für das traditionelle Festtagsgebäck aus einem Anis-Eierschaumteig, die Springerle, auch Anisbrötli genannt, verwendet. Allbekannt dürften die gelben Anisklümpchen sein.

Der Weihnachtsduft schlechthin ist der von Zimt. Als Gewürz dient die zu Pulver zermahlene Rinde mehrerer Cinnamomum-Arten, tropischer Bäume aus der Familie der Lorbeergewächse. Der beste Zimt stammt aus Ceylon. Er kommt auch in Form fein gerollter Rindenstücke, als Canehl, in den Handel. Er schmeckt süßlich und feurig-brennend. China-Zimt und Padang-Zimt, auch als Cassia-Zimt bezeichnet, schmecken kräftiger und herber, weil deren Rinde einen höheren Gehalt an Gerbstoffen enthält. Verwendung findet der Zimt bei süßen Backwaren, Kompotten, Süßspeisen, Bowlen und manchen Heißgetränken.

Bei diesem Stichwort kommt der Glühwein ins Spiel, ohne den kein Weihnachtsmarkt auskommt. Und Glühwein kommt neben Zimt nicht ohne Gewürznelken aus.

Der immergrüne Nelkenbaum ist ein Myrtengewächs, das nur in Meeresnähe gedeiht und auf den Molukken, den Gewürzinseln, Inseln östlich von Borneo und Celebes, heimisch ist. Die jungen rosafarbenen Blütenknospen werden vor dem Aufblühen geerntet und bei schwacher Hitze getrocknet. Da das Nelkenaroma sehr intensiv ist, sollte das Gewürz sparsam eingesetzt werden. Das konzentrierte Nelkenöl (Eugenol) ist ein sehr wirksames Antiseptikum und wird manchen durch den Besuch beim Zahnarzt noch in der Nase sein.

Ein anderes sehr beliebtes und für Honig- und Pfefferkuchen verwendetes Gewürz kommt von der anderen Seite der Erde aus Westindien, Mittel- und Südamerika. Es ist ebenfalls ein immergrüner Baum der Myrtengewächse, der Piment oder Nelkenpfeffer. Seine Beeren werden halbreif aber noch grün gepflückt und dann an der Sonne oder in speziellen Öfen getrocknet. Die rotbraunen Kügelchen mit einer rauen Oberfläche, etwas größer als Pfefferkörner, werden gemahlen. Viele Leute glaubten, dass dieses Pimentpulver mehrere Gewürze enthalte, so wie das Currypulver, daher ist es auch unter dem Namen Allgewürz bekannt.

Ohne sie wäre das Leben fad
Noch weitere Gewürze wie Muskat, Kardamon, Ingwer und andere sind für die Weihnachtsbäckerei unentbehrlich. Vielen kann man neben keimtötenden, verdauungsfördernde, allgemein anregende Wirkungen bis hin zur Ausschüttung von Glückshormonen attestieren. Überlebenswichtig sind sie zwar nicht, aber ohne sie wäre unser Leben fad. Es ist nicht nur bei den Gewürzen so, dass das, was es bei uns nicht gibt und von außen dazu kommt, unsere Kultur bereichert. Genießen wir es und erfreuen uns daran.

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zuletzt bearbeitet am 17.XII.2011