11.Juli 2013

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Zuckmücken tanzen in großen Schwärmen, aber sie stechen nicht

Angela Ertz

Der Sommer scheint sich endlich eingestellt zu haben, aber damit auch die Mücken, die je nach Entfernung zum nächsten Teich oder Tümpel schon mal zur Plage werden können. Bei den hohen Temperaturen vollzieht sich die Metamorphose von der verpuppten Larve bis zur fertigen Mücke manchmal in nur einem Tag.

Weibchen brauchen Blut

Dann kündigt das hohe Sirren die Gefahr eines Mückenstichs an. Wer gute Ohren hat, kann allerdings das tiefere Sirren eines Mückenweibchens (300 Hz) vom deutlich höheren eines Männchens (500 Hz) unterscheiden. Auch die Mücken können das erkennen. Natürlich wissen wir, dass die Weibchen der Stechmücken das Blut brauchen, um Nachkommen produzieren zu können, dadurch ergibt sich vielleicht ein gewisses Verständnis. Die Männchen dagegen sind harmlose Blütenbesucher oder fressen gar nichts.

Schauen wir uns allerdings bei den nahen Verwandten der Stechmücke um, sehen wir, dass es auch ohne Blutsaugen geht. Fliegen und Mücken gehören zu den Zweiflüglern (Dipteren), die nur zwei ausgebildete Flügel besitzen. Zu der Unterordnung der Mücken gehören auch die Zuckmücken, die oft vom Aussehen her fälschlicherweise für Stechmücken gehalten werden. Ob der Name sich von den tanzenden Mückenschwärmen herleitet – von den Mücken, die mit ihren Vorderbeinen in der Luft zucken –, oder eher von den Larven, die sich am Gewässergrund hin- und herschlängeln, ist nicht ganz klar. Sowohl die Larven der Stechmücken als auch die der Zuckmücken entwickeln sich in stehenden Gewässern. Die Zuckmückenlarven leben im und auf dem Sediment am Gewässergrund. Sie ähneln kleinen Raupen und haben einen Nachschieber, mit dem sie sich fortbewegen können. Zur Nahrungsaufnahme bauen sich einige Arten einen netzartigen Trichter aus Speichelsekret. In diesen verkriechen sie sich und sammeln durch zuckende Bewegungen aus dem Wasserstrom feine Partikel in diesem Trichter. Von Zeit zu Zeit fressen sie dann den Trichter mitsamt den Nahrungspartikeln auf.

Hämoglobin in den Larven

Die rote Farbe der Larven einiger Zuckmückenarten könnte einen nun doch wieder vermuten lassen, dass da irgendwo Blut gesaugt wurde. Die Erklärung dafür ist allerdings ganz harmlos, wenn auch interessant: Die Hämolymphe der Larven enthält nämlich wie unser Blut Hämoglobin, was bei Insekten durchaus selten ist. Diese Arten brauchen aber auch das leistungsfähige Hämoglobin für die Sauerstoffbindung, da sie in extrem sauerstoffarmen, weil nährstoffreichen Gewässern leben.

Die Tatsache, dass die Larven verschiedener Zuckmückenarten charakteristisch entweder für lebensfeindliche salzhaltige, heiße oder eiskalte oder aber besonders saubere Seen wie die Eifelmaare sind, ließ August Thienemann schon Anfang des 20. Jahrhunderts einen Gewässergüteschlüssel aufgrund der vorkommenden Arten entwickeln. Er gilt damit als einer der Begründer der ökologischen Forschung überhaupt.

Erwachsene Zuckmücken sind ziemlich kurzlebig. Sie treten oft massenhaft in Schwärmen über Gewässern auf und bilden dort richtige Schwarmwolken. Stechen können sie allerdings definitiv nicht, denn sie haben nur einen verkümmerten Rüssel. Auch die Stiche von Stechmücken sind bis auf lokale Schwellungen harmlos, wenn auch das Saugrohr und die parallel einstechenden Maxillen, die mit kleinen Sägezähnen besetzt sind, unter dem Elektronenmikroskop martialisch aussehen.

Das wusste Kaiser Karl

Sollte eine Stechmücke doch Erfolg haben, kann man das Jucken gut mit einem zerdrückten Blatt von Eibisch, Stockrose oder Malve behandeln.

Die im Blatt enthaltenen Schleimstoffe haben eine kühlende Wirkung und mildern den Juckreiz. Die adstringierende Wirkung lässt die Schwellung zurückgehen. Schon Karl der Große schien das gewusst zu haben, dementsprechend findet man diese ‚Mückenstichheilpflanze‘ auch im Karlsgarten in Melaten.

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zuletzt bearbeitet am 22.VII.2013