25.Juni 2015

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Kreuzotter: die Schlange mit dem dunklen Zickzackband auf dem Rücken

Karl Josef Strank

An sonnigen Tagen im Hohen Venn oder in der Heide haben Wanderer manchmal das Glück, einer Schlange zu begegnen, die eingerollt daliegt und sich aufwärmt. Es ist eine Kreuzotter, die gemeinhin als gefährlich gilt, weil sie giftig ist. Sie ist im Vergleich eine kleine bis mittelgroße Schlange aus der Verwandtschaft der Vipern mit eurasischer Verbreitung. Von allen Vipern ist sie am weitesten verbreitet und da sie Kälte am besten verträgt, ist sie bis in Gebieten nördlich des Polarkreises anzutreffen. Die stärksten Exemplare finden sich erstaunlicherweise im hohen Norden.

Kreuzottern erreichen im Durchschnitt eine Länge zwischen 50 und 70 Zentimetern. Weibchen sind deutlich länger als Männchen, die selten länger als 60 Zentimeter werden. Die Gestalt der Kreuzotter wird als gedrungen, kurzschwänzig und mit einem von der Halsregion nur wenig abgesetztem Kopf beschrieben. In der Farbe ist sie sehr veränderlich. Männchen haben oft silber- bis braungraue und Weibchen oft gelblich- bis rötlich braune Farbtöne.

Kennzeichnend und namensgebend ist ein über den Rücken verlaufendes schwarzes Zickzackband. An den Ausbuchtungen des Rückenbandes verläuft auf beiden Seiten eine Reihe dunkler Flecken. Die Oberseite des Kopfes trägt eine X-förmige Zeichnung. Sehr typisch sind die senkrechte Pupille und die rotbraune bis feuerrote Iris. In den Alpen trifft man nicht selten auf ganz schwarze Kreuzottern, die als „Höllenottern“ bezeichnet werden. Rötliche Varianten heißen „Kupferottern“. Im Volksglauben galten beide als besonders giftig, was den Tatsachen aber nicht entspricht.

Kreuzottern sind tagaktiv, sie suchen sonnige Plätze auf, um Betriebstemperatur zu erreichen, die optimal bei 30 bis 33 Grad Celsius liegt. Besondere Aktivität entwickeln sie nach längeren Regenperioden und an schwülwarmen Tagen. Kreuzottern sind sehr scheu und verkriechen sich bei Störungen sofort in die Vegetation, in Ritzen und unter Steinen. Als wechselwarme Tiere überbrücken sie den Winter durch eine Kältestarre, die im hohen Norden bis zu acht Monate betragen kann. Geeignete Winterquartiere teilen sie mit anderen Artgenossen, aber auch anderen Reptilien. Bei uns sind Kreuzottern von Mitte Februar bis Ende Oktober aktiv. Im Frühjahr erscheinen die Männchen etwa zwei Wochen vor den Weibchen.

Als Lauerjäger erwartet sie bewegungslos, was ihr in die Nähe der Giftzähne kommt. Zur Beute gehören Kleinsäuger, insbesondere Mäuse, Eidechsen und Frösche. Die Beute wird durch einen Biss attackiert, bei dem der Körper blitzartig vorschnellt. Das Viperngift wird dem Opfer injiziert, dann verharrt die Kreuzotter einige Zeit, bevor sie sich an die Verfolgung der Beute macht. Diese kommt nicht weit, denn sie ist aufgrund der Giftwirkung sehr geschwächt und stirbt bald. Nach ausgiebigem Bezüngeln verschlingt die Kreuzotter die Beute meist mit dem Kopf voran als Ganzes.

Das Gift der Kreuzotter ist zwar sehr wirksam, sie setzt es aber nicht in großen Mengen ein, so dass ein Biss für Menschen in der Regel nicht tödlich endet. Bei Auseinandersetzungen verbeißen sich Kreuzottern nicht etwa gnadenlos ineinander, was man mutmaßen könnte, weil sie doch mit ihren Giftzähnen über „scharfe Waffen“ verfügen. Kämpfe unter männlichen Kreuzottern werden unblutig und ohne Verletzungen in ritualisierter Form als sogenannter Kommentkampf ausgetragen, bei dem die Gegner ihre Kräfte messen. Die Rivalen kriechen parallel zueinander, richten ihren Vorderkörper auf und versuchen den Gegner niederzudrücken. Das machen sie solange, bis einer den Sieg davonträgt und sich mit Weibchen paaren darf. Kreuzottern gebären im Herbst fünf bis fünfzehn bleistiftgroße Junge, die sich nach der Geburt häuten und selbstständig zurechtkommen müssen.

Die scheinbar so wehrhafte Schlange hat selbst viele Feinde. Neben diversen Greifvögeln (Schlangenadler), Krähe, Weißstorch, Reiher und Haushuhn sind das Wiesel, Iltis, Dachs, Katzen, aber auch Schlangen wie Ringel- und Würfelnatter. Zum Problem für die Kreuzotter entwickelt sich das allesfressende Wildschwein. Es frisst die Jungschlangen und lässt auf Dauer auch die ausgewachsenen immer seltener werden. Hauptursache der Gefährdung ist aber das Verschwinden für sie geeigneter Lebensräume in der Landschaft.

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zuletzt bearbeitet am 16.VII.2015