30.Juli 2015

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Mit seiner typischen Tal-Gestalt: der Schluchtwald im oberen Rurtal

Joachim Schmitz

Typisch für das Rheinische Schiefergebirge sind enge, tief eingeschnittene Kerbtäler. Das ist eine nach geologischen Maßstäben junge Erscheinung. Im Devon noch auf Meereshöhe, mit zahlreichen Korallenriffen, wurde die Eifel danach zu einem Gebirge aufgefaltet, das allmählich von der Erosion wieder eingeebnet wurde, in großen Teilen aber seither nie mehr von Meer überflutet war. An der Wende vom Erdmittelalter zur Erdneuzeit krachte die afrikanische Kontinentalplatte gegen die eurasische und die Auffaltung der Alpen begann. Gleichzeitig begann auch die Eifel, wieder aufzusteigen, und das in einem rasanten Tempo. So konnten Bäche und Flüsse nicht auf weiter Fläche Mulden auswaschen, sondern haben sich wie Sägen in das aufsteigende Gestein geschnitten. Das spektakulärste Beispiel ist der Rhein selber. So ist die wildromantische Kulisse des Mittelrheintals entstanden.

In vielen kleinen Seitentälern

Nicht am Rhein selbst, aber in vielen kleinen Seitentälern, kommt deswegen auch ein besonderer Wald vor. Wegen der typischen Talgestalt wird er Schluchtwald genannt. Das muss aber nicht immer ein Kerbtal sein. Die entscheidenden Faktoren sind relativ hohe Luftfeuchtigkeit, entsprechend bevorzugt Nord- oder sonst wie absonnige Lagen, aber trotzdem relativ mildes Mikroklima, und humoser, nährstoffreicher Boden auf steinigen, gerne etwas steileren Hängen. Das kann auch ein breiteres Tal wie der Unterlauf der Ahr sein oder eine Blockschutthalde aus Basaltbrocken wie in der Vulkaneifel.

In der Nordeifel sind Schluchtwälder für das Rurtal und seine Zuflüsse bezeichnend. Durch den Bau der großen Talsperren sind etliche Schluchtwälder hier buchstäblich untergegangen, aber einige gibt es noch.

Botanisch heißt dieser Wald Eschen-Ahorn-Wald (Fraxino-Aceretum pseudoplatani), was nicht gerade glücklich ist, denn sowohl die Esche als auch der Berg-Ahorn kommen auch in einigen anderen Waldtypen vor. Kennzeichnender ist schon die Sommer-Linde (Tilia platyphyllos). Besonders charakteristisch ist aber die Berg-Ulme (Ulmus glabra) (siehe Foto).

Im Unterwuchs sind drei Arten charakteristisch. Der Gelappte Schildfarn (Polystichum aculeatum) ist für Laien nicht ganz einfach vom häufigen Wurmfarn zu unterscheiden. Seine Wedel sind glänzend-wintergrün und laufen in scharfe Spitzen aus. Unverwechselbar ist dagegen die Hirschzunge (Asplenium scolopendrium). Dieser Farn hat völlig ungeteilte, zungenförmige Wedel. Wegen der auffälligen Erscheinung gehört die Art auch zum Standardsortiment von Staudengärtnereien. Dritter im Bund ist das Ausdauernde Silberblatt oder Wilde Mondviole (Lunaria rediviva).

Attraktive rosa Blüten

Dieser Kreuzblütler blüht im Frühsommer mit attraktiven rosa Blüten. Noch spektakulärer sind die großen, flachen Früchte (botanisch trotz der Größe korrekt „Schötchen“), die an den abgestorbenen Pflanzen noch bis weit in den Herbst zu sehen sind. Alle drei Arten findet man relativ selten zusammen im selben Wald. Besonders Hirschzunge und Mondviole kommen eher selten gemeinsam vor. Das hat Botaniker schon dazu gebracht, entsprechend zwei verschiedene Schluchtwaldgesellschaften aufzustellen. Nach überregionalen Vergleichen ist das aber wieder verworfen worden.

Kennzeichnend für Schluchtwälder: ein fruchtender Zweig der Berg-Ulme.

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zuletzt bearbeitet am 12.IX.2015