30.Juni 2016

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Das Jakobskreuzkraut – eine heimische Giftpflanze auf dem Vormarsch

Karl Josef Strank

Wiesen mit saftigen Gräsern und vielen bunten Blumen zeichnen für uns das Idyll einer idealen landwirtschaftlichen Nutzfläche, auf der glückliche Kühe gesunde Milch produzieren. Dieses Klischee taugt hervorragend für die Werbung, hält aber der Wirklichkeit nicht stand. Infolge des Milchpreisverfalls geben viele Bauern auf, und Wiesen fallen brach oder werden anderweitig genutzt. Die Pflege der Wiesen wird häufig nicht mehr so gründlich betrieben, wie das früher der Fall war. Die mangelnde Sorgfalt führt dazu, dass die Grasnarbe schütter und lückenhaft wird. Das sind die Voraussetzungen, die es einer heimischen Pflanzenart ermöglichen, sich unter diesen Umständen massenhaft auszubreiten. Es handelt sich um das Jakobskreuzkraut, Senecio jakobaea, eine Giftpflanze, die sich nicht nur im Grünland, sondern auch auf Brachen, auf Bauerwartungsland, im Straßenbegleitgrün sowie auf Bahndämmen stark vermehrt.

Senecio jakobaea ist ein gelber Korbblütler, von denen es eine Vielzahl gibt und die man leicht verwechseln kann. Die Blütenköpfe mit einem Durchmesser von 15 bis 25 mm bestehen aus zwölf bis 15 randlich strahlenden Zungenblüten und 50 bis 60 Röhrenblüten im Zentrum. Die grüne Blütenhülle weist dreizehn schwarz bespitzte Hüllblätter und ein bis zwei anliegende Außenhüllblätter auf. Der an der Basis rote Stängel ist grün, kantig gerillt und teilweise spinnwebartig behaart. Die Stängelblätter sind leierförmig, fiederteilig und stehen wechselständig. Die Pflanze ist zweijährig, entwickelt im ersten Jahr eine Blattrosette, und im zweiten Jahr bildet sich die Sprossachse mit den Blüten. Das Kreuzkraut blüht von Juni bis Oktober mit Schwerpunkt um den 25. Juli (Jakobi), daher auch der Name. Die bis zu 100 000 Samen pro Pflanze sind flugfähig und werden durch den Wind verbreitet. Um keimen zu können, benötigen die Samen offenen Boden, ihre Keimfähigkeit erhalten sie bis zu 25 Jahre.

Die Giftigkeit beruht auf dem Gehalt verschiedener Pyrolizidin-Alkaloide, die im Körper zu Giftstoffen umgebaut werden und zu akuten oder chronischen Vergiftungen und Leberschäden führen. Die Giftstoffe werden nicht ausgeschieden, sondern reichern sich im Körper, vor allem in der Leber, an. Die wiederholte Aufnahme kleiner Mengen summiert sich zu einer tödlichen Vergiftung, da es keine Heilungsmöglichkeiten gibt. Nutztiere reagieren unterschiedlich auf die Giftstoffe. Am empfindlichsten reagieren Pferde und Rinder, Schafe und Ziegen vertragen mehr, werden aber auch nicht verschont. 15 Triebe des Jakobskreuzkrautes entsprechen 1 000 g Frischmasse oder 150 g Trockenmasse. Frisst eine 700 kg schwere Kuh diese Menge 100 Mal ist die letale Dosis erreicht. Jegliche Verfütterung sollte aber konsequent vermieden werden, denn erste Schädigungen treten viel früher auf, und eine schädigende Wirkung auf Föten setzt schon bei wesentlich geringeren Mengen ein. Die Symptome bei den Tieren sind: Gewichtsverlust, verminderte Futteraufnahme, wässriger/blutiger Durchfall, erhöhte Photosensibilität, Bewusstseinstrübung, stumpfer Gesichtsausdruck, häufiges Gähnen bei Pferden durch verminderte Leberfunktion, unkontrollierte Bewegungen, zielloses Wandern, Lethargie oder plötzliche Aufregungszustände, Koliken. Bei Rindern reduzierte Milchleistung.

Bitterstoffe in der frischen Pflanze verhindern in der Regel den Verbiss. Wenn die Tiere aber auf überweidetem Grünland nur noch wenig Futter vorfinden und sie der Hunger treibt, fressen sie auch diese Pflanzen. Bei der Heunutzung tritt ein weiteres Problem auf. Die Bitterstoffe werden bei der Trocknung abgebaut, die Giftstoffe bleiben jedoch erhalten. Daher bleibt nur Eines, das Jakobskreuzkraut vor der Mahd vollständig zu entfernen und zu entsorgen.

Im Rahmen des QuoVadis Projekts von Stadt Aachen, Sozialwerk Aachener Christen und Freundeskreis Botanischer Garten bekämpfen daher in der Landschaftspflege geschulte Mitarbeiter das Jakobskreuzkraut durch die vollständige Entnahme auf Weideflächen ähnlich rigoros wie sie den Riesenbärenklau, der sich auf Brachen und entlang von Bachläufen ausbreitet, radikal entfernen.

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zuletzt bearbeitet am 12.VII.2016