28. Dez. 2017

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Vorsicht, Eindringling: Der Japanknöterich macht sich gelegentlich sehr breit

Thomas Eßing

Seit mehr als 50 Jahren macht sich an Bächen und Flüssen in der Region eine auffällig große Staude breit, die mit ihren dichten Beständen ins Auge fällt. Jedes Jahr bildet sie aufs Neue bis zu vier Meter lange, überhängende Triebe mit auffallend großen, herzförmigen Blättern. Die oft als Japanknöterich bezeichnete Pflanze macht sich gelegentlich auch in privaten Gärten oder Naturschutzgebieten breit, wo sie meist nicht gern gesehen ist.

Ihre Beseitigung ist aber schwierig, da die unterirdischen Sprosse tief in den Boden reichen und schnell verholzen. An Flüssen kann ihr Schattenwurf angrenzenden Bewuchs so zurückdrängen, dass dies bei Hochwasser gelegentlich zu Erosionen an Uferböschungen führt. Botanisch gesehen handelt es sich beim Japanknöterich um Fallopia japonica, einen Neubürger (Neophyt), der 1823 als Zier- und Futterpflanze in Europa eingeführt wurde. Heimisch ist die Art in China, Japan und Korea. 40 Jahre später kam dann noch der ähnlich aussehende Sachalin-Knöterich (Fallopia sachalinensis) hinzu, der zwar ebenfalls aus Japan und Korea stammt, seinen Namen aber vom Vorkommen auf der russischen Insel Sachalin hat. Diese Art erkennt man an den viel größeren Blättern, die 30- oder gar 40 Zentimeter lang werden können. Da beide Arten sich aber bei uns zu Fallopia x bohemica kreuzen, ist eine eindeutige Bestimmung oft schwierig.

Nachdem die Sprosse den Winter im Boden überstanden haben, treiben sie nach den letzten Frösten Anfang Mai aus dem Boden aus. Zu diesem Zeitpunkt sind Triebe, Blätter und Blüten bereits fertig ausgebildet und liegen kompakt zusammengepresst in den Triebknospen zum Streckungswachstum bereit.

Durch einströmendes Wasser werden die Zellen nun auf ein Vielfaches ihrer ursprünglichen Größe gedehnt. Dies erklärt, wie es möglich ist, dass bei optimaler Witterung innerhalb von zwei bis drei Wochen wie aus dem Nichts, bis zu drei Meter hohe, undurchdringliche Dickichte entstehen können. In dieser Phase des Wachstums müssen also nicht umständlich neue Zellen gebildet werden.

Ist das Wachstum im Frühherbst weitgehend abgeschlossen, erblühen die Pflanzen auffallend, wobei männliche Pflanzen weiß, und weibliche Pflanzen grünlich weiß erstrahlen. Zu diesem Zeitpunkt gibt es in vielen Gärten kaum andere blühende Pflanzen. Deshalb kommt vielen Imkern diese Bienenweide gelegen. Eine absichtliche Vermehrung dieser fremdländischen Staude sollte aber nicht erfolgen, zumal dies in mehreren Europäischen Ländern bereits verboten ist. Eine natürliche Verbreitung über Samen ist nicht zu befürchten, da die Gattung bei uns als steril gilt. Dies erklärt die weitgehende Beschränkung der Verbreitung auf den Bereich von Fließgewässern. Hier nimmt die Strömung abgerissene Sprosse mit, und legt sie an anderer Stelle wieder ab.

Unter günstigen Bedingungen kann hier dann eine neue Pflanze heranwachsen. In Gärten kommt es darüber hinaus gelegentlich zur unbeabsichtigten Verbreitung durch Erdbewegungen und Kompostwirtschaft.

Bei einer kritischen Betrachtung von neu eingeschleppten Pflanzen sollte man bedenken, dass die heimische Flora und Fauna als Antagonisten auftreten und die Neuankömmlinge schnell auf ein gesundes Maß reduzieren. Ein ungezügeltes, massenhaftes Auftreten ist deshalb nicht zu erwarten. Allerdings macht es schon Sinn, in sensiblen Bereichen wie Naturschutzgebieten solche Pflanzen zu entfernen, da diese Flächen dem Schutz bedrohter Pflanzen und Tiere dienen sollten.

Beim Wunsch, heimische Vegetation vor fremder zu schützen sollte bedacht werden, dass es nach der letzten großen Eiszeit nördlich der Alpen im Vergleich zu heute nur noch sehr wenige Pflanzen gab. Unsere heutige Vegetation, nach diesem klimatisch hervorgerufenen Kahlschlag, ist das Ergebnis 5000 Jahre langer Einwanderung und kultureller Veränderung. Seither wurden mehr als 12 000 Sippen als Zier- und Nutzpflanzen importiert oder unbeabsichtigt eingeschleppt. Hierbei fiel dem Ackerbau und seinem Begleitgrün, wie auch heutzutage, eine entscheidende Rolle zu.

 

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zuletzt bearbeitet am 1.I.2018