7. März 2024

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Mit Bärlauch raus aus der Frühjahrsmüdigkeit

 Ruth Getrich-Schmitz

Der Frühling ist mit großen Schritten im Anmarsch. Aus vielen im Herbst gepflanzten Blumenzwiebeln sind leuchtend gelbe Narzissen, Krokusse in allen möglichen Farben oder duftende Hyazinthen ausgetrieben. Wenn ich unter die Sträucher im Garten blicke, entdecke ich schon die Blätter einer anderen Zwiebelpflanze, auf deren Genuss ich mich sehr freue. Der Bärlauch, vor fünfzehn Jahren gepflanzt, hat sich im Lauf der Jahre stark ausgebreitet und wartet darauf, zu Pesto, in Frühlingssuppe und in Pfannkuchen verarbeitet zu werden.

Bärlauch (Allium ursinum), auch Wilder oder Wald-Knoblauch genannt, und in Europa (außer der Mittelmeerregion) und in Westasien verbreitet, gehört zur Familie der Amaryllisgewächse, Unterfamilie Lauchgewächse, wie auch Zwiebel, Porree und Knoblauch. Er kommt wild bevorzugt auf schattigen, feuchten, humusreichen Standorten, in Au- und Laubwäldern vor, wo er große Flächen einnehmen kann, was man schon von Weitem an seinem charakteristischen knoblauchartigen Geruch erkennt, wie nahe der Emmaburg bei Kelmis. Dort wird man beim Frühlingsspaziergang entlang der Göhl von diesem Duft begleitet.

Ab März, in warmen Wintern auch schon früher, treiben aus einer länglichen Zwiebel meist zwei grundständige, gestielte, lanzettliche, parallelnervige, bis zu fünfundzwanzig Zentimeter lange Blätter aus. Von April bis Ende Mai erscheinen am Ende eines aufrechten, dreikantigen Stängels schneeweiße, sechsstrahlige, sternförmige Blüten, die in einer flachen Scheindolde stehen. Daraus entwickeln sich Fruchtkapseln mit drei Fächern, die schwarze Samen enthalten. Mit der Fruchtreife vergilben die Blätter und sterben ab. In der Zwiebel sind dann die Nährstoffe gespeichert, die für den Austrieb im folgenden Frühjahr gebraucht werden.

Bärlauch gehört zu den ältesten Nutz- und Heilpflanzen Europas. Schon in jungsteinzeitlichen Ablagerungen wurden Pollen vom Allium-Typ nahe menschlicher Aufenthaltsorte gefunden, was eine Nutzung als Wildgemüse vermuten lässt, wie auch die verkohlten Bärlauchzwiebeln, die man in steinzeitlichen Kochgruben in Dänemark fand. In der Landgüterverordnung Karls des Großen gehört der Bärlauch zu den Nutzpflanzen, die in den Gärten der kaiserlichen Pfalzen angebaut werden sollten. In den Kräuterbüchern des L. Fuchs, H. Bock, P. A. Mattioli, A. Lonitzer und der Hildegard von Bingen ist er als Heilpflanze aufgeführt. Wesentliche Inhaltsstoffe sind, ähnlich wie beim Knoblauch, verschiedene schwefelhaltige Verbindungen, die in den Blättern wie in den Zwiebeln enthalten und für den knoblauchähnlichen Geruch und größtenteils für die Heilwirkung verantwortlich sind. Bärlauch findet Anwendung bei Magen- und Darmbeschwerden, Schwächezuständen und Appetitlosigkeit, wirkt blutdrucksenkend, Cholesterinspiegel senkend, kreislauffördernd, beugt Arterienverkalkung vor. Zudem enthält Bärlauch nennenswerte Mengen an Vitamin C, Magnesium, Mangan und Eisen. Er soll auch gegen Frühjahrsmüdigkeit helfen, was wohl schon die Bären zu nutzen wussten.

Seit einigen Jahren hat man den aromatischen, leicht scharf schmeckenden Bärlauch für die Küche wiederentdeckt. Blätter, Zwiebeln und Blüten sind essbar. Gerne werden die Blätter frisch als Gewürz in Dips, Quark, Pesto, Salaten oder in Gemüsegerichten verwendet. Bärlauch-Blütenknospen, in Essig oder Öl eingelegt, genießt man als Antipasti. Mittels Milchsäurefermentierung kann man ihn als Bärlauch-Kimchi haltbar machen.

Trotz des typischen knoblauchartigen Geruchs, der beim Zerreiben der Blätter entsteht, werden Bärlauchblätter immer wieder von unerfahrenen Sammlern mit den Blättern von giftigen Pflanzen wie dem Maiglöckchen, der Herbstzeitlose oder dem Aronstab verwechselt, was zu tödlichen Vergiftungen führen kann. Besser als das Sammeln im Wald, das nur für den Eigenbedarf gestattet ist, ist das Anpflanzen einer Bärlauch-Pflanze (aus dem Gartencenter) im eigenen Garten oder in einem großen Kübel, wo an einem schattigen Plätzchen innerhalb weniger Jahre aus einer Pflanze ein grüner Bärlauch-Teppich entsteht.

 

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zuletzt bearbeitet am 15.IV.2024