BIOkybernetisches Zentrum AAChen




Einführung in das Ökosystem Grünland
- Ein von der Nutzungsweise geprägter Lebensraum -
 
 
 
Unterrichtsreihe: Grünlandtypen und Bewirtschaftungsform (Ökosysteme Wiese/Weide
Lerngruppe: Sekundarstufe II, Halbjahreskurs Ökologie, [evtl. Klasse 8]
Richtlinienbezug
   [Sekundarstufe II]:
Kursthema: Ökologie
- Wechselwirkungen zwischen abiotoschen und biotischen Faktoren
- Funktionelle Gliederung eines Ökosystems
- ökologische Nische
- Wechselwirkungen zwischen Mensch und Umwelt
- Beeinflussung von Ökosystemen durch Menschen
- Nachhaltigkeit von landwirtschaftlichen Nutzungsformen
Gesamtziel:  Ökonomisch orientierte Nutzungsformen in der Landwirtschaft und deren ökologische Konsequenzen (charakteristische Wuchsformen / Artenspektrum/Nachhaltigkeit) sollen am Beispiel der Grünlandnutzung - Wiese (einschürige Mahd) und Standweide - erarbeitet werden.

1 Einleitung

Die hier dargelegte Unterrichtsreihe wurde in einem Grundkurs der Jahrgangsstufe 12 durchgeführt. Dabei wurden zuvor die Inhalte Ökosystem-Biotop-Biozönose, interspezifische Konkurrenz, biotische und abiotische Umweltfaktoren, Toleranzbereich, Gesetz vom Minimum, ökologische Nische behandelt. Prinzipiell ist es aber durchaus möglich, mit der Reihe unmittelbar in das Halbjahresthema Ökologie einzusteigen und die genannten Inhalte anschließend zu behandeln bzw. ihre Erarbeitung in die Reihe zu integrieren.
Im Normalfall dürfte die Reihe [- in der Sekundarstufe II -] drei Stunden umfassen.
Mit geringen Abänderungen ist die Reihe besonders geeignet auch für die richtliniengemäße Einführung in die Thematik der Jahrgangsstufe 8: „Grundlagen ökologischer Beziehungen in Lebensgemeinschaften der Heimatregion". Die Aufarbeitung der Materialien sollte hier durch „Kennübungen im Zusammenhang mit Exkursionen" erweitert werden.
 

2 Verlauf
 
 
Phase Verlauf Medien* Fuß-
note
Impuls
Problemstellung
Bild: Wacholderheide OHP
(bzw. Dia) 
1
Erarbeitung Schüler erschließen an Hand des Bildes Umweltfaktoren des gezeigten Ökosystems
  • abiotische Faktoren: volle Lichtexposition, sonst in allem mittlere Bedingungen
  • biotische Faktoren: Bewirtschaftung (hier Schafweide), Dominanz von Gräsern, Fehlen von Bäumen und Sträuchern (außer Wacholder)
OHP
(bzw. Dia)
Tafel 
  
Lösung und Erweiterung Bewirtschaftung ist bestimmender Umweltfaktor 
Differenzierung nach Art der Bewirtschaftung: „Wiese"
  • Mahd >> Wiese (i.e.S.)
  • Beweidung >> Weide (Rind,Schaf u.a.)
Tafel    
Problemstellung Anpassung der Pflanzen?      
Lösungsversuch Schüler erschließen Anpassungen der Pflanzen allgemein: hohe Regenerationsfähigkeit, basale Verzweigung, Ausläufer, Rosetten
  • dazu bei Mahd: Hohe Wuchsformen (Lichtkonkurrenz)
  • dazu bei Weide: Fraßschutz (giftige oder abstoßende Inhaltsstoffe; Dornen, Stacheln odgl.), Trittfestigkeit (z.B. zähe, biegsame Stengel), niedrige, am Boden ± aufliegende Wuchsform
Tafel   
Überprüfen der Lösung  Schüler sortieren Wiesen- und Weidenpflanzen Arbeitsblätter
OHP
2
Problemstellung Bild der Standweide OHP 
(bzw. Dia)
3
 Erarbeitung Schüler erkennen Intensität der Bewirtschaftung als weiteren Umweltfaktor
Tafel    
Problemstellung Vergleich Artenzahl - Biomasseproduktion (=landwirtschaftlicher Ertrag)
Tafel   
Erarbeitung Schüler interpretieren den Befund:
  • bei Volldüngung keine Selektion durch Standortmängel, Konkurrenz nur noch durch Wüchsigkeit und Regenerationsfähigkeit bestimmt, nicht mehr durch abiot. Faktoren
  • bei extensiver Bewirtschaftung Anpassung an verschiedenste abiotische Faktoren relevant (z.B. chemische Reaktion und Wasserführung des Bodens, Höhenlage, Licht- exposition), die auch kleinräumig wechseln können, dadurch hier mehr Arten, erst bei extremen Bedingungen (z.B. Felsrasen) Beschränkung auf wenige Spezialisten und Abnahme der Artenzahl
  
4
* Es sind die Medien der Originalreihe angegeben. Dies kann bzw.muss  nach den örtlichen Voraussetzungen abgewandelt werden.
 

3 Erläuterungen

3.1 Allgemeines

Der thematische Schwerpunkt liegt darin, daß es sich bei „Wiesen" - allgemeiner: bei Grasland - in Mitteleuropa im Normalfall stets um vom Menschen geschaffene Ökosysteme handelt, die sich ohne irgendeine landwirtschaftliche Nutzung über kurz oder lang wieder in den ursprünglichen Wald zurückverwandeln würden, der auf diesen Flächen die potentielle natürliche Vegetation darstellt. Deshalb wird die Bewirtschaftung als entscheidender Umweltfaktor besonders herausgestellt und dann weiter nach Art und Intensität differenziert. Der Einfluss natürlicher, insbesondere abiotischer Faktoren auf die Ausprägung des Ökosystems Grasland wird zunächst nicht untersucht, ist aber eine denkbare sinnvolle Fortführung der Reihe (vgl. hierzu die Schemata von ELLENBERG 1986: Abb. 438 f.). Auch der Nährstoff- und hier vor allem der Stickstoffgehalt des Bodens muss im Zeitalter der Chemisierung und Intensivierung der Landwirtschaft als ein im Wesentlichen menschlicher Faktor gesehen werden; die natürlichen Bodengegebenheiten spielen im Vergleich dazu meist nur noch eine untergeordnete Rolle. Hier kann auch der Aspekt der Nachhaltigkeit angeschlossen werden: Hat man früher die Böden übermäßig ausgezehrt, wird die Nachhaltigkeit heute durch extreme Düngung verletzt.

Entsprechend der Logik dieser Abfolge endet die Reihe mit der Herausstellung des Konflikts zwischen ökonomischen Interessen, ja Zwängen - viele Bauernhöfe sind hochverschuldet und existenzbedroht - und der ökologischen Forderung nach extensiven Bewirtschaftungsformen, die einen größeren Artenreichtum ermöglichen und damit ökologisch wesentlich höher zu bewerten sind. Der Aspekt des Artenreichtums bzw. der Interdependenz von Arten kann auch noch durch die Einbeziehung typischer Wiesentiere vertieft werden. Als Unterrichtsmaterialien verwendbare Schemata sind unten erwähnt.
 

3.2 Zu den Fußnoten im Verlaufsplan

zu 1: Die Abbildung zeigt eine Wacholderheide bei Alendorf in der Eifel im Mai. Durch den kalkhaltigen Untergrund bedingt wächst hier ein Enzian-Schillergras-Rasen (Gentiano-Koelerietum), eine Magerweide, in der hier als Weideunkraut der von den Schafen verschmähte Wacholder eingestreut ist. Der parkähnliche Eindruck dieser Landschaft unterstreicht besonders, dass die Vegetation Folge eines menschlichen Eingriffs - der extensiven Beweidung durch Schafe - ist, ohne den auch andere Sträucher als nur Wacholder aufkommen würden und sich schließlich wieder die potentielle natürliche Vegetation einstellte: Wald.
Im gezeigten Frühjahrsaspekt sticht die noch bräunliche Grasdecke der Magerweide besonders stark gegen die frischgrüne Farbe der benachbarten intensiv bewirtschafteten Agrarflächen ab. Wahrscheinlich werden sich die Schüler schwertun, das braune, dürre „Heu" als blumenreiche Wiese zu akzeptieren, wo doch die sattgrünen Agrarflächen scheinbar viel bessere Bedingungen für eine reiche Pflanzenwelt bieten. Im übrigen braucht in dieser Phase noch nicht zwischen Wiese i.e.S. und Weide unterschieden werden. Wichtig ist zunächst, herauszustellen, dass Grasländer im gemäßigten Klima (von wenigen Standorten abgesehen) nicht von Natur aus stabile Vegetationen sind, sondern nur durch landwirtschaftliche Nutzung aufrechterhalten werden.
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zu 2: Die Arbeitsblätter (online zu einer Datei zusammengefasst) stellen nur einen Ersatz für Originalmaterial dar und sind für den Fall gedacht, dass frische Pflanzen oder ein Schulherbar nicht verfügbar sind. Typische Pflanzen der Intensivweiden wie Breit-Wegerich, Gänseblümchen, Weiß-Klee oder Fädiger Ehrenpreis finden sich bezeichnenderweise auch oft in Zierrasen sowie an Wegrändern und ähnlichen Stellen und dürften damit auf nahezu jedem Schulgelände vorkommen. Typische Wiesenpflanzen sind dagegen selbst in ländlichen Gegenden kaum noch in der Umgebung anzutreffen.
Kopiererfreundlicher als die Farbaufnahmen sind Schwarz-Weiß-Strichzeichnungen. Die können wir aus Copyright-Gründen leider nicht an dieser Stelle veröffentlichen.
Die richtige Zuordnung ist: Nr. 1,3,5,7,8,10,11 sind Weide-, Nr. 2,4,6,9 sind Wiesenpflanzen.
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zu 3: Das Bild zeigt eine Rinderstandweide am Nordrand der Eifel bei Venwegen. Das es sich wie bei der Wacholderheide um Weideland handelt, wird durch die Anwesenheit der Kühe unmittelbar deutlich; die saftig grüne Farbe der Weide und die typischen Geilstellen (d.s. Flächen, auf denen ein Kuhfladen lag und auf der die Pflanzen durch die starke Düngung sehr rasch hochwachsen - interessanterweise werden diese Stellen auch vom Vieh gemieden und nicht abgefressen - belegen die wesentlich intensivere Bewirtschaftung, die hier aus langfristiger Beweidung (im Gegensatz zur kurzfristigen, jährlichen oder noch selteneren Beweidung der Magerweiden) und wiederholter Düngung besteht.
Die Standweide vermittelt also auch optisch den Eindruck intensiver Bewirtschaftung, während bei der heute verbreiteten Rotationsweide (Aufteilung in Parzellen, die nur jeweils eine bis wenige Wochen beweidet werden) die Geilstellen durch zusätzliche Mahd außerhalb der Weidephasen schneller abgebaut werden und kaum noch in Erscheinung treten. Durch die kombinierte Weide und Mahd bei mehrmaliger Düngung im Jahr (vor allem mit der berüchtigten Gülle) ist die die intensivste Form der Grünlandwirtschaft, was umgekehrt bedingt, dass man hier meist kaum noch ein Dutzend verschiedener Pflanzenarten findet.
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zu 4: In dem gegebenen Zusammenhang reicht das vorgeschlagene einfache qualitative Tafelschema völlig aus. Soll in Fortführung der Reihe eine weitere Differenzierung der Wiesen- und Weidetypen vorgenommen werden, empfiehlt es sich, statt dessen auf das Schema von ELLENBERG ("Abb. 435") zurückzugreifen.
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4 Literaturhinweise

Für mögliche Fortführungen der Reihe finden sich Materialien in folgenden Quellen. Leider können wir diese Materialien aus Gründen des Urheberrechts nicht an dieser Stelle abbilden.

Diagramme zur genaueren Unterscheidung von Grünlandtypen nach Bewirtschaftung und Boden bei:

Ellenberg, H. 1986: Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen. - Ulmer, Stuttgart (4.Aufl.).

Materialien über Tiere in der "Wiese" und ihre Beziehungen zu Wiesenpflanzen bei:

Schmidt, H. 1981: Die Wiese als Ökosystem. - Aulis, Köln (2. Aufl.).
Zucchi, H. 1988: Wiese: Plädoyer für einen bedrohten Lebensraum. - Maier, Ravensburg.
 
 

 
 
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zuletzt bearbeitet am 25. X. 2002