6.Mai 2010
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Von den Eisheiligen, der Schafskälte - und anderen Wetterregeln
Karl Josef Strank
Es ist eine gärtnerische Binsenweisheit, dass die Aussaat empfindlicher Sämereien und die Auspflanzung von Sommerblumen erst nach den Eisheiligen erfolgt. Denn: „Die Pankrazi, Servazi und Bonifazi sind drei frostige Bazi und zum Schluss fehlt nie die kalte Sophie!“ Die Eisheiligen bezeichnen die letzte mögliche Kälteperiode des Jahres mit Nachtfrostgefahr um Mitte Mai. In Norddeutschland gesellt sich als erster der Eisheiligen auch Mamertus dazu und kalendarisch liegen sie vom 11.-15. Mai. Langjährige Wetterbeobachtungen belegen, dass in der Tat sehr häufig ein Temperatursturz um den 20. Mai auftritt. Dass diesen die Eisheiligen heutzutage um eine Woche zu früh anzeigen, liegt an der Gregorianischen Kalenderreform von 1582, wodurch gegenüber dem Julianischen Kalender die „kalte Sophie“ vom 22. auf den 15. Mai vorrückte. Erfahrene und vorsichtige Gärtner legen daher die Bohnen erst nach den Eisheiligen. Vorher kann es gutgehen, muss aber nicht, denn:“Wenn’s an Pankratius friert, so wird im Garten viel ruiniert!“
Viel erfreulicher und für den Wonnemonat Mai schöner ist die folgende Bauernregel: “Ist der Mai kühl und nass, füllt’s dem Bauern Scheun‘ und Fass!“ Kühle und nasse Witterung im Mai sind gut für die Saat und die jungen Pflanzen. Die Kühle verhindert, dass Schädlinge sich vorzeitig vermehren und sie kräftigt die heranwachsenden Pflanzen. Ausreichende Wässerung in dieser frühen Phase ist überlebenswichtig. Trockenheit wäre fatal. Kräftiges Wachstum an Wurzeln und Spross, was Pflanzen in dieser Phase versäumen, holen sie das ganze Jahr nicht mehr auf. Ein kühler und nasser Mai lassen eine reichliche Ernte erwarten. Einen regenreichen Mai verkündet auch die folgende Regel: „Blüht im Mai die Eiche vor der Esche, gibt’s noch eine große Wäsche.“
Nach den Eisheiligen kommt im Juni die Schafskälte, ein Begriff der vielen geläufig ist und der eine Witterung empfindlich kühler, wechselhafter und oft auch regenreicher Tage um den 11. Juni be-zeichnet. Die Schafskälte hat eine unglaublich hohe Eintreffwahrscheinlichkeit von 89 Prozent. Sie entwickelt sich typischerweise nach einer ersten warmen Witterungsperiode Ende Mai mit einem durch eine Nordströmung verursachten, kräftigen Kälteeinbruch und durchschnittlichen Temperaturen zwischen 5-10 Grad. Die Schafskälte kommt so regelmäßig, dass sie in langjährigen klimatolo¬gischen Durchschnittsdaten, wenn man Fünftagesmittel berechnet, nachweisbar ist. In Mittelgebirgslagen ist die Schafskälte deutlich strenger ausgeprägt und der Name erinnert an die um diese Jahreszeit frisch geschorenen Schafe, denen sie durchaus gefährlich werden kann. Den Pflanzen schadet sie nicht, eher im Gegenteil, denn nach einer trockenen Warmwetterphase ist der Regen eher willkommen.
Mit den Bauernregeln unternahmen die Menschen den Versuch, aus den Zeichen der Natur das Wetter kurz- bis längerfristig vorherzusagen. Sehr auffällig waren die immer wiederkehrenden Jahre höchster Samenproduktion bei der Eiche. In solchen „Mastjahren“ quoll der Wald über von Eicheln, was gutgenährte und fette Schweine lieferte. Nach der Regel: „Hat die Eiche viele Eicheln, wird der Winter streng uns streicheln.“ erwartete man demnach anschließend einen strengen Winter, der dann wiederum nicht so schrecklich ausfallen konnte, wenn vorher die Schweinemast es ermöglichte, ordentliche Fleischvorräte anzulegen.
Wenn der Hahn kräht
Die folgende, wohl bekannteste aber verballhornte Bauernregel: „Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt, wie‘s ist!“ hat eine nichts sagende 100%ige Trefferquote. Sie wird am häufigsten zitiert für die angebliche Unzuverlässigkeit der Bauernregeln, was der Sache aber nicht wirklich gerecht wird. Richtig heißt diese Regel „Kräht der Hahn auf dem Mist, ändert sich das Wetter, kräht der Hahn auf dem Hühnerhaus, hält das Wetter die Woche aus.“ Gegenüber der völligen Beliebigkeit der falschen Regel zeugt diese jedoch von der ausgezeichneten Naturbeobachtung unserer Vorfahren, durch die die Wetterregeln überhaupt erst formuliert werden konnten. Hahn und Hühner bevorzugen bei Regenwetterlagen in der Tat den Misthaufen, weil dann in dessen obersten Lagen viele Kleinlebewesen aktiv sind und dieses reiche Nahrungsangebot das Scharren lohnt im Gegensatz zu Hochdruckwetterlagen, bei denen die obersten Lagen eines Misthaufens austrocknen und die Kleinlebewesen in untere Schichten abwandern, was den Misthaufen für Hahn und Henne uninteressant macht.
(K)eine ernst zu nehmende, spaßig gemeinte, Bauernregel, die das harte Los des arbeitenden Landmannes anschaulich bis leicht drastisch beschreibt, besagt: „Ist der Sommer schwül und heiß, klebt dem Bauern die Hose am Steiß!“ Das hier beschriebene Wetter aber erfreut den Gärtner gleichermaßen wie den Bauern, denn bei diesen die Pflanzen „treibenden“ Witterungsverhältnissen im Sommer kann man ihnen beim Wachsen förmlich zusehen.
zuletzt bearbeitet am 10.IX.2010