5.Mai 2011

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Alles neu macht der Mai - und er bringt viel Arbeit für den Gärtner.

Karl Josef Strank

„Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus, / da bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus! / Wie die Wolken dort wandern am himmlischen Zelt, / so steht auch mir der Sinn in die weite, weite Welt.“ Zumindest die ersten Verse dieses Volksliedes aus dem 19. Jahrhundert kennt jeder, wenn auch die Rezitation aller sechs Strophen kaum gelingen dürfte. Nach den Wetterkapriolen des Aprils ist der Mai, auch wenn die Eisheiligen noch einmal mit Nachtfröste aufwarten können, der Monat, der uns endgültig den Frühling bringt und an den kommenden Sommer glauben lässt. Es ist nicht mehr richtig kalt, aber auch noch nicht zu warm, genau das richtige Wohlfühlen-Wetter für die Meisten von uns. Im Volksmund wird der Mai daher auch der Wonnemonat genannt, eine Bezeichnung, die auf Karl den Großen zurückgeht.

Die Fruchtbarkeitsgöttin
Ob der Monat seinen Namen hat von Maia, einer griechischen und römischen Fruchtbarkeitsgöttin, Mutter des Götterboten Hermes/Merkur, oder dem Göttervater höchstselbst, Jupiter majus, oder den majores, den Ahnen und Altvorderen, ist nicht eindeutig zu klären. Die reichlich vorhandene heidnische Fruchtbarkeitssymbolik, die sich mit dem Mai verband und tief im Volk verwurzelt war, konnte auf Dauer nicht ohne christliche Antwort bleiben und so wurde der Monat Mai zur Zeit der intensiven Marienverehrung durch Prozessionen und Andachten.

Der Mai steht für den Aufbruch in der Natur und für manch anderen Aufbruch im übertragenen Sinn. Heinrich Heine dichtete folgende Verse: „Im wunderschönen Monat Mai, / Als alle Knospen sprangen, / Da ist in meinem Herzen / Die Liebe aufgegangen. Im wunderschönen Monat Mai, / Als alle Vögel sangen, / Da hab ich ihr gestanden / Mein Sehnen und Verlangen.“

Hochzeitsmonat
Bis heute zählt der Mai zu den beliebtesten Hochzeitsmonaten. Er wartet auf mit den verschiedensten Blütendüften, die unsere Stimmung aufhellen, sei es der betörende Duft des Flieders oder der eher aufdringliche, fischlakeartige Geruch des Weißdorns. Die Bienen entwickeln im Mai ihren sprichwörtlichen Fleiß. Die Völker sind in der Vermehrungsphase, die höchsten Individuenzahlen erreichen sie im Juni. Kräftig werden Vorräte an Pollen und Honig angelegt. Die jungen Königinnen fliegen aus, um sich mit den Drohnen zu paaren. Der Schwarmtrieb macht sich verstärkt bemerkbar.

Bodenständiger und weniger blütenduftig sind da die Erwartungen der ländlichen Bevölkerung an den Monat Mai. Denn eine alte Bauernregel besagt: „Mai kühl und nass, füllt dem Bauer Scheuer und Fass!“ Diese Witterung lässt die ausgebrachten Saaten am besten keimen und wachsen, was den Ertrag insgesamt steigert. Trockenwarmes Wetter ist später angesagt, wenn die Früchte reifen sollen.

Doch nicht jeder wagt gleich alles auf einen Streich. So treibt die Rotbuche mit einigen Individuen recht früh und schiebt das frische Laub, während andere noch im Winterschlaf verharren. Sie verfährt nach dem Motto: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, als ob sie wüsste, dass die Eisheiligen noch nicht durch sind.

Einige Gärtner wagen es vor der Zeit und bei günstiger Witterung gibt der Erfolg ihnen recht, doch wer sicher gehen will, pflanzt die empfindlichen Kulturen erst nach der „Kalten Sofie“ am 15. Mai. Hierzu zählen vor allem die Busch- und Stangenbohnen sowie Zucchini, Kürbisse und Melonen, die unter Glas vorgezogen, jetzt ins Freiland können, ebenso wie Auberginen, Paprika und Gurken. Der Mai ist der Monat, in dem die Pflanzen Schlange stehen und in die warme Erde wollen. Es ist die Zeit in der manchem(r) Gärtner(in) der Garten zu klein wird, aber auch die zu erledigenden Arbeiten über den Kopf wachsen. Die dicken Bohnen und die Erbsen wollen gestützt werden, die Gurken geleitet, die Kartoffel angehäufelt, die Himbeerruten ausgelichtet, die Stachelbeeren ausgedünnt und, und, und … Nebenbei ist der Mulch zu erneuern, damit sich das Unkraut nicht übermäßig entwickelt und ein stetig wachsamer Blick auf die Schädlinge zu richten, damit sich Befall und starker Schaden erst gar nicht entwickeln.

Verschlafen
Es gibt aber auch etliche Pflanzen, die zum jetzigen Zeitpunkt ihre jährliche Entwicklung fast abgeschlossen haben. Sie haben die Zeit des Frühjahrs, bevor die Bäume ihr Laub entwickeln, genutzt und genügend Energie gesammelt, die sie nun in unterirdische Knollen, Zwiebel und Sprosse verlagern. Sie fruchten und bei einigen verwelken und vergilben bereits die Blätter. In Kürze haben sie sich vollständig unter die Erde zurückgezogen und verschlafen den Rest des Jahres, um auf das nächste Frühjahr zu warten. Zu ihnen zählen der Winterling, das Schneeglöckchen, der Märzenbecher, der Krokus, das Buschwindröschen, der hohle und der gefingerte Lerchensporn, das Scharbockskraut und das Moschuskraut.

Verwechslungsgefahr
Auch der Bärlauch hat die beste Zeit hinter sich, jetzt wo die Blüten erscheinen. Er sollte in diesen Tagen aber keinesfalls mit dem Maiglöckchen verwechselt werden, denn ihre Blätter ähneln einander und beide Pflanzen kommen in Wäldern vor. Bärlauchblätter sind essbar und riechen nach Knoblauch, Maiglöckchenblätter sind derber, fast ledrig und aufgrund herzwirksamer Glykoside äußerst giftig. Im Garten sollten sie daher weit voneinander entfernt und strikt getrennt kultiviert werden.

Der Mai macht mutig! So mancher wagt den Aufbruch in der Hochstimmung des Frühlings. Im Jahr 1620 segelten auch die englischen Pilgerväter zwar erst im Herbst, dann aber mit dem Schiff Mayflower, der Maiblume, voller Hoffnung und Zuversicht in die herbeigesehnte Freiheit und unbekannte, teilweise ungewisse Zukunft ihrer neuen Welt.


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zuletzt bearbeitet am 3.VI.2011