3.Mai 2012

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


In Stolberg, in der Eifel, am Rhein (noch) zu finden: die Mauereidechse

Joachim Schmitz

Mit den warmen Frühlingstagen erwachen die Mauereidechsen aus ihrer Winterstarre. Diese wechselwarmen Reptilien brauchen dazu ein Sonnenbad, weil sie selbst ihre Körpertemperatur nicht aufheizen können. Noch ziemlich steif gehen sie dazu aus ihren Verstecken in Fels- und Mauerritzen ins Freie. Das ist die beste Zeit, um sie zu finden, zu beobachten und zu fotografieren.

Jetzt ist sie träge

Jetzt, besonders am Vormittag, sind sie noch so träge, dass sie sich nur langsam bewegen können. Im Sommer sind sie auch morgens schon so flink, dass sie blitzschnell in ihren Verstecken wieder verschwinden.
Von ihren Verstecken in Mauerfugen haben sie auch den Namen Mauereidechse, obwohl sie von Natur aus Felsen besiedeln. Abseits der Alpen sind natürliche Felsen selten, aber der Mensch hat mit Mauern zahlreiche Ersatzbiotope geschaffen. Am besten sind natürlich lose aufgeschichtete Mauern ohne Mörtel und Putz. Die wärmeliebende Art erreicht bei uns die Nordgrenze ihrer Verbreitung.
Am Rhein und seinen Nebenflüssen kommt die Mauereidechse flussabwärts bis Bonn regelmäßig in Weinbergen vor. Die Weinbergmauern aus Schiefergestein sind ein ideales Biotop. An der oberen Rur besiedelt die Mauereidechse Buntsandsteinklippen und (wegen der spaltenreichen Struktur noch lieber) Schieferfelsen bis hinauf in die Narzissentäler. Zusätzlich hat der Mensch durch Straßenbau, am Kermeter auch durch militärische Schießübungen zahlreiche Felsen geschaffen, beziehungsweise freigehalten. Die zerschossenen Felsen an der Urfttalsperre sind allerdings auch so brüchig, dass viele Felsen durch Verbauungen gesichert wurden, die leider die Beobachtung der Eidechsen unmöglich machen. Eine weitere, isolierte Population lebt an den Mauern der Burg Stolberg. Dies sind die einzigen Vorkommen in Nordrhein-Westfalen. In der Roten Liste werden sie als stark gefährdet eingestuft.

Die Mauereidechse (Podarcis muralis) ist sehr variabel in Farbe und Zeichnung. In Europa werden etwa 20 regional verbreitete Unterarten beschrieben. Die Tiere der Nordeifel gehören (mit Vorkommen in den Niederlanden und Belgien) zur Unterart Podarcis muralis brogniardi. Bei den Populationen am Rhein sind sich die Quellen nicht einig. Manche Autoren zählen sie ebenfalls zu dieser Unterart, manche zur eher südlich verbreiteten Podarcis muralis merremia.
Färbungen und Muster können bei vielen Eidechsenarten stark variieren. Die zoologischen Merkmale zur Unterscheidung der Eidechsenarten sind neben Skelettmerkmalen vor allem die Form der Schuppen im Hals- und Kopfbereich. Das kann man natürlich bei einer flüchtigen Begegnung mit einem lebenden Tier kaum erkennen. Bei uns gibt es aber nur wenige Arten, die sich deshalb auch nach einfacheren Merkmalen unterscheiden lassen. Typisch für die Mauereidechse ist der kleine, etwas abgeflachte Körper mit einem sehr langen Schwanz, bis zu doppelt so lang wie der Rumpf.

Die Waldeidechse

Außerdem ist das Biotop (Mauern, offene Felsen) charakteristisch. Die größere und häufig durch Grüntöne gekennzeichnete Zauneidechse (Lacerta agilis) bevorzugt eher locker bewachsene, sandige Biotope und kommt in der Eifel nur in den östlichen Teilen vor. Die ziemlich große, grün bis türkis gefärbte Smaragdeidechse (Lacerta bilineata) ist noch wärmeliebender und hat schon an der Mosel ihre Nordgrenze erreicht, zum Beispiel im berühmten Dortebachtal. Am häufigsten ist bei uns die Waldeidechse (Zootoca vivipara). Diese sehr kleine, braun bis schwarz gefärbte Art legt keine Eier; sie ist „lebendgebärend“, was bei Reptilien allerdings nur heißt, dass die Jungtiere schon im Mutterleib schlüpfen. Eine echte physische Verbindung mit der Mutter wie bei Säugetieren haben sie aber nicht.
Immerhin hat es die Waldeidechse so geschafft, auch in Mittelgebirge vorzudringen, wo die sommerliche Warmzeit für andere Reptilien zu kurz ist, um ihren Vermehrungszyklus beenden zu können. Die Waldeidechse ist auch schon im Gelände des Freundeskreises Botanischer Garten am Gut Melaten beobachtet worden.

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zuletzt bearbeitet am 19.V.2012