14.März 2013

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Aus dem Klostergarten ausgebüxt, in der Kalk-Eifel zu Hause: das Lungenkraut

Ruth Gestrich-Schmitz

Mit den ersten wärmenden Sonnenstrahlen kommt auch das Lungenkraut wieder aus dem Boden. Es fällt mit seinen schönen trichterförmigen Blüten und seinem wintergrünen, dekorativen Laub auf. Da sich die einzelnen Blüten zeitlich hintereinander öffnen, kann die Blütenpracht über zwei Monate andauern. Gartenliebhaber schätzen das Lungenkraut als attraktiven Bodendecker in halbschattigen bis schattigen Bereichen.

Pulmonaria officinalis, das gefleckte oder echte Lungenkraut, gehört zur Familie der Raublattgewächse (Boraginaceae). Der Wurzelstock verläuft waagerecht im Boden, aus ihm entwickeln sich bis zu 30 Zentimeter hohe Stängel mit weiß gefleckten, raubehaarten Blättern. Am Stängelende sitzen von März bis Mai mehrere trichterförmige, an Schlüsselblumen erinnernde Blüten, die beim Aufblühen zunächst rosa sind und im Laufe der Zeit ihre Farbe ins Blauviolette wechseln: Die rosa Blütenfarbe dient dem Anlocken von Insekten. Ist die Bestäubung erfolgt, verändert sich der pH-Wert in den Blütenzellen von sauer zu basisch und damit die Blütenfarbe, was den Insekten signalisiert: „Bei mir gibt’s nichts mehr zu holen.“ Volkstümliche Namen für das Lungenkraut wie „Hänsel und Gretel“ oder „Tag- und Nacht-Blümli“ beziehen sich auf diese Eigenschaft der Blüten.

Der Farbwechsel erinnert auch an den Kreislauf des Blutes, an sauerstoffreiches und sauerstoffarmes Blut. Im Zuge der Signaturenlehre, bei der man vom Aussehen der Pflanze auf ihre medizinische Wirkung schloss, erhielt die Pflanze wohl ihren Namen, da man in den weißen Flecken auf den Blättern Lungenbläschen und in der Blattform Lungenflügel zu erkennen glaubte. Aufgrund seiner Inhaltsstoffe (Schleimstoffe, Flavonoide, Allantoin, Kieselsäure und andere Mineralstoffe) wurde das Lungenkraut in der Volksmedizin bei Erkrankungen der Atemwege, aber auch bei Magen- und Darmentzündungen eingesetzt. Das gefleckte Lungenkraut gehört zu den Marienpflanzen: Der Legende nach sollen die weißen Flecken auf den Blättern entstanden sein, als Muttermilch beim Stillen des Jesuskindes darauf tropfte.

Geflecktes Lungenkraut

Neben dem gefleckten Lungenkraut, das westlich des Rheins nur verwildert vorkommt - bei Kornelimünster ist es wohl aus einem alten Klostergarten ausgebüxt, findet man in der Kalk-Eifel im Haargersten-Buchenwald wild wachsend das Dunkle Lungenkraut (Pulmonaria obscura), das nicht oder nur kaum gefleckte Blätter aufweist. Eine Lungenkraut-Art, die in Hainbuchenwäldern wild vorkommt, ist das Berg-Lungenkraut (Pulmonaria montana), das in der Gegend um Zerkall und im belgischen Wesertal wächst. Als Gartenpflanze erfreut sich das Lungenkraut immer größerer Beliebtheit: Auf humus- und nährstoffreichem, nicht zu trockenem Boden ist es als Unterpflanzung von Sträuchern und laubabwerfenden Gehölzen, entlang einer frischgrün austreibenden Buchenhecke oder in sonnenabgewandten Staudenrabatten eine attraktive und langlebige Blütenstaude.

Wunderschöne Züchtungen

Mittlerweile sind wunderschöne Züchtungen mit leuchtenden Blütenfarben auf dem Markt: Pulmonaria angustifolia „Azurea“ mit Enzian-blauen Blüten, Pulmonaria rubra leuchtet in Korallen-rot. Pulmonaria saccharata „Mrs Moon“ blüht rot bis rotblau und setzt mit besonders schön silbergeflecktem Laub dekorative Akzente im Beet.

Im berühmten Garten der Vita Sackville-West in Sissinghurst Castle in Südengland wächst im Weißen Garten die nach diesem Anwesen benannte Sorte Pulmonaria saccharata „Sissinghurst White“ mit ihren reinweißen Blüten und weißgefleckten Blättern zu Füßen von Rosensträuchern.


voriger Artikel ← | → nächster Artikel

Auswahl nach Erscheinungsdatum

Auswahl nach Themenstichwort

Startseite

zuletzt bearbeitet am 31.III.2013