30.Mai 2013

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Müssen Imker in der Region wirklich Angst vor dem Bienenfresser haben?

Karl Josef Strank

Der öffentlichen Besorgnis um das Sterben ganzer Bienenvölker wird in letzter Zeit regelmäßig in Wort- und Bildbeiträgen der einschlägigen Medien Rechnung getragen. Vielerorts werden Privatleute – meist zusammen mit örtlichen Imkern – aktiv und säen auf Straßenrandstreifen und öffentlichen Brachen Blumenwiesen ein, um das Nahrungsangebot für Bienen vor allem im Herbst durch spätblühende Blumen zu verbessern.

Ein Verbot

Die Europäische Union hat vor einigen Wochen drei Neonikotinoide, durch chemische Synthese nachgebaute Abkömmlinge des Nervengiftes Nikotin, die als Pestizide unter anderem zur Saatbeize verwendet werden, vorerst für zwei Jahre verboten, weil sie Studien zufolge im Verdacht stehen, Bienen zu töten. Des Weiteren setzt seit vielen Jahren ein aus dem tropischen Ostasien eingeschleppter Parasit, die Varroa-Milbe, den Bienen arg zu. Diese saugen den Bienen und auch schon der Brut in den Wabenzellen die Hämolymphe aus, was die Tiere auf Dauer so schwächt, dass sie sterben. Welche der genannten Faktoren, Nahrungsmangel, Pestizide, Varroa-Milbe, ursächlich für das Massensterben der Bienenvölker verantwortlich ist, bleibt vorerst umstritten. Möglicherweise ist das unheilvolle Zusammenwirken aller Faktoren in der Summe das Quantum zu viel, dem etliche Bienenvölker nichts mehr entgegensetzen können. Zu alle dem verbreitet sich von Süden her auf Grund klimatischer Veränderungen auch noch ein Vogel, der bereits in Süddeutschland am Kaiserstuhl und in Sachsen-Anhalt stabile Brutkolonien etabliert hat und, wenn sein Name Programm ist, nichts anderes tut als Bienen zu fressen.

Diese Vögel, auch Spinte genannt, gehören zu den farbenprächtigsten in der Welt. Sie besitzen einen langen, spitzen, leicht abwärts gebogenen Schnabel, haben verhältnismäßig kleine Beine und Füße, dafür aber elegante, lange, spitz zulaufende Flügel. Kopf, Nacken und die körpernahen Partien der Flügel sind rostbraun, die Flügelspitzen metallisch blau und die Brust leuchtend türkis gefärbt. Stirn und Kehle sind hellgelb und über den Augen verläuft ein schwarzer Streifen wie bei einer Zorro-Maske, die dem Bienenfresser ein verwegenes Aussehen gibt.

Gesellige Vögel

Bienenfresser sind gesellige Vögel, die von Warten auf dünnen Zweigen oder Telefon- und anderen Drähten aus im schwalbenartigen Flug ihre Beute jagen. Sie brüten in großen Kolonien und legen in Sand- und Erdwällen lange Niströhren an. Diese Tunnels können 1,2 bis zwei Meter lang sein, die Brutkammer befindet sich meist auf der Seite am Ende der Röhre. Darin werden zwei bis fünf weiße Eier gelegt, die Reste des Gewölles bilden später die Nistunterlage, da ansonsten keine anderen Nistmaterialien eingetragen werden.

Männchen und Weibchen balzen tagelang und sobald ein Paar nachts eng aneinander geschmiegt schläft, ist es fest verheiratet. Das Männchen füttert das Weibchen dann am Tag des Öfteren und begattet es daraufhin. Das anschließende Brutgeschäft erledigen beide Partner sehr eifrig, wobei sie nachts im Nest schlafen. Die Jungen schlüpfen nach 22 bis 25 Tagen, sind völlig nackt, blind und nur wenige Gramm schwer.

Am fünften Tag beginnen die ersten Federkiele zu sprießen und am sechsten Tag öffnen die Jungen die Augen. Die Altvögel füttern sie der Reihe nach. Sie fliegen die Röhre an und locken die Jungen, die ihnen in der Röhre entgegen kommen. Ist die Beute übergeben, tippelt dieses rückwärts in den Brutkessel und der Nächsthungrige ist an der Reihe. Die Jungvögel verlassen mit etwa 30 Tagen die Nisthöhle, die sie anfangs noch gemeinsam mit den Eltern zum Schlafen aufsuchen. Sind sie älter, suchen sie im Freien Schlafplätze auf Zweigen, wo sie zu mehreren wie die Orgelpfeifen in die gleiche Richtung aufgereiht zum charakteristischen, dichtgedrängten und wärmesparenden Reihenschlafen eng zusammen sitzen.

Da die Bienenfresser aus dem Süden Europas und Afrikas zu uns vordringen, genießen sie wegen ihrer Seltenheit einen hohen Schutzstatus. Besorgte Imker interessiert hingegen, ob denn der Name wirklich Programm ist und waren daher sehr an Untersuchungen des Nahrungsspektrums dieser Vögel interessiert. Zur Beruhigung der Imker stellte sich heraus, dass bei Beobachtungen am Röhreneingang nur neun Prozent Honigbienen, 36 Prozent Hummeln, 22 Prozent Libellen, neun Prozent Falter und im Rest Wespen, Käfer und Wildbienen als Nahrung eingetragen wurden. Dennoch sollten Imker Begattungsvölker nicht in der Nähe von Bienenfresser-Kolonien aufstellen und vermeiden, dass die begatteten Königinnen von ihnen weggefangen werden.

voriger Artikel ← | → nächster Artikel

Auswahl nach Erscheinungsdatum

Auswahl nach Themenstichwort

Startseite

zuletzt bearbeitet am 22.VII.2013