30.Okt.2014

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Mit weißem Bauch und buschigem Schwanz zum nächsten Fallschirm-Sprung

Ruth Gestrich-Schmitz

Seit einigen Wochen flitzen sie wieder durch Parks und Gärten mit Baumbestand, die putzigen Eichhörnchen mit ihrem rotbraunen Fell, dem weißen Bauch und dem buschigen Schwanz. Mit einer Walnuss oder Haselnuss im Maul springen sie über die Grünflächen, halten immer wieder kurz an, um zu schauen, ob ihnen auch keine Gefahr droht, und suchen geeignete Plätze zum verbuddeln ihrer gesammelten Schätze für ihr Überleben im Winter. Auch wenn kein Eichhörnchen zu sehen ist, kann man beispielsweise an einer auf dem Boden liegenden leeren grünen Walnusshülle mit eindeutigen Bissspuren oder leeren Haselnusshüllen erkennen, dass hier eines unterwegs war und Nahrung gesammelt hat. Auch Bucheckern, Eicheln und Kastanien gehören zu ihren Lieblingsspeisen, genauso wie Fichten-, Tannen- und Kiefernsamen, bei denen sie mit ihrem Nagetiergebiss Schuppe nach Schuppe abbeißen, bis sie zu den Samen gelangen. Beeren, Pilze, Knospen, Insekten, Schnecken und im Frühjahr sogar Vogeleier und Jungvögel gehören zum Nahrungsspektrum. Die Wintervorräte werden im Boden vergraben oder in Verstecken wie Baumhöhlen oder Astgabeln abgelegt. Mit Hilfe ihres feinen Geruchssinns könne sie ihre Vorräte wiederfinden. Sie scheinen sich aber nicht alle Verstecke merken zu können: Denn manchmal wundert man sich im Frühjahr, dass neben einer Kübelpflanze im Topf ein kleiner Baum keimt, oder man beim Wegräumen des Laubs von den Beeten einen vergessenen Wintervorrat entdeckt, der begonnen hat zu wachsen. Im Wald sorgen sie damit für das Wachstum neuer Bäume.

In den Baumkronen bewegt sich das Eichhörnchen flink und sicher: Mit seinen langen Zehen kann es sich an den Ästen gut festhalten und die spitzen Krallen ermöglichen es ihm, sogar an glatten Baumstämmen schnell auf und ab zu klettern. Mit Hilfe seiner kräftigen Hinterbeine springt es bis zu mehrere Meter weit von Baum zu Baum, ohne zum Boden herunter zu müssen. Dabei dient der buschige Schwanz als Steuer. Wenn Gefahr durch Habicht oder Baummarder droht, springt es vom Baum, indem es den Schwanz waagerecht ausstreckt und die Beine seitwärts spreizt, dass der Körper wie ein Fallschirm wirkt und damit den Sturz mildert.

(c) Ruth Gestrich-Schmitz

Gegen Ende des Winters und im Frühsommer, zu den Paarungszeiten, kann man beobachten, wie Männchen die Weibchen durch die Bäume jagen. In einer Astgabel der Baumkrone wird ein meist kugelförmiges Nest aus Reisig („Kobel“) gebaut und mit Moos, Laub und Gras ausgepolstert. Für den Nestbau nutzen sie auch gerne Baumhöhlen, in der Stadt beispielsweise Balkonkästen oder Vogelnistkästen. Meist zwei Mal im Jahr bringt das Weibchen drei bis fünf noch blinde Junge zur Welt, die etwa acht Wochen lang gesäugt werden. Zum Schutz baut das Eichhörnchen noch weitere Nester, in die die Jungen bei Gefahr gebracht werden können.

Zu Beginn des Winters wird das Fell dichter und dunkler. Das Eichhörnchen begibt sich zur Winterruhe: In seinem Kobel schläft es, mit seinem kuscheligen Schwanz als wärmende Decke, ein paar Tage, erwacht und geht dann auf Nahrungssuche. Ist es satt, schläft es wieder einige Tage bis der Hunger wieder zu groß wird. Im Schnee kann man seine Spuren gut erkennen: Der typische Sprungabdruck zeigt, dass die hinteren Füße mit den fünf Zehen vor den kleineren Vorderfüßen mit den vier Zehen aufkommen.

Das Eichhörnchen (Sciurus vulgaris) ist der einzige in Mitteleuropa heimische Vertreter seiner Gattung und wird zur Abgrenzung gegenüber dem im 19.Jh. aus Nordamerika nach England und Norditalien eingeschleppten Grauhörnchen (Sciurus carolinensis) auch Europäisches Eichhörnchen genannt. Das Grauhörnchen ist zur Bedrohung für unser heimisches Eichhörnchen geworden: Es ist größer, robuster, hat ein breiteres Nahrungsspektrum und stielt gerne die Nahrungsvorräte seiner roten Verwandten. Zudem tragen Grauhörnchen das Parapoxvirus in sich, ohne selbst zu erkranken, stecken aber die roten Eichhörnchen an, die daran zugrunde gehen. In Großbritannien stehen heute 2,5 Millionen Grauhörnchen etwa 140.000 Europäischen Eichhörnchen gegenüber. Aber es gibt Hoffnung auf Überleben: Britische Forscher haben 2008 herausgefunden, dass es offenbar mittlerweile rote Eichhörnchen gibt, die immun gegen das Virus sind und sich dementsprechend weiter vermehren können.

 

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zuletzt bearbeitet am 24.XII.2014