20.Nov.2014

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Ringelnatz: Ich bin ein armes Zwiebelchen, nimm mir das nicht übelchen.

Karl Josef Strank

Zwiebeln begleiten die Menschen schon seit Urzeiten. Wegen ihres intensiven Geruchs mögen sie die einen, die anderen lehnen sie vehement ab. Gleichsam entschuldigend dichtete Joachim Ringelnatz: „Ich bin ein armes Zwiebelchen, nimm mir das nicht übelchen.“ Es geht auf den griechischen Geschichtsschreiber Herodot zurück, dass die Arbeiter an der Cheops-Pyramide Knoblauch, Zwiebeln und Rettich zur Erhaltung ihrer Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu essen bekamen. In Ägypten galten Zwiebeln als Volksnahrungsmittel und sie zählten zu den beliebtesten Gemüsen. Sie wurden außerordentlich wertgeschätzt und in Gold und Silber aufgewogen. Mumifizierte Knoblauchzehen fand man im Grab des Pharaos Tutanchamun. In der Bibel wird berichtet, dass sich die Israeliten nach der Flucht aus Ägypten bitter über die magere Kost in der Wüste beklagten und wehleidig der Fische, Gurken und Zwiebeln gedachten, die sie in der Gefangenschaft genossen hatten. Die Gemüsegärten der Römer waren zum großen Teil Zwiebelgärten, wohlhabende Patrizier leisteten sich den Luxus, eigens Zwiebelgärtner, sogenannte Ceparii, zu beschäftigen. Heute sind Zwiebeln weltweit verbreitet und in Kultur. Amerika kannte diese Gewächse aber nicht und ist erst nach der Entdeckung durch Kolumbus in den Genuss gekommen. Es heißt, dass der Name Chicago die Abwandlung eines indianischen Begriffs ist, der verrottende und übel riechende Zwiebeln bezeichnet, was durchaus wahrscheinlich ist, denn Chicago war und ist tatsächlich eines der Hauptanbaugebiete von Zwiebeln in der Neuen Welt. In Australien wurde die Zwiebel erst durch englische Siedler Ende des 18. Jahrhunderts eingeführt.

In den letzten Jahren ist bei uns der ursprünglich aus China stammende Knoblauch-Schnittlauch (Allium tuberosum), auch Chinesischer Schnittlauch, Knolau oder Schnittknoblauch genannt, immer beliebter geworden. Im Geschmack ähnelt er dem Knoblauch mehr als dem Schnittlauch, ist aber viel milder und er hat für einige den entscheidenden Vorteil, dass ihm der sonst für den Knoblauch übliche und unangenehme Nachgeruch fehlt. Er wird in der ostasiatischen Küche verwendet, ist in weiten Teilen des tropischen Asiens verwildert und wird inzwischen weltweit als Gemüse und Gewürz angebaut. Die schmalen, saftigen Blätter des Schnittknoblauchs werden in der Küche in erster Linie wie Schnittlauch verwendet. Sie erinnern an das Aroma von frischen Bärlauchblättern und passen ausgezeichnet zu Salaten, Suppen, Eintöpfen oder Eierspeisen. Durch Kochen verlieren sie schnell das Aroma und sollten daher immer erst zum Schluss hinzugegeben werden.

Der Knoblauch-Schnittlauch ist eine ausdauernde, krautige Pflanze. Die Aussaat erfolgt von März bis August direkt ins Freiland. Er kann das ganze Jahr hindurch beerntet werden. Er bevorzugt einen sonnigen Standort. Er kann im Garten sowohl in das Kräuter- und Gemüsebeet gepflanzt werden, eignet sich aber auch für das Blumenbeet, denn seine in kugeligen Dolden stehenden weißen Blüten haben auch einen gewissen Wert als Zierpflanze. Gerne wird er als Bepflanzung für Wegränder eingesetzt. Man sagt dem Knoblauch-Schnittlauch auch nach, dass er Maulwürfe vertreibt.

Die Verbreitung und Nutzung von Zwiebeln und Knoblauchzehen bei uns geht auf die Römer zurück, die diese Pflanzen als Proviant in die germanischen Provinzen mitbrachten und in Gärten kultivierten. Die Tatsache, dass Karl der Große im Capitulare de villis sechs Lauch- und Zwiebelsorten verzeichnen ließ: uniones (Bärlauch), britlas (Schnittlauch), porros (Porree), ascalonias (Schalotte), cepas (Küchenzwiebel) und alia (Knoblauch), weist auf deren Bedeutung sowohl für die Gesundheit als auch für die Ernährung im Mittelalter hin. Noch heute sind Lauch- und Zwiebelpflanzen für eine gesunde Ernährung unentbehrlich.

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zuletzt bearbeitet am 24.XII.2014