15.Okt.2015
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Die Froschlaichalge, eine heimische Rotalge
Joachim Schmitz
Wasserpflanze mit 4 Buchstaben: Alge. Wer gerne Kreuzworträtsel löst, kennt das; aber auch Kreuzworträtselmuffel werden mit dem Begriff Alge kaum mehr verbinden. Dabei sind Algen die ältesten Pflanzen der Erde und entsprechend vielfältig. Wenn man nur mal die makroskopischen - also mit bloßem Auge erkennbaren - Rotalgen, Braunalgen und Grünalgen nimmt, sind die weniger miteinander verwandt als Blütenpflanzen mit Farnen und Moosen.
Das Leben ist im Meer entstanden, und so gibt es auch die meisten Algen bis heute im Meer. Nur die Grünalgen haben auch in größerem Umfang das Süßwasser erobert. Irgendwann haben Süßwasser-Grünalgen auch den Schritt ans Land geschafft. Von ihnen leiten sich alle Höheren Landpflanzen ab. Kaum bekannt ist, dass auch die viel älteren Rotalgen Süßwasserformen entwickelt haben, und die kann man auch bei uns in der Region finden.
Rotalgen des Meeres bilden größere, z.T. sogar sehr große Tange, die in der asiatischen Küche auch als Gemüse bzw. für Sushi genutzt werden. Weiterhin wird aus Rotalgen Agar-Agar gewonnen. Das ist ein Geliermittel, das in der Biologie schon lange zur Zubereitung von Nährböden für Bakterien und Pilze verwendet wird. Neuerdings taucht es sogar in Supermärkten auf, weil das für Vegetarier eine Alternative für die aus Tieren gewonnene Gelatine ist.
Der Name Rotalgen kommt daher, dass sie als Anpassung an das Leben im tieferen Wasser besondere Hilfsfarbstoffe haben, wodurch sie das durch das Wasser gebrochene Tageslicht optimal für die Fotosynthese nutzen können. So sehen diese Tange auch nicht grün sondern irgendwie rötlich aus. Dieses Problem haben Süßwasser-Rotalgen natürlich nicht, und deshalb sehen sie oft gar nicht rot aus sondern eher bräunlich, blau- oder olivgrün.
Sie sind auch viel kleiner als ihre marinen Verwandten, selten größer als ein paar cm. Sie bevorzugen schnell strömende, kühle, sauerstoffreiche Gewässer. Deswegen kommen sie vor allem in Bächen der Mittelgebirge vor. Solche Biotope werden immer seltener und so werden die Arten in der Roten Liste NRW als gefährdet bzw. stark gefährdet eingestuft.
Die abgebildete Froschlaichalge (Batrachospermum gelatinosum) ist die einzige Süßwasser-Rotalge mit einem deutschen Volksnamen. Der kommt wohl daher, dass die Triebe in einer Gallertmasse eingeschlossen sind und im ausgewachsenen Zustand wie eine Kette kleiner Kugeln aussehen, die an die Laichfäden von Fröschen erinnern. Tatsächlich ist der innere Aufbau viel komplizierter, die „Kugeln“ entstehen dadurch, dass an einem Zentralfaden in regelmäßigen Abständen ein Geflecht aus zahlreichen kurzen Seitenfäden entspringt. Das ist aber erst unter dem Mikroskop zu erkennen. Rotalgen bilden im Gegensatz zu manchen Grünalgen keine echten Gewebe aus (in denen Zellen Kontakt zu allen Nachbarzellen ringsherum haben) sondern nur mehr oder weniger kompliziert verzweigte Fadengeflechte. Das ist sicher auch ein Grund, warum die Rotalgen im Gegensatz zu den Grünalgen nie den Sprung ans Land geschafft haben.
Die abgebildete Pflanze wurde im Frühjahr in der Göhl bei Kelmis (Belgien, nur wenige km von Aachen) gesammelt. Die typische Gliederung in gleichförmige Abschnitte ist schlecht zu erkennen. Vielleicht war die Pflanze noch etwas jung. Die Aufnahme entstand in einer Petrischale, so dass die Triebe gleichmäßig in alle Richtungen verzweigt sind. In Lebendstellung waren die Triebe von der Strömung des Wassers pinselförmig zusammengedrückt.
zuletzt bearbeitet am 15.X.2015