18.Febr.2016

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Allerbeste Holzqualitäten für den Möbelbau werden im Winter geerntet

Karl Josef Strank

Im Jahresrhythmus der auf dem Land zu verrichtenden Arbeiten war früher der Winter die Zeit, in der die Garten- und Feldarbeit ruhte und man sich den Arbeiten im Wald zuwandte. Im Mittelalter gehörten zu den Ländereien der Gutshöfe meist auch ausgedehnte Wälder, die ebenfalls intensiv bewirtschaftet wurden. Entsprechende Vorschriften machte daher auch Karl der Große im Capitulare de villis und verordnete, dass Rodungen nur auf Flächen durchgeführt werden durften, deren Böden sich zum Ackerbau eigneten. Als passionierter Jäger legte er großen Wert auf die Hege des Wildes. Dennoch wurden im Laufe der Jahrhunderte die Wälder arg strapaziert, nicht nur für die Nutzung von Bau-, Brennholz und Streu für die Ställe, sondern vor allem durch die Waldweide des Viehs. Insbesondere Schweine wurden zur Mast mit Eicheln und Bucheckern in die Wälder getrieben. So konnte man mit Recht behaupten: „Die besten Schinken wachsen auf den Bäumen.“

Dem Wald tat das auf Dauer nicht gut. Systematisch wurden ihm über einen langen Zeitraum die Nährstoffe entzogen, der Verbiss des Viehs hinderte die natürliche Verjüngung. Am Ende blieben nur magere Triften, die gerademal für Schafe und Ziegen genug Nahrung boten.

Das Wiederaufforstungsprogramm der Preußen mit schnellwachsenden Fichten führte zwar wieder zu mehr Wald, diente aber vor allem der schnellen Produktion von Bauholz für Bergbau und Industrie mit allen negativen Begleiterscheinungen riesiger Monokulturen gleichaltriger Bäume. Spätfolgen dieser „Forstpolitik“ waren unter anderem die riesigen Schäden, die Jahrhundertorkane wie Kyrill den Wäldern zufügten.

Die Forstwirtschaft ist ökologischer geworden, nachdem bereits Anfang des 18. Jahrhunderts der kursächsiche Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz den Grundsatz eingeführt hat, nur so viel Holz zur Nutzung zu entnehmen, wie im gleichen Zeitraum nachwächst.

Ambitionierte, ökologisch orientierte Forstwirte streben heute standortgerechte Mischwälder an, die sich selbst verjüngen und plenterartig aufgebaut sind, das heißt Bäume aller Altersklassen enthalten. Das bedeutet unter wirtschaftlichen Aspekten betrachtet keinesfalls eine geringere Nutzung der Holzressourcen. Auch hier wird regelmäßig durchforstet, nur eben nicht im Kahlschlagverfahren, das neben vielen ökologischen Schäden auch sehr kostenintensiv ist, weil anschließend mit großem Aufwand wieder aufgeforstet werden muss. Während bei der Holzernte durch einen Kahlschlag neben einigen reifen Stämmen auch viel unreifes und minderwertiges Holz eingeschlagen wird, werden in der ökologischen Waldwirtschaft nur einzelne, reife Stämme ausgewählt und geerntet. Die gezielte Entnahme hinterlässt keine riesigen Lücken, das Gesamtsystem Wald bleibt in seinen ökologischen Funktionen erhalten und der naturverjüngte Nachwuchs nutzt das Licht und den Freiraum, indem er diesen schnell wieder schließt. Das Holz der alten Bäume ist von sehr guter Qualität und erzielt gute Preise.

Ansprüche der Instrumentenbauer

Der Winter ist die beste Zeit für die Holzernte. Der gefrorene Boden wird durch die Fällarbeiten wenig beeinträchtigt. Vor allem, wenn die notwendigen Rückearbeiten, das Herausziehen der Stämme auf Schneisen oder Waldwege zum Abtransport, nicht mit Maschinen, sondern durch Kaltblutpferde bewerkstelligt wird. Der geringere Wassergehalt der Stämme in den Wintermonaten ist ein weiterer Vorteil, weil diese länger gelagert werden können. Allerbeste Holzqualitäten für den Möbelbau, Furniere oder spezielle Verwendungen können so geerntet werden.

Höchste Ansprüche an das Holz stellen Instrumentenbauer. Der größte Schatz eines Geigenbauers sind uralte Bretter, denn für eine wohlklingende Geige braucht man besonderes Holz, also gut gelagertes, trockenes Holz. Woher das Holz stammt, hüten viele Geigenbauer als ihr größtes Berufsgeheimnis. Für die Deckel des Resonanzkörpers aus Fichtenholz eignen sich besonders Bäume, die in den Bergen, bei wenig Sonne, langsam und gleichmäßig mit ganz dünnen Jahresringen gewachsen sind. Solche Stämme, wenn man sie findet, werden dann im tiefsten Winter bei Neumond geschlagen. Neumondgeschlagenes Holz ist saftarm und hat die besten Voraussetzungen für einen schönen Klang.

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zuletzt bearbeitet am 23.III.2016