10. Aug. 2017

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Schmackhafte Tomatensorten in allen Variationen genießen – vor allem jetzt!

Christina Paulson

Bei uns kann man Tomaten das ganze Jahr über aus halb Europa kaufen. Doch in Deutschland reifen sie im Freiland jetzt! Die rote Frucht liebt es trocken-warm und hasst Feuchtigkeit auf ihren Blättern. Darauf reagiert die Pflanze im schlimmsten Fall mit der gefürchteten Krautfäule, einer Pilzkrankheit, die den Aufwand für Anzucht, Gießen, Hegen und Pflegen zunichte macht. Denn außer den Blättern werden auch die Früchte braun und ungenießbar. Deswegen baut man sie hierzulande vor allem in Gewächshäusern an.

Der Deutschen liebstes Gemüse hat bis zu uns einen langen Weg hinter sich. Die leckere und vielseitig zu verwendende Frucht war – ebenso wie die Kartoffel – bis vor 300 Jahren in Europa noch gänzlich unbekannt. Sie stammt aus den subtropischen Teilen Mittel- und Südamerikas, wo noch heute viele Wildarten wachsen. Dort kultivierten die Ureinwohner Lateinamerikas das Nachtschattengewächs bereits vor mehr als 2000 Jahren. Die Azteken nannten es „xitomatl“, was so viel wie „etwas prall Angeschwollenes“ bedeutet.

Erst Anfang des 16. Jahrhunderts kam der „Paradiesapfel“ mit den spanischen Eroberern Amerikas auf der Iberischen Halbinsel an. Allerdings hielten die Europäer die Pflanze aus der Neuen Welt wegen des ungewöhnlichen Geruchs der grünen Pflanzenteile zunächst für ungenießbar. Denn mit unreifen grünen Früchten verdarb sich wegen des enthaltenen Solanins manch einer den Magen. Andere glaubten, die Tomate sei ein gefährliches Aphrodisiakum und verboten jungen Mädchen den Verzehr. Gleichzeitig weckte die fremde Pflanze das Interesse der Botaniker. Sie nannten es Solanum lycopersicum oder Lycopersicon esculentum und vereinigten in diesem Namen die vermeintliche Giftigkeit (Lycopersicon = Wolfspfirsich) sowie die Essbarkeit der Früchte (esculentum = essbar).

Erste Pflanzenbeschreibungen der Tomate mit Bildern stammen aus Italien, um das Jahr 1522 herum. Demnach trug die Kulturpflanze damals gelbe Früchte, wie auch der italienische Name pomo d‘oro (= goldener Apfel) nahelegt. Im Jahr 1544 bezeichnete der italienische Arzt, Naturforscher und Dichter Mattioli die gelben, damals kirschgroßen Tomatenfrüchte lateinisch als „mala aurea“ (= goldener Apfel). Botanisch handelt es sich um Beeren. Erst zehn Jahre später erwähnte er auch eine rote Variante.

Als die Tomate Mitte des 18. Jahrhunderts in Süditalien populär wurde und ein findiger Bäcker dort auch bald die mit Tomatenscheiben belegte Pizza erfand, galt die Pflanze in Deutschland noch als Zierpflanze und schwierig zu kultivieren. Ende des 18. Jahrhunderts bezeichnete die „Encyclopaedia Britannica“ den Einsatz von Tomaten in der englischen Küche als „alltäglich“. Ende des 19. Jahrhunderts tauchten dann in den USA erste Rezepte für Tomatenketchup auf, das der deutsch-stämmige Unternehmer Henry John Heinz im Jahr 1876 erfunden hatte.

Die Deutschen lernten die Tomate erst nach dem Ersten Weltkrieg richtig kennen und lieben, denn sie schmeckt nicht nur lecker, sondern ist auch überaus gesund. Neben den Vitaminen A, B1, B2, B6, C,- enthält sie unter anderem auch Folsäure sowie Mineralstoffe und Spurenelemente wie Kalium und Selen sowie Flavonoide.

Heute isst jeder Deutsche im Durchschnitt 22 Kilogramm der roten Früchte pro Jahr. So vielfältig wie ihre Namen und das Aussehen der weltweit etwa 4000 bis 10 000 Sorten, so unterschiedlich sind Tomaten auch im Geschmack. Leider kann man in deutschen Geschäften hiervon nur eine äußerst geringe Auswahl kaufen. Auf dem Wochenmarkt oder beim Biobauern hat man da oftmals mehr Glück.

Lycopin ist der rote Tomatenfarbstoff, der sich während des Reifevorgangs der roten Sorten bildet und zellschützende Eigenschaften besitzt. Studien zufolge kann er die Wahrscheinlichkeit für einige Krebsarten reduzieren. Allerdings entfaltet Lycopin seine Wirkung offenbar nur zusammen mit anderen Pflanzen-Inhaltsstoffen. In isolierter Pillen-Form wirkt es dagegen kaum. Interessant ist auch, dass sonnenreif geerntete und gekochte Tomaten höhere Lycopinkonzentrationen erreichen als rohe Früchte. Deshalb: Genießen Sie schmackhafte Tomatensorten in allen Variationen – vor allem jetzt!

 

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zuletzt bearbeitet am 17.VIII.2017