24. Aug. 2017
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Es ist Wanderzeit, und der König der Wege ist zum Glück nicht weit
Astrid von Reis
Neue Schuhe? Drückt es und kündigen sich Blasen an? Sie wurden gestochen? Kam die Brennnessel zu nah? Dann schnell auf den Weg schauen, da ist die Hilfe oft nicht weit. Ein, zwei Blätter pflücken, quetschen, auf die gerötete Stelle legen und . . . aufatmen. Sie wirken kühlend, schmerzlindernd und entzündungshemmend. Die Rede ist vom Wegerich und seinen heilenden Wirkstoffen.
Nomen est Omen: Die Endung „rich“ stammt aus dem Althochdeutschen „rih“ für König oder Herrscher, „wega“ bedeutet Weg. Und tatsächlich, der Wegerich ist gerne auf und an Wegen zu finden und hält sich hier königlich, auch wenn er getreten oder sogar überfahren wird. Plantago ist der botanische Gattungsname und auch dieser weist darauf hin, dass er sehr trittfest ist: „planta“ aus dem Lateinischen für Fußsohle. Hiermit wird allerdings auch der Hinweis auf die Verbreitung der Kapselfrüchte durch Pfoten und Füße gegeben.
Doch nicht nur seine Fähigkeit unter widrigen Umständen zu wachsen, sondern auch die Heilkraft der Pflanzen ist königlich. So wurde die Pflanze bereits in der Steinzeit vielfältig genutzt. Die Assyrer verwendeten sie bei Schwellungen, den Kelten galt sie als heilig, bei den alten Griechen heißt es „gegen alle möglichen bösen Zufälle“. Über die Jahrtausende hinweg gilt der Wegerich als Mutter aller Heilpflanzen bei den Heilern.
Wegeriche sind fast überall auf der Welt verbreitet. In Deutschland sind fünf Arten der Gattung aus der Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae) heimisch. Der Alpen- und der Strandwegerich kommen in den entsprechenden Regionen vor.
Am verbreitetsten bis auf einer Höhe von etwa 1800 Metern sind der meist auf Wiesen anzutreffende Spitzwegerich mit ungestielten, lanzettlich geformten Blättern (Plantago lanceolata L.), der oft auch auf Wegen wachsende Breitwegerich mit lang gestielten, meist flach liegenden breit-eiförmigen Blättern (Plantago major L.) sowie der an Wegesrändern und auf Wiesen wachsende Mittlere Wegerich mit kurz gestielten, vermehrt behaarten und breit-elliptischen Blättern (Plantago media L.).
Egal welche Form sie haben, den Blättern der ausdauernden krautigen Wegerich-Pflanzen ist gemein, dass sie in einer grundständigen Rosette angeordnet sind. Sie haben auffallend kräftige Leitbahnen, die parallel oder bogenförmig angeordnet sind.
Wegeriche blühen zwischen Mai und Oktober, die endständigen Blütenstände an den blattlosen Stielen sind Ähren. Beim Breitwegerich sind sie lang gestreckt, bräunlich-grün und mit kurzen, kaum herausragenden grünlichen Staubfäden.
Die Ähre beim Spitzwegerich ist etwa einen Zentimeter lang, schwarz-grün und auffallend ist ein Ring aus weißen Staubfäden. Beim Mittleren Wegerich verlängern sich die etwa zwei Zentimeter langen walzenförmigen Blütenstände bis zur Fruchtreife auf bis zu sechs Zentimetern. Die kleinen Kronblätter sind weiß, auffallend sind die bis zu zwei Zentimeter langen Staubfäden mit lila oder weiß gefärbten Staubbeuteln.
Die ganze Pflanze wurde und wird verwendet, einschließlich der kräftigen, tief in den Boden reichenden Wurzeln. Junge Blätter gerne im Salat, zähe ältere Blätter als Gemüse. Hundert Gramm Blätter enthalten soviel Vitamin A wie ein große Möhre. Auch geraucht werden die Blätter: Sie sollen den Abschied vom Rauchen erleichtern.
Der Samen schmeckt nussig, ist ölhaltig und lässt sich zu Mehl verarbeiten. Durch Schleimstoffe in der Samenschale geliert diese und wirkt ähnlich gut wie der Flohsamen (Plantago ovata L.).
Die seit dem Altertum bekannte Wirksamkeit der drei Arten ist wissenschaftlich belegt. Wirkstoffe sind Schleimstoffe (gut für Rachen und Bronchien und damit oft im Hustensaft), Gerbstoffe (schützen die Schleimhäute in den Bronchien und im Verdauungstrakt vor Mikroben), das Glykosid Aucubin (es wirkt antibiotisch und entzündungshemmend), Mineralien und Vitamine.
zuletzt bearbeitet am 16.VIII.2017