14. Dez. 2017
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Wie eine Himmelsleiter: Der Efeu rankt von der Erde in luftige Höhen empor
Astrid von Reis
Die meisten Blätter sind abgefallen, die Laubwälder wirken braun-grau, kahl und leblos. Nebel und Kälte tun ihr Übriges und lassen einen fast depressiv werden. Wären da nicht die Immergrünen: Fichten, Ilex, Eiben, Efeu sie alle garantieren den Fortbestand des Lebens. Und gerade jetzt, im blattlosen Laubwald oder auch an kahlen Mauern und Zäunen, hat der letztgenannte seinen Auftritt. Jetzt fällt der Kletterkünstler mit dem botanischen Namen Hedera helix, L., der Gemeine Efeu, aus der Familie der Araliengewächse (Araliaceae) so richtig auf. Hedera wird zurückgeführt auf das indogermanische Wort „ghed“ und heißt umklammern; helix (lat.) bedeutet Spirale.
Die Pflanze bildet grüne, Boden bedeckende Matten oder wächst an allem hoch, was ihr begegnet. Dabei hält sie sich mit ihren sprossbürtigen Haftwurzeln fest und verwandelt gar manche Wälder in mystische Zauberwälder in denen nach einer Sage zwischen Rinde und Blättern die Elfenkönigin zu Hause ist.
Grün ist Leben, so steht der Efeu seit alters her als Symbol für ewiges Leben. Durch seine „Anschmiegsamkeit“ ist er darüber hinaus auch Sinnbild für Freundschaft und Treue. In der Kunst wird er oft entsprechend eingesetzt. Im antiken Griechenland waren Efeukränze ein unverzichtbares Requisit von Hochzeitsfeiern und in alten Zeiten bekam jedes Brautpaar vom Priester eine Ranke geschenkt, damit ihre Liebe so weiter wachse wie diese auch als „ Ewigneu“ bezeichnete Pflanze. Römische Dichter und Gelehrte wanden sich Efeuranken ins Haar und erhofften sich damit unsterblichen Ruhm.
Hedera helix ist in Europa heimisch, kann bis zu 30 Meter lang und mehrere Hundert Jahre alt werden. Auffallend ist die sogenannte Heterophyllie, die an älteren Exemplaren zu sehen ist. Die wechselständigen, gestielten Blätter sind an nicht blühenden Trieben drei- bis fünf-lappig, die an Blühtrieben hingegen sind eiförmig. Die grünlich-gelben, fünfzähligen Blüten stehen meist in halbkugeligen Dolden und sind durch die späte Blühzeit im Jahr (September bis Dezember) eine willkommene (letzte) Nektarquelle für Bienen, Wespen, Schwebfliegen und Schmetterlinge wie den Admiral, die ihrerseits für die Befruchtung sorgen. Es bilden sich erbsengroße zunächst grüne Beerenfrüchte aus, die im Winter reifen, dann blau- schwarz aussehen und eine beliebte Vogelnahrung darstellen. Apropos Vogel- und Insektenschwund: Nahrung, Lebensraum und Nistplätze sind garantiert.
Große Kälte überlebt der Efeu mittels einer guten Strategie: Mit sinkenden Temperaturen lässt er das Wasser aus den ledrigen Blättern so weit wie möglich verdunsten, es können sich keine Eiskristalle bilden, die die Zellen zerstören würden.
Von Hedera helix gibt es mehr als 300 Kultivare, die in Gärten und wegen ihrer Bedeutung auf Friedhöfen gerne eingesetzt werden, ob als Bodendecker, zur Mauer- oder Zaunbegrünung oder für den Formschnitt. Die Pflanze ist anspruchslos und kommt mit bald allen Standort- und Bodenverhältnissen zurecht.
Als Heilpflanze wird der Gemeine Efeu schon in der antiken Literatur erwähnt.
Die Stängel, Blätter und Früchte der Pflanze enthalten Saponine, vor allem das giftige
alpha-Hederin, und in geringen Mengen Alkaloide sowie Jod. Alle Teile, vor allem die Beeren, sind für fast alle Säugetiere toxisch, nach deren Genuss kann es zu schweren Vergiftungen kommen, für manche bei Berührung zu Allergien. Doch wie so oft: In der Dosis und der richtigen Anwendung liegt die Kraft. Die Saponine wirken stark entzündungshemmend und äußerlich angewendet unter anderem pilztötend. In der Volksmedizin wurde und wird Efeutee (maximal drei Esslöffel pro Tag) gern gegen Iodmangel sowie gegen Husten und Bronchitis eingesetzt. In der Homöopathie wird Efeu vielseitig verwendet, so bei Überfunktion der Schilddrüse, Husten, Asthma, Rheuma und Gicht.
Wo immer Efeu wächst, verbindet er auf kraftvolle Weise Erde und Himmel wie eine Himmelsleiter auch ein schönes Symbol im Advent.
zuletzt bearbeitet am 1.I.2018