22. März 2018
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Der Rotschwanz ein Vogel, der aus den Bergen in die Dörfer und Gärten kam
Karl Josefr Strank
Manche Tiere und Pflanzen erkennt man auf Anhieb an eindeutigen Merkmalen, die sofort ins Auge fallen. So auch beim Rotschwanz. Fliegt dieser auf, zeigt er seine orangefarbenen Schwanzfedern, und er könnte treffender nicht anders heißen als Rotschwanz.
Ein anderes charakteristisches Verhalten wird als Zittern oder Knicksen beschrieben, wenn die Vögel auf dem Boden oder auf Sitzwarten nach Beute Ausschau halten. Das Knicksen in den Beinen macht einen nervösen Eindruck und wird oft von Schwanzzittern begleitet. Soweit das Unverkennbare, aber dann wird es schwieriger, denn bei uns in Mitteleuropa kommen sowohl der Hausrotschwanz wie auch der Gartenrotschwanz gemeinsam vor. Die Weibchen beider Arten sind eher unauffällig und sehen sich sehr ähnlich. Die Hausrotschwanzweibchen sind durchweg mausgrau und die des Gartenrotschwanzes beige-braun mit sehr schwach orange gefärbter Brust. Ganz anders die Männchen, wenn sie ihr Prachtkleid anlegen. Das Hausrotschwanzmännchen ist auf Stirn, Rücken und Unterbauch grau und um die Augen, Kehle und Brust schwarz gefärbt. Das Gartenrotschwanzmännchen macht eindeutig mehr her. Auf Stirn, Rücken und Unterbauch ist es mausgrau. Über den Augen trägt es eine auffällige, weiße Binde, Brust und Unterbauch sind rostrot, wodurch sich das Schwarz um die Augen und die Kehle wirkungsvoll abhebt. Viele halten wegen dieser prächtigen Erscheinung den Gartenrotschwanz für den schönsten Vogel Deutschlands. Diese Krone ist nicht leicht zu vergeben, denkt man an den Eisvogel oder den Bienenfresser, der sich von Süden her ausbreitet, aber der Gartenrotschwanz zieht schon die Blicke auf sich, wenn er in seinem Prachtkleid unverhofft im Garten erscheint. Ein gutes Unterscheidungsmerkmal ist auch der Gesang. Während der Gartenrotschwanz durchaus melodische Strophen mit Imitationen anderer Vogelarten singt, ist beim Hausrotschwanz nur eine knirschend-kratzige fast stotternde Strophe zu hören.
Rotschwänze ernähren sich vor allem von Spinnentieren und den Larven, Puppen und Imagines von Käfern, Schmetterlingen, Zweiflüglern und Hautflüglern, insbesondere Ameisen und Wanzen. Im Herbst nehmen sie auch Beeren, vor allem Holunder, gerne an.
Als ursprüngliche Felsbewohner brüten sie in den Nischen von Stein-, Holz- und Stahlbauten. Halbhöhlennistkästen, unter den Traufen von Häusern und Schuppen angebracht, nutzen sie gerne. Die Gelege sind mit um die fünf Eier fast gleich groß. Ebenso die Brutdauer mit 12 bis 17 Tagen. Die Nestlingszeit dauert etwa noch einmal solange, bis die Jungvögel dann vollständig auf eigenen Füßen stehen.
Der Hausrotschwanz ist bei uns etwa fünfmal so häufig anzutreffen wie der Gartenrotschwanz. Er ist in Mitteleuropa ein verbreiteter Brutvogel vom Tiefland bis in die alpine und subnivale Stufe; in der Schweiz gibt es höchste Brutvorkommen zwischen 2800 und 3200 Metern. Der Gartenrotschwanz ist von Europa bis Mittelsibirien von der borealen bis in die mediterrane Zone, den Steppengebieten und höheren Gebirgen des südlichen Vorderasiens verbreitet; in der Schweiz gibt es die höchsten Brutvorkommen zwischen 2000 bis 2200 Metern. Deutlich unterscheiden sich beide Arten in ihrem Zugverhalten. Der Hausrotschwanz fliegt als Kurz- und Mittelstreckenzieher spät im Jahr nach Süden in die Mittelmeergebiete, Südanatolien, den Mahgreb, Ost- und Nordafrika bis an die Sahara. Der Gartenrotschwanz ist ein Langstreckenzieher und überwintert in der Trocken- und Feuchtsavanne West- und Zentralafrikas. Ursache für einen drastischen Einbruch des Bestands von 1968/1969 war wohl eine Dürreperiode in der Sahelzone.
Insgesamt aber verschlechtern sich die Überwinterungsbedingungen, denn auch in Afrika verbreitet sich der Einsatz von Insektiziden, was den Vogelpopulationen sehr schadet. Bei uns sind es eher das Schwinden geeigneter Biotope mit Beständen alter Korbweiden, von Obstwiesen, Parkbäumen und Hecken sowie das Ausräumen und die Strukturverarmung infolge intensiver landwirtschaftlicher Nutzung unserer Kulturlandschaft.
zuletzt bearbeitet am 28.III.2018