12. März 2020
NATURBEOBACHTER AUS DER REGION
Gelbe Sterne, die den Frühling verheißen
Astrid von Reis
Glänzend grüne Teppiche aus kleinen, herzförmigen Blättchen mit gekerbtem Blattrand überziehen im März den meist grau-braunen, oft laubbedeckten Boden unserer nährstoffreichen Laub- und Auenwälder. Auch in feuchten Wiesen, an Hecken und unter Sträuchern sind diese Blattteppiche zu finden. Aus ihnen wachsen vereinzelt schon sonnengelbe, glänzende sternenförmige Blüten, die wie Hoffnungsträger den baldigen Frühling ankündigen. Diese die Sinne und Seele erfreuenden Sterne gehören zum Scharbockskraut mit dem botanischen Namen Ficaria verna, Huds., Syn.: Ranunculus ficaria L., einer mattenbildenden, krautigen Staude aus der Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae). Ihre Herkunftsgebiete sind Europa, Westasien und Nordwestafrika.
Neben Huflattich, Kornelkirsche, Narzissen, Schlüsselblumen und vielen, im Frühlingsmonat gelb blühenden Pflanzen, stimmt die Farbe der Blüten heiter, fröhlich und ist voller Lebenskraft: der Lenz ist da, das heißt so viel wie „die Tage werden länger”!
Das Scharbockskraut ist eine frühjahrsgrüne Pflanze. Bereits im Mai werden alle oberirdischen Teile gelb und welken. In feigwarzenähnlichen Wurzelknollen wird Stärke gespeichert. Am Rhizom bilden sich Erneuerungsknospen. Die für die Pflanze unwirtliche Jahreszeit nach dem Blattaustrieb der Bäume und auch später im Herbst und Winter überdauert sie unterirdisch.
Bei Insekten ist die Pflanze sehr beliebt. Angelockt werden sie durch die von einem dreizähligen Kelch umfassten sternförmigen, glänzenden Blüten mit acht bis elf, durch Carotinoide goldgelb gefärbten Kronblättern. Diese sind im botanischen Sinne Nektarblätter, an deren Blütenboden sie kostbaren, frühen Nektar bereithalten. Obwohl hierbei auch eine Bestäubung stattfindet, vermehrt sich das im westlichen Mitteleuropa, also auch in unserem Raum typische Echte Scharbockskraut fast nur vegetativ mit Bulbillen. Das sind kleine weizenkörnergroße, weiße Brutknöllchen, die meist in den Achseln der unteren Blätter entstehen. Sie fallen ab und werden auch durch Ameisen oder Wasser verbreitet. Sobald die Witterung es zulässt, keimen sie im nächsten Frühjahr. Früher wurden diese Bulbillen gemeinsam mit den Wurzelknollen gesammelt, getrocknet und zu Mehl vermahlen. Man nannte sie himmlisches Manna oder Himmelsbrot.
Überhaupt die Namen: Die Pflanze hat interessante volkstümliche Namen, die auf die Verwendung der meist nur 10 Zentimeter hohen Pflanze hindeuten. Das altdeutsche Wort „Scharbock” bedeutet Skorbut, eine Vitamin-C-Mangelerkrankung, die sich in Gelenkschwellungen, Zahnfleischschäden und verstärkter Wundblutung äußert und früher vor allem nach langen Wintern an Land und auf hoher See nicht selten war. Häufig endete sie tödlich. Aufgrund ihres relativ hohen Vitamin-C-Gehalts war sie im frühen Frühjahr die Hauptpflanze zur Versorgung mit dem lebenswichtigen Vitamin. Frisch im Salat oder in Suppen und getrocknet oder eingelegt als Reiseproviant für die Seefahrer. Die Blätter, die gerne als Salat verwendet wurden daher auch der Name ‚Frühsalat’ enthalten vor allem auch nach dem Sprießen der Blüten einen nicht zu vernachlässigenden Gehalt an dem Nervengift Protoanemonin. Es ist für den scharfen Geschmack, aber auch in höheren Dosen für Magen- und Darmbeschwerden und tödliche Lähmungen verantwortlich. Trotz gesunder Stoffe wie Flavonoide, Gerbstoffe und natürlich Vitamine sollten daher nur wenige frische Blätter des interessanten Krautes im Salat gegessen werden.
Das Scharbockskraut ist oft bekannt als ‚Feigwurz’, welches auch im Gattungsnamen ‚Ficaria’ deutlich wird. Da die Signatur der Wurzelknollen an Feigwarzen, das sind flache Warzen meist im Genital- und Analbereich, erinnerte, wurde ihr Saft gegen Warzen und Hämorrhoiden verwendet. Auch wenn wir nicht so viel von den Blättern essen sollten: Frische Luft tut gut und der Anblick der goldenen Blütensterne vor dem sattgrünen Blättermeer macht fröhlich der Frühling kommt.
zuletzt bearbeitet am 27.III.2020