31. Dez. 2020

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Öl auf die Wogen gießen und es sich gutgehen lassen

 Astrid von Reis

Öl auf die Wogen gießen bedeutet besänftigend einwirken und guttun. An dieser Stelle denke ich an die, dem Menschen seit Jahrhunderten bekannten, Segnungen aus der heimischen Pflanzenwelt. Dieses Mal speziell an naturbelassene pflanzliche Speiseöle, also pflanzliche Fette in flüssiger Form aus Samen (Ölsaaten) oder Früchten von hierzulande kontrolliert biologisch angebauten Pflanzen. Sie sollten kaltgepresst und nicht raffiniert worden sein, da nur in diesen die wertvollen Inhaltsstoffe – wie Vitamine, sekundäre Pflanzenstoffe, viele mehrfach ungesättigte Fettsäuren – mit hohem gesundheitlichen Nutzen enthalten sind.

Pflanzliche Öle bestehen aus einem Gemisch verschiedener Fettsäuren, also organischen Säuren, die aus unterschiedlich langen Kohlenwasserstoffketten ohne Doppelbindungen, wie bei den gesättigten Fettsäuren oder mit mindestens einer Doppelbindung (ungesättigte Fettsäuren) bis mehr Doppelbindungen (mehrfach ungesättigte Fettsäuren), aufgebaut sind. Zu den mehrfach ungesättigten gehören die lebensnotwendigen, essentiellen Fettsäuren, da sie nicht vom menschlichen Körper selbst hergestellt werden können. Es sind die Omega-n-Fettsäuren, wie die Omega-3-Fettsäure (alpha- Linolensäure) oder die Omega-6-Fettsäure (Linolsäure). Ungesättigte Fettsäuren sollten laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zu etwa zehn Prozent der täglichen Energiezufuhr dem Körper zugeführt werden. Bedeutsam sind hier die Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Sie sollten kalt genossen werden, damit die hochwertigen Inhalts- und Geschmacksstoffe nicht zerstört werden. Optimal in beispielsweise Salat, Müsli oder Quark, sind sie gut für das Herz-Kreislaufsystem, den Darm, das Immunsystem, zur Linderung entzündlicher Erkrankungen (Omega-3) und zur Stärkung von Zellwänden ohne gleichzeitig Kalkablagerungen oder Cholesterinprobleme zu verursachen.

Je nach Pflanzenart differieren die Fettsäuren in ihren Anteilen sehr. Mit nur zehn Prozent gesättigten Fettsäuren, etwa 23 Prozent einfach ungesättigten Fettsäuren, 17 Prozent Omega-6- und 50 Prozent Omega-3-Fettsäuren gilt Leinöl als Gesunderhalter. Öl aus den Samen der einjährigen Kulturpflanze Lein (Linum usitatissimum aus der Familie der Leingewächse) wird schon seit Jahrtausenden überall auf der Welt gewonnen. Öllein wurde bereits im Jahr 7500 vor Christus in Mesopotamien kultiviert. Die Gewinnung der ölhaltigen braunen Leinsaat aus den rundlichen, bis zu einem Zentimeter großen, fünffächrigen Kapseln war bedeutend. Gandhi soll gesagt haben: „Wenn Leinsamen Volksnahrungsmittel wären, würden die Menschen gesünder sein”.

Lange Zeit vergessen, doch heute wieder entdeckt ist eine einjährige krautige Pflanze, die in ihren Samen bis zu 42 Prozent Öl enthält: Leindotter (Camelina sativa), wie der Senf und der Raps aus der Familie der Kreuzblütengewächse. Bereits bei den Kelten war der in Schötchen enthaltene, ein bis zwei Millimeter große Samen ein wichtiger Öl-Lieferant. Das Öl besteht zu etwa 10 Prozent aus gesättigten Fettsäuren, 32 Prozent einfach ungesättigten Fettsäuren und in einem guten Verhältnis stehend 20 Prozent Omega-6- und 37 Prozent Omega-3- Fettsäuren. Das Öl erinnert geschmacklich an Erbse oder Spargel. Aus etwa zehn Kilo Samen einer der ältesten Kulturpflanzen, des Nutzhanfs (Cannabis sativa, Familie der Hanfgewächse), werden drei Liter wertvolles Öl mit nussigem Geschmack gewonnen. Etwa neun Prozent gesättigte Fettsäuren, zehn Prozent einfach ungesättigte Fettsäuren, 60 Prozent Omega-6- und 21 Prozent Omega-3- Fettsäuren – letztgenannte im Verhältnis 3:1, welches ein für den Menschen gutes Fettsäureverhältnis darstellt. Auch gut durch ihre Fettsäureverhältnisse und Inhaltsstoffe sind das Öl aus dem Senf (Brassica spec.), der Walnuss (Juglans regia) und dem Raps (Brassica napus).

 

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zuletzt bearbeitet am 5.I.2021