2. Juni 2022

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Die Maskenbiene ist auch bei uns heimisch

 Karl Josef Strank

Wenn von Bienen die Rede ist, denken wir in erster Linie an Honigbienen. Diese organisieren sich, von einer Königin „regiert“, in Völkern, die im Sommer mitunter zu gewaltigen Individuenzahlen aufwachsen. Das freut die Imker, die auf diese Weise einen guten Honigertrag erwarten können. Sie umhegen daher die Bienen, schauen des Öfteren nach, wie es im Stock aussieht, verhindern in der Regel, dass im Mai/Juni starke Völker sich durch Schwarmbildung teilen, achten auf Krankheiten und die Entwicklung der Varroa-Milben, wogegen sie geeignete Maßnahmen ergreifen. Alles wird der Honigproduktion untergeordnet. Unter natürlichen Bedingungen wachsen Bienenvölker nicht zu solchen Massenbeständen auf.

Neben der Honigbiene gibt es aber eine Vielzahl weiterer Bienenarten, die als Wildbienen bezeichnet, alle möglichen Lebensräume vom Flachland bis in die Alpen besiedeln und vom zeitigen Frühjahr bis in den Spätherbst fast überall anzutreffen sind. Diese leben solitär, bauen keine riesigen Völker auf und kümmern sich alleine um wenige Nachkommen, für die sie unterschiedlichste Arten von Nestern bauen und Nahrung besorgen.

Zu diesen gehören auch die Maskenbienen. Dies ist eine Gattung (Hylaeus), die weltweit mit etwa 660 Arten verbreitet ist. Die meisten kommen in Australien vor. In Europa sind 79 und in Mitteleuropa 45 Arten heimisch. Am Insektenhotel in meinem Garten, das auch ein Fach mit einer Lehmputzwand hat, konnte ich sie dieser Tage beobachten. Wie der deutsche Name besagt, haben die Bienen, insbesondere die Männchen eine deutlich ausgebildete gelbe oder weiße Gesichtsmaske. Diese reduziert sich bei den Weibchen auf Punkte oder schmale Streifen zwischen den Facettenaugen. Die Maskenbienen sind klein, die größten Arten erreichen gerade einmal 10 mm. Im Insektenhotel passen sie in Röhren von 3-3,5 mm. Bei den Männchen vieler Arten ist der Fühlerschaft deutlich verbreitert. Welchen Sinn die Gesichtsmaske erfüllt, ist wissenschaftlich noch nicht endgültig geklärt. Dient sie, wie das Gehörn bei Rehböcken, zum Kräftemessen unter den Männchen oder erkennt das Weibchen an der Ausdehnung und Farbe die Vitalität des Männchens und möglichen Geschlechtspartners? Diese und ähnliche Fragen sind unbeantwortet.

Die Grundfarbe der Maskenbienen ist schwarz und die Behaarung ist kurz und locker, was sie eher wie Wespen denn wie Bienen aussehen lässt. Der Rüssel, die Zunge, ist kurz und zweigeteilt, von der Funktion kann sie wie ein Pinsel benutzt werden. Die fehlende Sammelbehaarung lässt sie den Grabwespen ähnlich erscheinen, weswegen sie den „Urbienen“ nahe stehend, also als primitiv, eingestuft wurden. Da die Maskenbienen keine Pollentransportvorrichtungen extern am Körper ausgebildet haben, wird dieser mit einem Borstenkamm auf der Kaulade (Galea) der Maxille abgestreift, verschluckt und in den Kropf transportiert. In der Nestkammer wird dieser dann mit Nektar hochgewürgt und als Nahrungsvorrat für die Larven deponiert. Die scheinbare Primitivität kann daher auch als Weiterentwicklung und Spezialisierung angesehen werden, was die Nähe zu den Urbienen eher in Frage stellt.

Maskenbienen besiedeln Waldränder, Hecken, Sand- und Lehmgruben, aber auch Parks und Gärten. In meinem Fall ist es wohl Hylaeus communis, die gewöhnliche Maskenbiene, die weit verbreitete und häufigste Art. Sie nutzt viele Nistmöglichkeiten: Insektenfraßgänge in altem Holz, verlassene Nester von Grabwespen, Fugen und Risse im Verputz, markhaltige Stängel von Brombeere und Holunder. Das Nahrungsspektrum ist ausgesprochen breit. Es reicht von diversen Allium-Arten, Schnittlauch, Küchenzwiebel über Giersch und Wilder Möhre zu Disteln und Schafgarbe, Rainfarn, Wiesen-Pippau, Glockenblumen, Kohlgewächsen bis zu Reseden. Die Weibchen legen in den Röhren mehrere Brutzellen hintereinander an. In der Regel bleibt es bei einer Generation im Jahr.

Es ist ein faszinierendes Erlebnis, Maskenbienen zu beobachten. Jeder kann das Glück haben, wenn im Garten Nistmöglichkeiten und mit vielen Blumen ein Nahrungsangebot geschaffen werden.

 

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zuletzt bearbeitet am 12.VII.2022