14. März 2024

NATURBEOBACHTER AUS DER REGION


Estragon - exquisites Gewürz und aparte Gartenstaude

 Karl Josef Strank

Estragon ist eine beliebte Gewürzpflanze aus der Familie der Korbblütler und heute weltweit in den Gärten und Küchen zu Hause. Er stammt aus den Steppen Zentralasiens und Nordamerikas. An Flussufern in Süd- und Mittelrussland wächst er wild.

Kultiviert werden der robustere russische Estragon und der etwas kälteempfindlichere, zierlichere Deutsche oder Französische Estragon. Die bis 1,20 m hohe Staude ist mit zahlreichen Nebenästen stark verzweigt und wirkt doch leicht und grazil. Die Blätter sind schmal, lanzettlich bis zu 10 cm lang und bis zu 8 mm breit. Das Kraut ist weich, unbehaart und duftet schwach aromatisch. Die Blütenköpfchen, in denen mehrere kleine Blüten sitzen und die im Spätsommer erscheinen, tragen bei zum duftigen Erscheinungsbild des Estragons. Sie sind klein, grünlich-gelblich und sitzen in Vielzahl an langen lockeren Blütenständen am Ende der Stängel. Estragon lässt sich problemlos mit Hilfe der kurzen, dünnen, unterirdischen Ausläufer vermehren. Der Estragon braucht einen geschützten, sonnigen Standort sowie einen feuchten, sandig-lehmigen Boden. Staunässe verträgt er nicht. Günstig für den Aufbau der Pflanze ist ein Rückschnitt im Herbst oder zeitigen Frühjahr.

Die Chinesen würzten schon 2000 Jahre v.Chr. mit Estragon ihre Speisen. In dieser Verwendung übernahmen ihn die Araber und brachten die Pflanze nach Europa. Ob die Spanier das Gewürz von den Mauren kennen lernten oder die Kreuzfahrer es aus dem Heiligen Land mitbrachten, ist nicht zu entscheiden. Die Antike scheint den Estragon nicht gekannt zu haben, denn erst im 13. Jh. erwähnt ihn der Italiener Simon Genuensis. Der persische Arzt und Gelehrte Avicenna kannte ihn unter der arab. Bezeichnung „Tharchûn“. Genuensis machte daraus „tarcon“, was seine Landsleute aber missverstanden und daraus „drago“ oder „dragone“ hörten, weswegen man fälschlicherweise aber hartnäckig glaubte, der Estragon sei ein Mittel gegen Schlangen und Drachen. Über das „Drakonkraut“ schrieb Tabernaemontanus, dass es den Magen beruhigt, den Appetit anregt, den Harn treibt und bei Frauen die Menstruation auslöst. Die Franzosen entdeckten die aromatische Pflanze für ihre Küche und gaben ihr auch den heutigen Namen: „fine herbe (au) dragon“ = estragon.

Estragon wird frisch oder getrocknet verwendet. Zum würzig-herben Geschmack tragen ein ätherisches Öl und Gerb- und Bitterstoffe bei. Im frischen Zustand liefert er Vitamine, Mineralstoffe und interessanterweise auch Iod.

Estragon wirkt appetitanregend und verdauungsfördernd. Von Schwangeren soll er gemieden werden, da er die Menstruation positiv beeinflusst. Für medizinische Zwecke werden die Wurzeln und Sprossteile geerntet als Mittel gegen Zahnschmerzen, Rheuma aber auch als Beruhigungs- und Schlafmittel, bei Verdauungsproblemen und gegen Würmer bei Kindern.

Meister der feinen kulinarischen Verwendung dieses „klassischen“ Gewürzkrautes sind die Franzosen. Er ist Bestandteil der berühmten Gewürzmischung „Fines herbes“ zusammen mit Kerbel, Petersilie und Schnittlauch. In der französischen Küche sind viele Gerichte ohne den Estragon nicht denkbar. Er würzt hervorragend Sahnesaucen zu Fleisch; ohne ihn keine Sauce béarnaise und Mayonnaise und verschiedenste Ragouts. Er passt ebenso an Salate, Kürbis, Tomaten, eingelegte Gurken und Senf. Am Schwarzen Meer streut man ihn über Grillfleisch. Eigenartig und für europäische Gaumen ungewohnt ist die Komposition dieses stark duftenden Gewürzkrautes an Obstsalat, was die Amerikaner aber offensichtlich lieben.

Estragon eignet sich nicht gut zum Trocknen, dafür umso besser für Kräuteressig. Diesen setzt man mit dem frischen Kraut an, indem ein guter Wein- oder Obstessig darüber gegossen wird, den man 2-3 Wochen ziehen lässt. Estragon entfaltet seine Duftstoffe mit Säure, er sollte zur Verwendung als Würze und zur direkten Weiterverarbeitung in der Küche nach dem Schneiden mit etwas Zitronensaft beträufelt werden. So kann man ihn zusammen mit einer geriebenen Knoblauchzehe in Butter auslassen, was als Estragonbutter vorzüglich zu Fisch passt.

 

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zuletzt bearbeitet am 15.IV.2024