Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
altaea | 50 | Althaea officinalis L. | Malvaceae |
|
Botanische Beschreibung der Art
Der Eibisch gehört zur
Familie der Malvengewächse. Seine Heimat ist Europa, sein Verbreitungsgebiet
reicht von Südskandinavien über die Gebiete am östlichen
Mittelmeer bis nach Sibirien. Er liebt salzreiche, kalkhaltige, feuchte
bis wechselfeuchte Böden und ist deshalb in Gräben und Nasswiesen,
an Flussläufen und Meeresküsten zu finden. Er wird landwirtschaftlich
kultiviert und ist inzwischen auch in Nord- und Südamerika anzutreffen.
Vielfältig sind die Namen, mit denen die Menschen im Laufe der Jahrhunderte
den Eibisch bezeichneten. So machte der Volksmund aus dem griech. Althea
(Heilmittel) "Altee" oder in Österreich sogar "alte Eh". Im ahdtsch.
hieß der Eibisch "isbisca", im mhdtsch. "ibische", was sich im schweiz.
"Ibisch" oder "Ispe" wiederfindet. Andere Bezeichnungen wie "Heilwurz"
und "Hülfwurz" verweisen auf die Anwendung der Wurzel. Namen wie "weiße
Pappel" oder "Sammetpappel" geben einen Hinweis auf sein Aussehen: Spross
und Blätter der ausdauernden Pflanze sind samtig behaart. Mehrere
aufrechte, meist unverzweigte und bis zu 2 m hohe Stängel wachsen
aus einer fleischigen, weißen Wurzel, die in einen waagerecht kriechenden,
fingerdicken ästigen Wurzelstock übergeht. An den Stängeln
sitzen wechselständig die graugrünen, kurzgestielten, 3-8 cm
großen Blätter. Sie sind herzförmig, unregelmäßig
gezähnt und im unteren Bereich der Stängel 3-5 lappig geteilt.
Zur Blütezeit von Juli-September finden sich am Stängelende in
den Blattachseln mehrere etwa 3,5-5 cm große, weiß bis rosafarbene
Blüten. Die fünf Blütenblätter umgeben eine 1 cm lange
Röhre, zu der die zahlreichen Staubblätter verwachsen sind.
Der Eibisch ist eine beliebte
und schöne Gartenpflanze, die viel Sonne und auch Platz verlangt.
Sie liebt feuchten Boden und Mineralstoffgaben, wächst aber auch auf
verfestigten Böden. Ein raffinierter Gärtnertrick empfiehlt,
Eibisch im Sommer einige Male mit dem einer Gießkanne voll Wasser
beigegebenen Kochwasser von Salzkartoffeln zu gießen.
Geschichte
Eibisch ist ein uraltes Heilkraut.
Älteste Kunde darüber gibt der Fund eines Neanderthaler-Grabes
in Shanidar im Irak. Die prähistorischen Menschen bestatteten ihre
Toten mit Grabbeigaben, zu denen auch der Eibisch und weitere schon damals
bekannte Heilpflanzen (Schafgarbe, Kreuzkraut, Traubenhyazinthe, Tausendgüldenkraut,
Meerträubchen) gehörten.
Aus der Antike berichtet
der griech. Philosoph Theophrast (372-287 v.Chr.) über die Verwendung
als Hustenmittel. Man trank Eibisch mit süßem Wein gemischt.
Der Arzt und Pharmakologe Dioskorides empfiehlt im 1. Jh. n.Chr. Eibisch
gegen Nieren- und Magenleiden und sogar als Schutzmittel gegen den Biss
gefährlicher Tiere. In der römischen Literatur erwähnen
Galen und Plinius den Eibisch. Aufgrund dieser langen Tradition wundert
es nicht, dass der Eibisch im Mittelalter sehr bekannt war und schon seit
langem in unseren Kloster– und Bauerngärten kultiviert wird. Hildegard
von Bingen empfiehlt die Droge für vielerlei Anwendungen und in vielen
Variationen, z.B. in Essig, Wein, Honigwasser und mit "Schmer" gemischt.
Das Lorscher Arzneibuch verzeichnet das Rezept für ein Pflaster aus
abgekochtem Eibisch mit Griechisch-Heu gegen die "Ansammlung verdorbener
Säfte und gegen Schwellungen und Geschwülste".
Die zu Pulver zerriebene
Wurzel verarbeitete man früher zu weichen Pastillen, die bei Halsentzündungen
und Husten genommen wurden. Sie sind Vorläufer der beliebten "Marshmallows",
die diese Kräuterauszüge heute allerdings nicht mehr enthalten.
Heutige Bedeutung und Verwendung
Der Eibisch ist eine bewährte
und unsere wichtigste Schleimdroge, die besonders bei Infekten der Atem–
und Harnwege und bei Magen– und Darmproblemen eingesetzt wird. Der Schleim
besteht in der Hauptsache aus sauren Polysacchariden. Er kommt in allen
Pflanzenteilen vor, besonders reich daran ist die Wurzel mit 10-20 %. Sie
wird deshalb "Schleimwurzel" und ob ihres süßlichen Geschmackes
auch "Süßholzwurzel" genannt. Die Wurzel verströmt einen
eigenartigen Geruch. Sie wird im Herbst gesammelt, geteilt und möglichst
schnell bei 60°C getrocknet, um Pilzbefall zu vermeiden. Man gewinnt
daraus Kaltwasserauszüge, Sirup, Tee und Salben. Die Tees werden bei
Hals- und Brusterkrankungen eingesetzt. Der Schleim der Droge legt sich
dabei schützend und beruhigend auf die Schleimhäute der Atemwege
und wirkt so hustenstillend, reizmildernd und ist zugleich antibakteriell.
Von dieser Wirkung profitiert auch das Verdauungssystem, so bei Magensäureüberschuss,
Reizung oder Entzündung der Magenschleimhaut. Auch Blasenentzündungen
werden damit kuriert. Äußerlich kann man Umschläge aus
warmen Aufgüssen anwenden. Sie heilen Verbrennungen, Augen–, Brustdrüsen-
und Hautentzündungen. Furunkel und Abszesse brechen unter einer Auflage
aus Eibischsalbe auf und können abheilen.
Die Blätter, die mit
6-10 % etwas weniger Schleim enthalten, können ebenfalls zum Brusttee
gegeben werden. Sie werden vor der Blüte von Mai bis Juni gesammelt
und getrocknet. Als Hautumschlag haben sie ebenfalls erweichende Wirkung.
Sie werden besonders bei Harnwegsinfektionen, Blasenkatarrh und Stein empfohlen.
Die Blüten mit 5-9 % Schleimanteil sind ebenfalls Bestandteil von
Brusttees, ergeben aber auch alleine (15 g auf einen Liter Wasser) einen
guten Hustentee. Frische zerkleinerte Blüten oder ein warmer Blütenaufguss
heilen entzündete Haut. Eibisch ist eine sehr mild wirkende Droge,
die gerne in der Kindermedizin eingesetzt wird. So kann man zahnenden Babys
entrindete Wurzelstücke zum Kauen geben.
Als Würzkraut hat der
Eibisch keine Bedeutung. Allerdings findet man gelegentlich - wie KÜSTERS
berichtet - gehackten Eibisch als Zutat zu verschiedenen Salaten.
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zuletzt geändert am 12.IV.2002