Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
dragantea | 18b | Artemisia dracunculus L. | Asteraceae |
|
Botanische Beschreibung der Art
Estragon ist eine beliebte
Gewürzpflanze aus der Familie der Korbblütler und heute weltweit
in den Gärten und Küchen zu Hause. Seine Heimat liegt in den
Steppen Zentralasiens und Nordamerikas. An Flussufern in Süd- und
Mittelrussland wächst er wild.
Estragon ist aber nicht
nur ein nützliches Kraut für die Küche, sondern auch eine
Zierde für den Garten. In der Regel werden zwei Sorten kultiviert:
der robustere russische Estragon und der etwas kälteempfindlichere,
zierlichere Deutsche oder Französische Estragon. Die ausdauernde Staude
wird bis zu 1,20 m hoch, ist vom Grund auf mit zahlreichen Nebenästen
stark verzweigt und wirkt doch leicht und grazil. Das mag an ihren schmalen,
lanzettlichen Blättern liegen, die bis zu 10 cm lang aber nur bis
zu 8 mm breit werden. Im unteren Bereich der Pflanze findet man auch dreizipfelige
Blätter. Das ganze Kraut ist weich, unbehaart und duftet schwach aromatisch.
Auch die bis 3 mm breiten Blütenköpfchen, in denen mehrere kleine
Blüten sitzen und die im Spätsommer erscheinen, tragen bei zum
duftigen Erscheinungsbild des Estragon. Sie sind klein und unscheinbar,
grünlich-gelblich und sitzen in großer Vielzahl an langen, lockeren
Blütenständen am Ende der Stängel. Da in unseren Breitengraden
die Wärme in der Vegetationsperiode nur selten ausreicht, kommt der
Estragon in der Regel nicht zur Samenreife. Problemlos lässt sich
die Pflanze jedoch mit Hilfe ihrer kurzen, dünnen, unterirdischen
Ausläufer vermehren. Ja man muss dem Ausbreitungsdrang im Garten sogar
Einhalt gebieten und die Staude gelegentlich abstechen. Da man bei der
Teilung der Pflanzen die Riss- oder Stecklinge auch immer mit der Nase
aussuchte, entstanden Selektionen unterschiedlichster Duftintensität.
Der Estragon braucht einen
geschützten, sonnigen Standort sowie einen feuchten, sandig-lehmigen
Boden. Staunässe verträgt er nicht. Kompost und organischer Dünger
garantieren üppigen Wuchs. Er fühlt sich jahrelang am gleichen
Standort wohl. Günstig für den Aufbau der Pflanze ist ein Rückschnitt
im Herbst oder zeitigen Frühjahr. Im Spätsommer, kurz vor oder
während der Blüte, haben die Blätter des Estragon ihr intensivstes
Aroma.
Geschichte
Küsters berichtet, dass
schon 2000 Jahre v.Chr. die Chinesen mit Estragon ihre Speisen würzten.
In dieser Verwendung übernahmen ihn die Araber und brachten die Pflanze
nach Europa. Ob die Spanier das Gewürz von den Mauren übernahmen
oder die Kreuzfahrer es aus dem Heiligen Land mitbrachten, ist nicht zu
entscheiden. Die Antike scheint den Estragon nicht gekannt zu haben, denn
erst im 13. Jh. erwähnt ihn der Italiener Simon Genuensis. Der persische
Arzt und Gelehrte Avicenna (980-1037) kannte ihn unter der arab. Bezeichnung
"Tharchûn". Genuensis machte daraus "tarcon", was seine Landsleute
aber missverstanden und daraus "drago" oder "dragone" hörten, weswegen
man fälschlicherweise aber hartnäckig glaubte, der Estragon sei
ein Mittel gegen Schlangen und Drachen. Entsprechend schrieb Tabernaemontanus
über das "Drakonkraut", von dem er sagt, dass es den Magen beruhigt,
den Appetit anregt, den Harn treibt und bei Frauen die Menstruation auslöst.
Die Franzosen entdeckten die aromatische Pflanze für ihre Küche
und gaben ihr auch den heutigen Namen: "herbe au dragon" = estragon. Leonhard
Fuchs führt ihn in seinem Kräuterbuch nicht auf und im Wörterbuch
der Gebrüder Grimm noch Mitte des 19. Jh. ist der Begriff Estragon
nicht zu finden, was zeigt, dass das Kraut erst sehr spät von Frankreich
seinen Weg in die deutschen Küchengärten fand.
Heutige Bedeutung und Verwendung
Estragon wird frisch oder
getrocknet verwendet. Zum würzig-herben Geschmack tragen ein etherisches
Öl und Gerb- und Bitterstoffe bei. Er liefert Vitamine (im frischen
Zustand), Mineralstoffe und interessanterweise auch Jod. Estragon eignet
sich gut als Würze bei einer salzlosen Diät, wirkt appetitanregend
und verdauungsfördernd. Da er die Menstruation positiv beeinflusst,
soll er jedoch von schwangeren Frauen gemieden werden. Für medizinische
Zwecke werden auch die Wurzeln und Sprossteile geerntet. Man setzt sie
als Mittel gegen Zahnschmerzen, Rheuma aber auch als Beruhigungs- und Schlafmittel,
bei Verdauungsproblemen und gegen Würmern bei Kindern ein.
Meister der feinen kulinarischen
Verwendung dieses "klassischen" Gewürzkrautes sind die Franzosen.
Er ist Bestandteil der berühmten Gewürzmischung "Fines herbes"
zusammen mit Kerbel, Petersilie und Schnittlauch. In der französischen
Küche sind viele Gerichte ohne den Estragon nicht denkbar. Er würzt
hervorragend Sahnesaucen zu Fleisch; ohne ihn keine Sauce Béarnaise
und Mayonnaise und verschiedenste Ragouts. Er passt ebenso an Salate, Kürbis,
Tomaten, eingelegte Gurken und Senf. Am Schwarzen Meer streut man ihn über
Grillfleisch. Eigenartig und für europäische Gaumen ungewohnt
ist die Komposition dieses stark duftenden Gewürzkrautes an Obstsalat,
was die Amerikaner aber offensichtlich lieben.
Estragon eignet sich nicht
besonders gut zum Trocknen, dafür aber umso besser für Kräuteressig.
Diesen setzt man mit dem frischen Kraut an, indem ein guter Wein- oder
Obstessig darüber gegossen wird, den man 2-3 Wochen ziehen lässt.
Da Estragon seine Duftstoffe am besten mit Säure entfaltet, sollte
er zur Verwendung als Würze und zur direkten Weiterverarbeitung in
der Küche nach dem Schneiden mit etwas Zitronensaft beträufelt
werden. In dieser Form kann man ihn zusammen mit einer geriebenen Knoblauchzehe
in Butter auslassen, was als Estragonbutter vorzüglich zu Fisch passt.
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zuletzt geändert am 8.IX.2001