Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
castanarios |
|
Castanea sativa Mill. | Fagaceae |
|
Botanische Beschreibung der Art
Die Edel- oder Esskastanie
ist ein sommergrüner bis zu 35 m hoher Baum mit ausladender Krone.
Sie zählt zu den Buchengewächsen (Fagaceae, früher: Cupuliferae
= Frucht-Becherträger, wie auch Buche und Eiche; mit der Rosskastanie
ist sie nicht näher verwandt), stammt aus dem Mittelmeerraum, blüht
im Juni/Juli und fruchtet im Oktober. Sie verträgt Schatten, meidet
Kalk, braucht nährstoffreiche, tiefgründige Böden, mildes
Klima und wächst mit Traubeneichen in lichten Laubmischwäldern.
Die Borke ist dunkel, graubraun und längsrissig, die jungen Zweige
sind olivgrün bis graubraun und mit zahlreichen, kleinen Korkwarzen
besetzt. Die wechselständigen Blätter (15-30 cm lang, 5-8 cm
breit) haben lange Stiele und eine länglich-lanzettliche, zugespitzte
Spreite, oberseits dunkelgrün glänzend, unterseits blaßgrün.
Kräftige Adern laufen randlich in grobe, grannenspitzige Zähne
aus. Die Blüten sind eingeschlechtlich und stehen köpfchenartig
gehäuft an 15-20 cm langen Stielen, deren mehrere einen Blütenstand
bilden. Die männlichen weißlich-gelben Blüten bestehen
fast nur aus Staubblättern, die weiblichen sitzen, einzeln oder zu
2-3 vom Fruchtbecher umschlossen, an der Basis des Blütenstands. Die
eigentliche Frucht, die auch als Marone bezeichnet wird, ist eine 2-3 cm
lange Nuß mit brauner, glatter, lederartiger Schale. 1-3 dieser Nüsse
werden von der 8-10 cm großen, runden, lindgrünen mit feinen,
spitzen Stacheln besetzten, igelartigen Fruchthülle (Cupula) umschlossen.
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Geschichte
Die Edelkastanie, auch Kestenbaum
oder Keste genannt, ist ein Baum des Südens. Man vermutet, dass bereits
griechische Kolonisten Kastanien in der Gegend von Marseille anpflanzten.
Aus Südfrankreich fand sie über das Rhonetal ins Rheintal, wo
sie im Elsaß, Schwarzwald, Odenwald und im Pfälzer Wald nennenswerte
Bestände bildet. Die Römer forcierten zwar den Kastanienanbau,
bürgerten den Baum aber nördlich der Alpen nicht ein. Ausgedehnte
natürliche Kastanienwälder gibt es im Appennin. Theophrast bezeugt
ihr Vorkommen für Mazedonien, das Piliongebirge und Euböa. Für
die alten Griechen war sie die "Eichel des Zeus". Ihr Name stammt von der
Stadt Kastana im Pontus (Landschaft der kleinasiatischen Küste am
Schwarzen Meer); Herodot berichtet, dass im Altertum verschiedene Orte
den Namen Kastanea trugen. Die Kastanie fruchtet nur in wärmeren Gegenden,
was der altpfälzische Spruch treffend ausdrückt: "Wenn´s
Keschde gibt, gibt´s auch Woi."
Karl Kosthofer stellt 1828
in seinem Buch über den Wald einen Vergleich an zwischen dem Kastanienbaum
und der Kartoffelstaude als Nahrungslieferanten, denn in wärmeren
Gegenden war sie bis zum 17. Jahrhundert ein regelrechtes Volksnahrungsmittel.
Die Samen enthalten 39% Wasser, 43% Stärke und 2,5% Fett. Im Mittelmeergebiet
sind Esskastanien ein wichtiges Nahrungsmittel. Bei Missernten sicherten
sie als Brot der Armen das Überleben der notleidenden Bevölkerung.
In den schweizerischen und italienischen Südalpentälern rechnete
man mit einem Baum pro Kopf. Diese lieferten 100-200 kg Maronen jährlich
bei einem Bedarf von 150-200 kg pro Person. Eine Luganer Verfügung
von 1778 untersagte bei einer Strafe von 100 Talern das Fällen von
Kastanienbäumen. Abgaben wurden mit Kastanien bezahlt. So musste beispielsweise1693
Küßnacht wöchentlich 30 Sack Kastanien nach Schwyz liefern.
Nach dem "jus plantandi" durften mittellose Familien um ihr Überleben
zu sichern auf öffentlichem Grund soviele Kastanien pflanzen, wie
sie brauchten. Das Nutzungsrecht ging vom Pflanzer auf die Erben über
und erlosch erst mit Absterben des Baumes. Mit Intensivierung der Landwirtschaft
machte dann im 18. Jahrhundert die produktivere Kartoffel das Rennen als
Grundnahrungsmittel. Ausgedehnte Kastanienhaine, sog. Selven, sind bruchstückhaft
in manchen Südalpentälern erhalten geblieben; einer der schönsten
liegt im Bergell.
Als Dörrfrüchte
(Räucherung und Trocknung nach 9-tägiger Wässerung) aufbereitet,
kühl und trocken gelagert, halten sich Maronen 2-3 Jahre. Diese wurden
gemahlen und zusammen mit Roggenmehl zum sog. Baumbrot verbacken. Auch
diese Bedeutung als Brotfrucht hat die Kastanie eingebüßt, aber
beliebt ist sie immer noch, wenn in der Vorweihnachtszeit Maronibrater
die Nüsse auf Holzkohleöfen geröstet anbieten oder wenn
sie als Füllung der Martinsgans oder als Beilage zu Wild den Feinschmeckern
gereicht wird. Hier das Rezept für eine köstliche Kastaniensuppe:
150 g Sahne oder Rahm, etwas Kräutersalz
und etwa 1 Teelöffel Kurkuma hinzugeben. Aufkochen und mit frischer
Sahne und Majoran garniert servieren.500 g geschälte Kastanien in
1 Liter Brühe 10 Minuten kochen und anschließend pürieren,
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Heutige Bedeutung und Verwendung
Kastanien können südlich
der Alpen bei einem Stammdurchmesser von einem Meter ein Alter von 500
Jahre, nördlich der Alpen meist nur 200 Jahre erreichen. Einige werden
auf 1000 Jahre geschätzt. Die Stämme sind häufig entgegen
dem Uhrzeigersinn drehwüchsig. Das Holz ist in Qualität und Widerstandsfähigkeit
gegenüber Feuchtigkeit ähnlich dem der Eichen. Schon die Römer
verwendeten es für Rebpfähle, als Fassdauben und im Schiffsbau.
Auch Furniere lassen sich daraus schneiden. Die Kastanie ist wuchskräftiger
als die Eiche und wurde wie diese vor allem in Weingegenden niederwaldartig
bewirtschaftet. Nach einigen Jahren wurden die Stämme knapp über
dem Boden abgeschnitten und "auf Stock gesetzt". Der im Boden verbliebene
Wurzelstock trieb erneut kräftig aus, was eine Nachpflanzung ersparte.
Bei einem Umtrieb von 8-15 Jahren ließen sich Rebstickel ernten.
25-30 Jahre wuchsen die Stockloden für Bauholz, Leitungsstangen und
Fassdauben. Ausserdem lieferte Kastanienholz Tanninextrakt zur Gerberei
von Leder, 7-fach ergiebiger als Eichenrinde.
In den Vierziger Jahren fielen
dem Kastanienrindenkrebs, der durch den Schlauchpilz, Endothia parasitica,
verursacht wird, ins Rindengewebe eindringt und mit seinen giftigen Ausscheidungen
Zellen und schließlich den Baum zum Absterben bringt, im nördlichen
Amerika über eine Million Hektar Kastanienwald zum Opfer. Die Kastanie
musste von der Liste der amerikanischen Forstbäume gestrichen werden.
Als die Epidemie kurz vor dem 2. Weltkrieg in Genua auftauchte, fürchtete
man um die europäische Edelkastanie. Diese erwies sich jedoch als
nicht so anfällig und machte Ausfälle zum Teil durch ihre enorme
Ausschlagskraft wieder wett. In Amerika sind inzwischen resistentere Kastanien-Arten
aus Japan und China eingebürgert.