Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
cicerum italicum | 15 | Cicer arietinum L. | Fabaceae |
|
Botanische Beschreibung der Art
Die Kichererbse oder Kicher
ist in Anbau und Produktion die fünft-wichtigste Hülsenfrucht
der Erde. Sie ist eine bedeutende Nutzpflanze des Mittelmeerklimas und
der Subtropen, ähnlich wärmebedürftig wie der Ölbaum
und die Zitrusfrüchte, weshalb ein Anbau in Mitteleuropa in der Regel
nicht lohnt. Sie wird heute von Portugal und Spanien über Marokko,
Algerien, den Vorderen Orient, Äthiopien und die Türkei bis nach
Indien angebaut mit Schwerpunkten in Indien und Spanien.
Die Kichererbse ist einjährig,
hat einen vierkantigen, mehr oder weniger verzweigten 20-50 cm hohen Stängel
und wächst buschig aufrecht. Die fast gegenständigen Blätter
sind unpaarig gefiedert mit (7-) 11-13 (-17) ovalen, grob und scharf gesägten
Fiederblättchen. In jeder Achsel eines Laubblattes hängt an einem
langen, dünnen, geknickten Stiel eine einzelne Blüte von 10-12
mm Länge. Die violetten oder weißen, typischen Schmetterlingsblüten
sind länglich gestreckt. Aus ihnen entwickeln sich aufgedunsene bis
3 cm lange Hülsen, die 2 (selten 3) 5-14 mm große Samen von
runzeliger, asymmetrischer Form mit leicht vorspringender Keimwurzel enthalten.
Die ganze Pflanze ist mit klebrigen, an der Spitze kopfig ausgeformten
Drüsenhaaren, deren Sekret Äpfel- und Oxalsäure enthält,
überzogen.
Geschichte
Kulturnachweise für
Kleinasien liegen bereits aus dem 6. Jahrt. v.Chr., für den Mittelmeerraum
aus dem 3.-4. Jahrt. v.Chr. und für Indien um 2000 v.Chr. vor. Die
Domestikation als Kulturpflanze erfolgte wohl im westlichen Asien. Seit
dem 17. Jh. ist Lateinamerika, insbesondere Mexiko und Chile, ein wichtiges
Anbaugebiet.
Bereits Homer (Ilias 13.589)
erwähnt unter dem Namen "erevynthos" die seit alters her neben Bohnen
und Linsen als wertvolle Nahrung bekannte Kichererbse. Theophrast empfiehlt
die Kichern vor dem Kochen eine Nacht einzuweichen, damit sie nicht hart
werden und schwer im Magen liegen. Ohne diesen Zubereitungshinweis berichtet
Dioskorides, dass die "Ziser Erbsen" dem Bauch bequem sind und den Harn
treiben. Außerdem treiben sie "die Monzeit der Frawen und todte Frucht
/ und mehren die Milch." Zusammen mit Erbsen gesotten und als Pflaster
aufgetragen, heilen sie Entzündungen. Selbst den Erfolg bezweifelnd
berichtet Dioskorides auch: "Es sind etliche die vermeynen / wann man ein
jede Wartz mit einer sonderlichen Zisererbsen im newen Mon berrühre
/ die Zisern in ein leinen Tüchlin binde und hindersich werffe / so
fallen alsdann die Wartzen ab." Hildegard von Bingen bezeichnet die Kicher
als leichte und angenehme Speise und als Mittel gegen Fieber.
Wie der Zusatz ´italicum´
im Capitulare anzeigt, waren Kichererbsen wohl als Pflanzen aus Italien
bekannt. Aus klimatischen Gründen gedeihen sie außer an besonders
wärmebegünstigten Standorten in unseren Breiten aber nicht so
recht. Dennoch förderten Ausgrabungen im römischen Militärlager
Novaesium (Neuss) am Rhein verkohlte Kichererbsen aus dem 1. Jh. n.Chr.
zutage. Da gleichzeitig in der Nähe gelegen auch verkohlter Reis gefunden
wurde, deutete KNÖRZER (1970) dies als aus Italien importierten Vorratsfund.
Dennoch fehlt das ganze Mittelalter hindurch die Kichererbse in keinem
Kräuter- oder Arzneibuch. Albertus Magnus unterschied schon drei hauptsächlich
an der Samenfarbe kenntliche Sorten. Wie bei Hieronymus Bock nachzulesen
ist, waren die Zisern wohl als Nahrungspflanze nicht allgemein verbreitet,
wurden hingegen in der Hauptsache für Arzneizubereitungen verwendet.
Heutige Bedeutung und Verwendung
Bei der heutigen weiten Verbreitung
der Kichererbse lassen sich mehrere Formen oder Varietäten unterscheiden.
Forma vulgare mit schwarzen Samen wird hauptsächlich als Futterpflanze
angebaut. Forma macrocarpa mit ebenfalls schwarzen, aber besonders
großen Samen dient geröstet als Kaffee-Ersatz (sie wurden auch
in Deutschland in den klimatisch begünstigten Weinbaugegenden angebaut
und nach dem ersten Weltkrieg zu eben diesem Zweck verwendet). Forma fuscum
mit rotbraunen Samen wird in Südeuropa viel angebaut. Forma album
mit gelblichweißen Samen ist am besten für die menschliche Ernährung
geeignet. Die in die Bundesrepublik als Trockenfrucht eingeführten
Kichererbsen müssen vor dem Kochen mindestens 12 Stunden in Wasser
eingeweicht werden. Nach 30-40 Minuten Kochzeit ergeben sie ein wohlschmeckendes,
nussig aromatisches, leicht verdauliches, proteinreiches Essen.
Der Anbau erfolgt im Feld-
oder Gartenbau. In Indien, Äthiopien und anderen Ländern oft
im Gemisch mit Getreiden, anderen Leguminosen oder Gemüsekulturen.
Dank ihrer großen Widerstandskraft gegen die Trockenheit liefert
die Kichererbse bei nur zweimaligem Wässern während der ganzen
Vegetationsperiode Erträge von 1,2 t/ha (bei einer Spannweite von
0,23 t/ha in Tansania bis 1,7 t/ha in Israel). Getrocknete Kichererbsen
enthalten bei ca. 11 % Wasser etwa 59 % Kohlenhydrate, 13,0-24,9 % Proteine,
1,6-5,2 % Fett, 2,2-3,0 % Mineralien und 2,3-5,3 % Rohfasern. Phosphor
ist mit 375-480 mg / 100 g am meisten vorhanden. Von insgesamt neun Vitaminen
sind E und C am reichlichsten vertreten.
Neben der Verwendung als
hochwertiges Futtermittel wird die Kichererbse heute noch in der indischen
Volksheilkunde als Adstringens und Diuretikum verwendet.
In Spanien werden sie im
grünen Zustand roh oder im reifen Zustand gekocht oder geröstet
als "garbanzos", ein Nationalgericht, gegessen. Im Orient wird aus den
vergorenen Samen "Schimitt", ein gebräuchliches Gebäck, hergestellt.
In der Türkei werden die zweimal gerösteten und von den Schalen
befreiten Zisern als "Leblebiji" bezeichnet. In der Provence wird Mehl
aus Kichererbsen und Weizen gemischt und zu Gebäck verarbeitet. In
Indien werden die ganzen jungen Pflanzen als Salat oder gekocht wie Spinat
gegessen.
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zuletzt geändert am 8.IX.2001