Name im Capitulare Nr. Botanischer Name Familie
pomarios
(74)
Citrus aurantium L. Rutaceae

 
 Pomeranze, Bittere Orange
deutscher Name 
 Bittere sinaasappel
niederländischer Name 
 orange amer, bigaradier
französischer Name 
 bitter orange, Sevilla orange
englischer Name 
Beschreibung

Geschichte

Verwendung


 

Botanische Beschreibung der Art

Die Pomeranze wächst in ihrer Heimat Nordindien zu einem 6-12 m hohen immergrünen Baum heran mit vielästiger Krone, grauschwarzen Rinde und starker Bedornung in den Blattachseln. Bei uns angepflanzt, bleibt sie strauchförmig. Die Blätter werden bis 10 cm lang und 5 cm breit und sind lanzettförmig zugespitzt. Sie glänzen tiefdunkelgrün, sind von lederartiger Derbheit und werden von einem verkehrt-eiförmig bis herzförmig geflügelten Blattstiel getragen.

Die Blüten sind gestielt und erscheinen einzeln in den Blattachseln oder in Gruppen an den Zweigspitzen. Die 20-25 Staubgefäße sind umringt von 5 weißen, fleischigen Kronblättern. Diese sind drüsig punktiert und durchscheinend. Der Fruchtknoten ist 8-10(-12)-fächrig. Die im Reifezustand leuchtend rot-orange Frucht erreicht mit 5-7 cm Durchmesser die Größe eines kleinen Apfels und ist oben und unten leicht abgeplattet. Die Schale ist rauh mit tiefeingesenkten Öldrüsen und hat bitteren Geschmack. Das Fruchtfleisch ist sauer und enthält zahlreiche Samen. Die Pflanze trägt das ganze Jahr über gleichzeitig Blüten und Früchte.

Da Zitrusfrüchte schon sehr lange kultiviert werden, gibt es viele nah verwandte Arten und unzählige Hybriden und Sorten. Zitrus-Arten benötigen mindesten 1.200 mm Niederschlag im Jahr, 2.000 mm gelten als Optimum. Tiefere Temperaturen im Winter fördern den Blütenansatz und das Aroma der Früchte. Die Pflanzen sind sehr schädlingsanfällig. Die allgemein im Erwerbsanbau betriebene zu hohe Stickstoffdüngung bringt hohe Erträge, verschlechtert aber die Qualität der Früchte. Sie verschiebt das Verhältnis Zucker/Säure zu Gunsten der Säure.
 

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Geschichte

Der Name Bittere Orange leitet sich vom Epitheton aurantium ab, der die goldgelbe Farbe der reifen Frucht bezeichnet. Eine andere Deutung der Namensgebung geht vom ital. Wort "naranci" aus. Im Laufe der Sprachentwicklung fiel der erste Buchstabe weg, es entstand das Wort "aranci", von dem Orange abzuleiten ist. Das ital. Aranci wurde zu "aurantium" latinisiert. Nach dieser Deutung wäre der Anklang an das lat. Wort "aurum" für Gold rein zufällig. Aus "poma aurantia" entstand der deutsche Name Pomeranze. Die Pomeranze ist der Baum, nach dem die Orangerien benannt sind, die zur Zeit des Sonnenkönigs Ludwig XIV. in Mode kamen. Seit Jahrtausenden wird die Pomeranze als Nahrungs- und Heilpflanze in den Tropen, Subtropen angebaut. Von den Arabern und Griechen wurde die Art in den Mittelmeerraum eingeführt. Vor hundert bis zweihundert Jahren pries man besonders die getrockneten Pomeranzenschalen aus Spanien und Portugal. Die Genuesen und Portugiesen führten süße Orangen (Citrus sinensis) und Zitronen (Citrus medica) als Obstform 1548 nach Italien und Spanien/Portugal ein.

Dioskorides beschreibt die Nutzung der Kerne wie folgt: "... die Kern / den Biernkernen ehnlich / welche in Wein getruncken / wider alles Gifft werden gerühmt / und den Stulgang treiben. Den Mundt gewaschen mit der Brüh / da die Kern oder Samen inn gesotten sindt / oder mit irem Safft / macht einen lieblichen süssen Athem. Sie werden auch nützlich gessen wider die bösen Lüfte der schwangeren Frawen. In die Kleyder kästen gelegt / bewahren sie die Kleyder / daß sie von den Motten nicht werden gefressen."

Im Altertum wurden die Zitrusfrüchte zum Symbol der Abwehr allen Zaubers und alles Bösen. Darunter fiel auch der Schutz gegen bestimmte Insekten, der von der getrockneten Schale ausging und die Verwendung in allerlei Tinkturen in der Pestmedizin. Insbesondere die lebenserhaltende und reinigende Kraft der Zitrone begleitete bis in die Zeit des zweiten Weltkrieges viele Rituale der Erneuerung und der Wandlung wie Kindstaufen, Kommunion, Konfirmation und Hochzeiten. Im Mittelalter erhielten sie im todesnahen Brauchtum große Bedeutung. Pfarrer, Sargträger und die nächsten Angehörigen trugen Zitronen, die oft mit Rosmarin oder Gewürznelken besteckt waren, bei Beerdigungen in der Hand. Oft trugen auch zum Tode verurteilte beim Gang zur Hinrichtungsstätte oder die indischen Witwen, die ihrem Mann in den Tod folgten, Zitronen in der Hand. Zitronen gelten in der Malerei als Marienattribute und Zeichen für Reinheit, Fruchtbarkeit und damit Reichtum und mütterlicher Stärke. Bald wurden sie auch zur Verzierung von Essgeschirr verwand und kündeten hier vom Reichtum ihrer Besitzer, denn Zitronen waren Kostbarkeiten.

Sie kamen von weit her, der Transport war verlustreich und gefährlich und sie waren nicht das ganze Jahr über verfügbar. Daher stammt auch der Ausspruch: "Das ist nicht weit her." Er will ausdrücken, dass das Besagte nicht besonders wertvoll ist. Eine Zitrone hatte im 18. Jh. im Frankenland etwa den Wert von einem Liter Bier oder den Gegenwert von etwa 5 Euro in heutiger Währung. Nur wohlhabende Menschen und Herrscher konnten sie sich leisten. Auch in ihrem Herkunftsland China hatten sie Symbolkraft und standen für Reichtum. Dort wächst eine Varietät von Citrus medica, die fingerförmige Auswüchse zeigt, die die halbrunde Frucht umgreifen. Sie wird gedeutet als Hand Buddhas. Man findet sie dort oft auf Altären in Tempeln und Privathäusern. Auch wurde die Frucht als Geste des Geldgreifens verstanden. An Beamte verschenkt waren sie eine versteckte Anfrage, denn an der Reaktion des Beschenkten konnte man den Grad seiner Bestechlichkeit erkennen.
 

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Heutige Bedeutung und Verwendung

Da die Fruchtsäure der Zitrusfrüchte stark appetitanregend ist und oft der Anblick der Frucht schon ausreicht, war es in Europa in Fleischereien lange Zeit Sitte, einen Schweinskopf in die Auslage zu legen, der eine halbierte Zitrone im Rüssel trug. Unreife Pomeranzen von Erbsen- bis Kirschgröße legte man in alkoholische Getränke wie Branntwein und Aquavit ein. Geröstet und in Rotwein eingelegt, ergaben sie ein in früheren Zeiten bekanntes Getränk, das man Bischof nannte. Derartige Getränke waren appetitanregend und als Magenbitter bekannt. Man verabreichte auch 1-2 g Pomeranzenschale pur gegen Magenbeschwerden, bei Blutungen mit Schwächezustand und gegen Würmer. Der Aufguss von 5 g Orangenblüten und –blättern war ein bekanntes schweißtreibendes Mittel, das auch gegen Krämpfe eingesetzt wurde. Aus dem Saft der Zitrusfrüchte mit Zucker und Wasser bereitete man die Orangeade und Limonade, ein erfrischendes Getränk, das gegen Skorbut und bei zu starker Gallenabsonderung getrunken wurde.

Auch heute noch verwendet man die Früchte und verschiedene Öle, die aus den unterschiedlichen Pflanzenteilen gewonnen werden. Die engl. "Orange Marmelade" besteht hauptsächlich aus Pomeranzen. Sie werden aus Spanien vor allem ins schottische Dundee, dem Zentrum der britischen Marmeladenindustrie, exportiert. Säfte und Limonaden werden meist aus Mischungen von süßen und bitteren Früchten hergestellt. Die in Italien bekannte Bitterlimonade "Chinotto" wird mit der Schale der kleinen, sehr bitteren Chinotte (Citrus aurantium L. ssp. aurantium var. pumila) aromatisiert. Die kandierte Schale der Pomeranzen bietet das Orangeat, die der Zitronen das Zitronat. Orangeat und Zitronat sind essentielle Bestandteile weihnachtlichen Backwerks wie Stollen und Früchtebrot. Sie finden auch in Verbindung mit Blüten und Blättern in Früchtetees Verwendung. Pomeranzenschalen werden außerdem zur Herstellung verschiedener Liköre verwendet, die unter den Namen Curacao, Cointreau und Grand Marnier gehandelt werden. Die Obstformen der Zitrusfrüchte werden in den Herkunftsländern zu Konserven verarbeitet, die dabei anfallenden Schalen zur Pektinherstellung oder als Viehfutter genutzt. Aus den Schalen destilliert man auch Zitrusschalenöle. Die Bergamotte (Citrus bergamia) wird in Süditalien ausschließlich zur Gewinnung des Schalenöls angebaut, das man z. B. zur Aromatisierung von schwarzem Tee benutzt (Earl Grey). Aus den Blättern, jungen Zweigen und unreifen Früchten der Zitrusarten werden "Petitgrain"-Öle destilliert, aus den Orangenblüten das Orangenblütenöl "Neroli Portugal" und aus den Blüten der Bitterorangen das sehr hoch bezahlte Neroliöl "Neroli Brigarade". Diese Öle finden als Duftstoffe vor allem in der Parfum- und Seifenindustrie Verwendung. Neroliöl ist für die beruhigende Wirkung von Husten- und Beruhigungstees verantwotlich. Die Öle enthalten Hesperiden und Neohesperiden, Naringin und Limonin als Bitterstoffe sowie Limonen, Linalool, Linalylacetat, Nerol, Nerolidol, Nerylacetat, Geraniol, Jasmon, Anthranilsäuremethylester und organische Säuren wie Citronensäure und Äpfelsäure in unterschiedlichen Verhältnissen. Außerdem enthalten Früchte und Schalen Flavonoide, Cumarine, Triterpene, Vitamin C, Carotin und Pectin.

Da getrocknete, unreife Pomeranzen ungemein hart werden, lassen sie sich drechseln und polieren. Unter anderem fertigte man Rosenkränze daraus.

Zum Schluss noch einige Rezepte mit Zitrusfrüchten:

Hähnchenbrüstchen mit Orangen

 4 Hähnchenbrustfilets ohne Haut und Knochen
 Salz und Pfeffer
 4 EL Olivenöl
 2 Möhren in feine Würfel geschnitten
 1 Zwiebel gehackt
 1 TL Zucker
 Saft von 3 Orangen
 Saft von 1 Limette
 1/8 l Weißwein
 Orangenscheiben zum garnieren
Die Hähnchenbrustfilets im Olivenöl von beiden Seiten goldbraun anbraten, nach dem Braten salzen und pfeffern, aus der Pfanne nehmen und warm stellen. Die sehr fein geschnittenen Möhren und Zwiebeln im Bratenfond anbraten und mit dem Orangensaft, dem Limettensaft ablöschen und den Weißwein angießen. Die Sauce etwas einkochen lassen und mit dem Mixstab pürieren, dann salzen und pfeffern. Die Hähnchenbrüste in die Sauce legen und zugedeckt bei mittlerer Hitze 10 Min. ziehen lassen. Mit Orangenscheiben anrichten.
 

Pomeranzenauflauf

 6 Eier
 50 g Butter
 50 g Mehl
 150 g Zucker
 1 Prise Salz
 ¼ l Vollmilch
 1 Pomeranze
 2 Orangen
Zunächst trennt man die Eier in Eigelb und Eiweiß, schlägt das Eiweiß zu Schnee und reibt die Hälfte der Pomeranzenschale auf einer feinen Reibe ab. Auf geringer Hitze werden 6 Eigelb, 50 g Butter, 50 g Mehl, 150 g Zucker, die Pomeranzenschale und die Prise Salz mit gut ¼ Liter Vollmilch mit dem Schneebesen wie Creme geschlagen bis die Masse kocht. Dann nimmt man sie vom Feuer und schlägt sie weiter, bis sie erkaltet ist. Dabei zieht man den Saft der zwei Orangen unter. Zuletzt zieht man den Eischnee unter die Masse, streicht eine Form mit Butter aus und bäckt den Auflauf etwa eine halbe Stunde lang im Backofen ab.
 

Kardinal

3 l Weißwein
8 ungespritzte Apfelsinen
400 g Zucker
Die Apfelsinen dünn abschälen und die Schalen mit dem Zucker zum Weißwein geben, 24 Stunden zugedeckt stehen lassen und dann durch ein feines Sieb gießen.
 
Bischof
3 Rotwein
9 Pomeranzen
Zucker
Man reibt die gelbe Schale der Pomeranzen ab, vermischt sie je nach Geschmack mit Zucker und gibt das Gemisch zum Rotwein. Mehrere Tage bei gelegentlichem Umrühren stehen lassen. Danach abseihen durch ein Mulltuch und in Flaschen abfüllen, um Ihn als Bowlenextrakt zu verwenden.
 
 

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zuletzt geändert am: 3.VII.2004