Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
avellanarios |
|
Corylus avellana L. | Betulaceae |
|
Botanische Beschreibung der Art
Die Gattung Corylus
umfasst 15 Arten einhäusiger, laubabwerfender, ein- oder mehrstämmiger
Bäume und Büsche und zählt zu den Birkengewächsen.
Beispiele sind die Bluthasel (C. maxima 'Purpurea'), die Korkenzieherhasel
(C. avellana ´Contorta´) und die Baumhasel (C. colurna),
die in Aachen häufig als Straßenbaum angepflanzt wurde. Alle
Arten sind in den gemäßigten Zonen der Nordhemisphäre beheimatet.
Sie besitzen essbare Nüsse, die wegen ihres hohen Ölgehaltes
und ihrer guten Lagerfähigkeit schon seit Alters her einen wichtigen
Wirtschaftsfaktor bilden.
Corylus avellana,
die gemeine Haselnuss, wächst von Grund an als mehrstämmiger
Busch oder Halbbaum, der wild 3–6 m, in Kultur bis zu 10 m hoch werden
kann. Ausgenommen in Nordskandinavien und Nordrussland findet man den die
Hasel in ganz Europa, im nördlichen Afrika und im westlichen Asien
bis zum 63. Breitengrad. Sie wächst in Hecken, an Bachufern, an Waldrändern,
als Unterholz in lichten Wäldern und als Pionierpflanze auch an steilen
Halden, wird aber auch extra als Feldgehölz und in Knicks angebaut.
Die Hasel ist ökologisch sehr anpassungsfähig, meidet nur reine
Sumpf- und Sandböden, bevorzugt durchlässige und kalkhaltige
Böden in sommerwarmen, -trockenen Klimalagen.
Die Rinde ist silbergrau
bis glänzend graubraun und löst sich in Schuppen ab. Sie ist
längsrissig und mit zerstreuten Korkwarzen besetzt. Die Stämme
verkahlen bald. Das Holz ist weißlich-gelb. Junge Zweige sind hin-
und hergebogen, kurzlebig und abstehend drüsig behaart, oftmals auffallend
rotborstig. Sie haben eiförmige, silbrig behaarte Winterknospen, eine
Endknospe fehlt. Die rauen, 5-10 cm langen Blätter sitzen an drüsig
behaarten, 5-10 mm langen Blattstielen. Sie sind wechselständig angeordnet.
Die mittelgrüne Oberseite und die hellere Unterseite sind schwach
behaart, der Rand ist doppelt gesägt. Auf der Unterseite tritt das
Adernetz von 6-7 Nervenpaaren stark hervor. Die Blattform variiert von
etwas herzförmig bis rundlich, schwach asymmetrisch bis dreilappig
mit einer aufgesetzten Spitze.
Bereits im zeitigen Frühjahr
ab Februar erblühen die Haselsträucher und leiten damit die Heuschnupfenzeit
ein. Die männlichen Blütenkätzchen stehen zu 2-4 an Kurztrieben
zusammen. Sie hängen dann schlaff als 3-6 cm lange kleine Walzen nach
unten. Jede einzelne hüllenlose Blüte hat 4 gespaltene Staubgefäße
und sitzt auf einem Tragblatt. Durch Bewegung des ganzen Kätzchens
fällt der Pollen auf das Tragblatt der Blüte darunter, von wo
aus er vom Wind zu den leuchtend roten Narbenästchen der weiblichen
Blüten weitertransportiert wird. Diese sind zu knospenähnlichen
Gebilden zusammengedrängt, die einzelne Blüte etwa 5 mm groß.
Bienen fliegen den Haselstrauch an, suchen aber dort nur die männlichen
Blüten auf und tragen somit nicht zu einer Befruchtung bei. Die eigentliche
Befruchtung findet erst Wochen nach der Blüte statt. Dann entwickeln
sich im Laufe des Sommers am Ende junger beblätterter Triebe ein bis
vier Nüsse, die gleich nach ihrer Reife im August/September zur Erde
fallen. Zuerst bleichgrün, später rosa braun, 2 cm lang und von
einer grünen, am Rande ausgefransten Fruchthülle umgeben, die
den Scheitel oder Nabel der Nuss freilässt, sind die Samen in einer
harten Schale verborgen. Sie enthalten ähnlich wie die der Walnuss
zu 61 % fettes Öl, 14 % Eiweiß, 14 % Kohlenhydrate und viel
Vitamin C und sind sehr nahrhaft.
Um an die Samen zu gelangen,
muss die harte Schale durchbohrt, z.B. von einem kleinen Rüsselkäfer,
dem Haselnussbohrer, oder geknackt werden. Eichhörnchen, Mäuse,
Siebenschläfer und Häher legen Depots an, die oft nicht geleert
oder vergessen werden und so zur Vermehrung der Haselbüsche beitragen.
Eine besondere Form, die Nüsse zu knacken, hat der Kleiber entwickelt:
er klemmt die Nüsse in Borkenspalten ein, um sie dann ganz in Ruhe
zu zerkleinern und zu zerhacken ("Spechtschmieden"). In der Natur erfolgt
die Vermehrung meist über Samen (s.o.), in Kultur hingegen auch wegen
der flachstreifenden Bewurzelung von Corylus über Absenker und Stecklinge.
Die Schösslinge können in einer Vegetationsperiode mehrere Meter
hoch wachsen, sie verzweigen sich erst ein Jahr später. Die alten
Stämme, die eine Dicke von 15-18 cm erreichen, werden durch neue kräftige
Schösslinge ersetzt. Auf diese Weise kann ein Haselstrauch bis zu
100 Jahren alt werden.
Geschichte
Zahlreiche Funde aus der
jüngeren Erdgeschichte belegen, dass der Haselstrauch in Europa während
der Nacheiszeit im Unterholz von Kiefernwäldern dominierte und so
deren Verjüngung verhinderte. Stellenweise gab es nur noch Haselnussbestände;
man nennt diese Periode "Haselzeit", die sich etwa mit der älteren
Mittel-Steinzeit deckt. Später drängte die Ausbreitung der Eiche
die Hasel zurück.
Der Name Corylus wird
schon von vielen antiken Autoren benutzt und könnte von griech. corys
= Maske hergeleitet sein, weil die Fruchthülle maskenartig die Nuss
verbirgt. Avellana könnte sich auf der Berg Avella bei Neapel
oder auf die Stadt Avella in Kampanien beziehen, beide bekannt für
ihre Nüsse. Der dtsch. Name Hasel kommt von hasal, was ahd. soviel
wie Nuss bedeutet. Fast alle alten Kulturvölker des Abendlandes haben
der Haselnuss besondere Kräfte zugeschrieben. Schon im frühen
Altertum galt sie als Sinnbild der Unsterblichkeit und - wahrscheinlich
wegen ihrer frühen Blütezeit - des neu erwachenden Lebens und
des Frühlings. Bei Ausgrabungen in Pompeji fand man Nüsse, in
Deutschland lagen in den ältesten Gräbern Haselruten und Nüsse
als Totenspeise.
Die Haselnuss wird auch in
Verbindung zu Sexualität und Fruchtbarkeit gebracht: In seinem Hochzeitslied
rät Catull den Knaben, Nüsse unter das Volk zu verteilen zum
Zeichen dafür, dass mit Eintritt in die Ehe die sexuelle Freiheit
vorüber sei. Die Haselnuss ist aber auch ein Symbol des ehelichen
Glücks, vielleicht in Anlehnung an das häufige Auftreten von
zwei Nüssen in einer Schale ("Vielliebchen"). Die Verbindung zur Sexualität
drückt sich auch in der deutschen Redewendung "in die Haseln gehen"
aus, was soviel bedeutet wie "zu seiner Liebsten gehen". Ein Mädchen,
mit dem man schnell in die Haseln gehen konnte, dem ein lockerer Lebenswandel
nachgesagt wurde, bekam am 1. Mai keinen Birkenmeien vors Kammerfenster
gestellt, sondern einen Haselstrauch. Zu Pulver gebrannte Rinde oder Haselöl
ins Essen gemischt galt als Aphrodisiakum.
Bei den alten Germanen war
die Hasel dem Donnergott Tor geweiht und galt als blitzsicher. Sie wurde
deshalb ehrfurchtsvoll mit "Frau Hasel" angeredet. Später entstand
eine christliche Legende, nach der Maria auf dem Weg zu Elisabeth in ein
heftiges Gewitter geriet und unter einem Haselstrauch Schutz vor den Blitzen
fand. Merkwürdigerweise wird statistisch gesehen die Hasel weniger
häufig vom Blitz getroffen als andere Büsche und Bäume.
Später wurde der Schutz ausgeweitet auf Schlangen, Hexen, schlimme
Geister und alles andere Böse. Dafür steckte man Haselruten ins
Dach, unters Bett, vor das Fenster (letzteres sollte die Irrlichter fernhalten).
Man verteilte sie in Stall und Scheune, damit sie Wohlbefinden bringen
sollten, man störte mit Ruten die Hexen, die den Milchzauber ausführten.
Obwohl bereits in frühfränkischer
Zeit mit der "lex ripuaria" der Haselzauber verboten wurde, bedienten sich
die Menschen weiter der Haselrute zu allerlei Zauber, z.B. zum Verdreschen
abwesender Feinde (Kinder durften übrigens nicht mit Haselruten geschlagen
werden, weil sie sonst ihren geraden Wuchs verlören). Eine Haselrute,
am Karfreitag vor Sonnenaufgang "sine ferro" (mit einem Feuerstein) in
drei Schnitten im Namen der heiligen Dreifaltigkeit abgeschnitten, wobei
der Schnitter stumm bleiben und sein Gesicht gen Osten wenden musste, konnte
jemanden in Abwesenheit verprügeln. Man musste nur ein altes Kleidungsstück
nehmen, den Namen des zu Verprügelnden darüber sprechen und mit
der Rute nach Herzenslust darauf eindreschen. Der Genannte empfände
dann die Schläge recht schmerzlich.
Auch andere absonderliche
Fähigkeiten und Teufelskünste wie auch Geldzauber wurden der
Haselrute nachgesagt, allerdings gibt es kaum Belege für ihre Wirksamkeit.
Die Hasel sollte eine besondere Gewalt über Schlangen haben, weshalb
bis in die heutige Zeit im Schwarzwald Kindern eine Haselrute für
lange Wanderwege mitgegeben wurde als Schutz gegen Schlangen.
Eine große Heilwirkung
wurde der Haselnuss nicht zugesprochen. Dioskorides vertritt die Meinung,
dass Nüsse dem Magen schädlich seien. Sie hülfen höchstens
kleingestoßen und mit Honigwasser vermischt bei hartnäckigem
Husten und ihre Asche in Schmalz geknetet bei Alopecia (Haarausfall). Nach
Hildegard von Bingen taugt die Haselnuss nicht für die Heilkunst.
Die Nüsse schaden einem Gesunden nicht, wohl aber einem Kranken. Sie
meint, das Pulver aus den Knospen sei gut gegen Skrofeln. Sonst solle das
gleiche Pulver in eine Speise aus Mauerpfeffer, Winden, der Leber eines
geschlechtsreifen jungen Bockes und fettem Schweinefleisch gemischt und
wiederholt gegessen einem Mann dazu verhelfen, Kinder zu zeugen, "wenn
der gerechte Ratschluss Gottes dies nicht verhindert."
Es gibt auch Geschichten
vom Haselwurm, einer weißen Schlange, die unter der Hasel nistet
und besonders an Festtagen ein Krönchen trägt. Ihr Besitz verleiht
wundersame Kräfte: man verfügt über weitreichende Pflanzenkenntnisse,
man wird unsichtbar und unverwundbar und kann durch geschlossene Türen
gehen. Außerdem fliehen alle Geister den Haselwurm. Heute noch wird
der Haselzweig als Wünschelrute benutzt, um verborgene Wasser- oder
Erzadern aufzuspüren. Schon Plinius erwähnt die "aquileges",
die Wassersucher. Auch die Etrusker kannten die magischen Kräfte der
Haselrute. Sie taucht auch in den nordischen Mythen und im Nibelungenlied
auf. Im späten Mittelalter versuchte man mit Ruten verborgene Schätze,
verirrtes Vieh, Räuber und Mörder, ja sogar Wahrheit oder Lüge
aufzuspüren. Statt eines Schatzes wurde zwar manchmal nur ein kleines
Geldstück gefunden, aber in den Händen besonders geübter
Wünschelrutengänger schlug die Rute aus. Die Haselrute soll eine
besondere Affinität zu Gold und Silber haben (die Esche zu Kupfer,
die Fichte zu Blei). Man musste sie aber nach einem festgelegten Ritus
mit begleitendem Text schneiden.
Heutige Bedeutung und Verwendung
Der Haselstrauch hat ein
sehr gutes Ausschlagsvermögen und verträgt starken Rückschnitt.
In England hat man ihn früher in weiträumigen Plantagen angebaut,
weil er wie die Korbweide im ein- bis zweijährigem Turnus beerntet
werden konnte. Aus den biegsamen Ruten oder den dickeren Stämmen machte
man früher Fassreifen, Spazierstöcke, Griffe, Kleiderbügel,
Korbmacherarbeiten, Drechselarbeiten, Flechtwerk zur Ausfüllung der
Gefache, Bündel als Deckwerk für Bauernhäuser und Feldscheunen.
Man benutzte sie rund oder gespalten als Zaunlatten, Pflanzenstöcke,
Bohnenstangen, man destillierte Haselholz in Kohlemeilern zu begehrter
Schießpulver- und Zeichenkohle. Für den Haselstrauch fand man
vielseitige Verwendung im Alltagsleben. Heute haben Holz und Ruten keinerlei
wirtschaftliche Bedeutung mehr. Allenfalls könnte der Haselstrauch
in seiner Gesamtheit wegen seiner Resistenz gegen Autoabgase als straßenbegleitendes
Gebüsch wieder wichtig werden.
Abgesehen davon, dass der
Haselstrauch nach dem Winter den Bienen im Frühjahr die erste wichtige
Nahrung des Jahres bietet, haben die Nüsse für uns große
Bedeutung als Bestandteil von Süßigkeiten, Desserts und Kuchen,
zum Würzen von Fleischgerichten, für die Herstellung von Nutella,
die für ganze Generationen der wichtigste Brotaufstrich war und ist.
Die Grundlage hierfür liefern allerdings die Nüsse der Lambertsnuss
(Corylus maxima Miller), die etwas größer, länger
und ganz von der Fruchthülle bedeckt sind. Die Lambertsnuss wird in
Anatolien, Süditalien und Spanien in Kulturen angepflanzt.
Haselnussöl wird als
Speiseöl, das allerdings leicht verderblich ist, zur Farbenherstellung
und in der Kosmetik verwendet. Blätter des Haselstrauches so wie die
Rinde der Zweige, die etherische Öle enthalten, findet man als Ersatz
für die Zaubernuss (Hamamelis virginiana) in Teegemischen,
die bei Krampfadern, Venenentzündungen, Geschwüren und Hämorrhagen
(Blutungen) Linderung verschaffen sollen.
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zuletzt geändert am: 1.II.2003