Name im Capitulare  Nr. Botanischer Name Familie
cotoniarios
81
Cydonia oblonga Mill. Rosaceae

 
 Quitte
deutscher Name 
 Kwee
niederländischer Name 
 cognassier
französischer Name 
 quince
englischer Name 

 
Beschreibung

Geschichte

 Verwendung

 
Botanische Beschreibung der Art

Die Quitte ist von Natur aus ein eher strauchförmig wachsender Baum mit sparrig abstehenden, dornenlosen Ästen, der flach wurzelt und je nach Sorte eine Höhe von 8 m bei einer Kronenbreite von 7 m erreicht. Die Rinde ist grau und im Alter leicht korkig. Die ganzrandigen und gegenständigen Laubblätter können bis 15 cm lang und bis 10 cm breit werden. Die jungen Blätter sind beiderseits dicht wollig behaart, die voll ausgewachsenen Blätter tragen die Behaarung dagegen nur noch unterseits. Die an der Basis des Stiels sitzenden Nebenblätter welken rasch und fallen ab. Die Blüten entfalten sich im Frühjahr nach den Blättern. Die Quitte bildet im Unterschied zu Birne und Apfel einzeln stehende, fast stiellose, angenehm duftende weiße bis rosa Blüten mit einem Durchmesser von bis zu 8 cm. Die Blüten haben je fünf Kelch-, Kron-, Fruchtblätter und 15-25 Staubblätter, die in mehreren Kreisen um die Griffel angeordnet sind. Der Fruchtknoten enthält fünf Fächer, jedes mit 6-15 (oder mehr) in zwei Reihen angeordneten Samenanlagen. Die Kelchblätter bleiben auch nach dem Abblühen erhalten und lassen sich eingetrocknet im Kelch der Frucht finden. Die Quitte blüht von Ende April-Juni, meist aber im Mai, wenn es schon wärmer ist. Weil sie so den Spätfrösten entgeht , ist sie recht ertragstreu. Quittenblüten sind eine gute Bienenweide, daneben wird sie durch Hummeln und in geringem Maße auch durch den Wind bestäubt. Viele Sorten sind selbstfertil.

Die junge Frucht ist von einem dichten, öligen Flaum bedeckt. Im reifen Zustand haben viele Sorten den Flaum bereits verloren, bzw. er kann leicht abgerieben werden. Die "quittengelben", mehr oder weniger gerippten Früchte haften in der Regel ohne Stiel direkt am Fruchtholz. Das Fruchtfleisch ist je nach Sorte, Boden und Witterung von unterschiedlicher Konsistenz, von saftig weich bis sehr hart und von weißer bis gelber Farbe. Wie Birnen enthält es oft Steinzellen, die sich offenbar besonders bei Trockenheit bilden, im Schalenbereich aber auch durch Viren ausgelöst werden. Die Samen haften durch die schleimige Oberhaut sehr fest aneinander. Die Frucht löst sich erst bei voller Reife vom Trieb ab. Je nach Sorte und Lage finden sich reife Früchte zwischen Ende September und Ende Oktober. Der intensive aromatische Geruch bildet sich besonders stark bei großen Unterschieden zwischen Tages- und Nachttemperaturen aus. Bei zu früher Ernte fehlt daher das Aroma, bei später Ernte kann dagegen leicht Fleischbräune entstehen. Quitten sollten luftig und trocken, möglichst ohne sich zu berühren, gelagert werden.

Eine gewisse Unbeliebtheit der Quitte geht auf die Meinung zurück, sie sei roh ungenießbar. Es gibt jedoch im Süden viele roh essbare Sorten, darunter die türkische Sorte Shirin. Die im Karlsgarten gepflanzte "Konstantinopler Apfelquitte" ist eine alte Sorte, die vermutlich ebenfalls aus der Türkei stammt, große deutlich gerippte Früchte hat und sich sehr gut zur Verarbeitung im Haushalt eignet.

Quittenbäume sind wärmeliebend; sie wurden von den Römern wegen ihres strauchförmigen Wachstums als Begrenzungshecken der Weinberge angepflanzt und finden sich in Deutschland daher besonders in Weinanbaugebieten noch häufig in verwilderter Form. Nah verwandt ist übrigens die Japanische Scheinquitte (Chaenomeles), ein beliebter Zierstrauch, dessen stark säurehaltige Früchte ebenfalls essbar sind.
 

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Geschichte

Urheimat der Quitte ist vermutlich der Kaukasus und Kleinasien. Von dort verbreitete sie sich nordöstlich bis in den Himalaya und China und westlich nach Griechenland. Mit den Römern kam sie nach Mitteleuropa und bis nach Großbritannien. Das Capitulare de villis Karls des Großen hat zur Verbreitung in Deutschland beigetragen.

Seit dem 1. Jt. v.Chr. wird die Quitte nachweislich in bewässerten Obstgärten Mesopotamiens angebaut. Erwähnungen von Äpfeln und "anderen Äpfeln", d.h. vermutlich Quitten, finden sich in Homers Ilias und Odyssee. Der griech. Name kydonion und daraus abgeleitet das dtsch. "Quitte" stammt von der Stadt Kydon (heutiges Canea) auf Kreta, von wo aus sich ihr guter Ruf in Griechenland verbreitet haben soll. Im antiken Griechenland war die Quitte die heilige Frucht der Aphrodite (Venus), der viele duftende Pflanzen geweiht waren. Sie prangte folgerichtig sogar auf einer Münze der Kykladeninsel Milos, wo sich ja auch das berühmte Kultbild der Göttin findet. Die Quitte galt als Symbol für Liebe, Fruchtbarkeit (wegen der relativ zahlreichen Kerne), Klugheit, Glück und langes Leben. Nach Aussagen arabischer Ärzte galt im Mittelalter der Genuss von Quitten während der Schwangerschaft als Garantie für kluge, schöne Kinder. Im 6. Jh. vor Chr. erließ der Athener Solon ein Gesetz, bei dem die Braut, bevor sie das Brautgemach betritt, ein Stück Quitte kauen solle. Plutarch deutete dieses Ritual später als Symbol der Zwiespältigkeit in der Ehe: Vorgeschmack der Freuden (süßer Duft) und gleichzeitig der Leiden (herber, zusammenziehender Beigeschmack). Vielleicht ging es dabei aber auch nur um einen angenehmen Mundgeruch. Bei den Römern wurden Quitten wegen ihres Duftes in den Empfangsräumen ausgelegt, später legte man gerne Quittenfrüchte zwischen die Wäsche. Die Liebes- und Fruchtbarkeitssymbolik hielt sich bis ins europäische Mittelalter mit ähnlichen Ritualen. Eine Schachtel mit Quittensüßigkeiten galt noch im viktorianischen England als Geschenk, um ernste Heiratsabsichten auszudrücken. In Dalmatien und Griechenland durfte die Quitte auf der Hochzeitstafel nicht fehlen.

Die Quitte wurde in der Symbolik zum Teil durch den Apfel ersetzt, wovon sie in antiken griechischen und römischen Schriften oft auch nicht eindeutig zu trennen ist. Dort wurde häufig die Bezeichnung melon bzw. malum verwendet, was ohne Zusatz schlicht "runde Frucht" bedeutet. Aus dem Zusammenhang (Hinweise zum Wohlgeruch, gerippte Frucht, flaumiger Belag, goldene Farbe) kann man dann allerdings eindeutig auf die Quitte schließen. Dies trifft sicherlich auf die Äpfel der Hesperiden und den goldenen Apfel des Paris aus der griechischen Sagenwelt zu, den er für die schöne Helena als Preisgeld der Göttin Aphrodite überreichte. Aphrodite selbst verhalf wiederum Hippomenes bei einem Wettlauf zum Sieg über Atalante, indem sie goldene Äpfel (Quitten) über die Laufstrecke rollen ließ, denen Atalante nicht widerstehen konnte.

Gegessen wurden Quitten gekocht, gebraten, in Wein oder Honig eingelegt. Zu Lebzeiten von Galen kam Quittenmus (meloplacunta, bzw. marmeleiro abgeleitet von malomellum=Honigapfel) aus Spanien und Portugal nach Rom. Im Laufe der Jahrhunderte wurde daraus unser Wort Marmelade. Quittenmarmelade, sowie in Honig oder Wein eingelegte Quitten galten auf den portugiesischen Entdeckerfahrten des 15. u. 16. Jh., aber auch später als ideales Mittel gegen Skorbut. Quitten wurden zu Gelee, aber auch zu diversen anderen erlesenen Süßigkeiten verarbeitet (Quittenbrot oder das berühmte Cotignac d‘Orleans), das in Formen gegossen wurde, zum Teil mit vergoldeten Wappen oder Sprüchen verziert und in kunstvollen Spanschachteln verschickt wurde. So berichtet es auch Nostradamus, von dem einige Quittenrezepte überliefert sind, wie z.B. das folgende: "Einen durchsichtigen Quittensaft zu machen ... ist teurer, aber wer seiner bedarf für Fürsten und große Herren, der dürfte keinen anderen machen...Nimm 12 oder 14 Quitten, schäle sie fein und auf das zarteste, zerschneide sie ... und tue die Körner gründlich heraus. Laß sie in einem gut Teil Wasser sieden... tue drei oder 4 Pfund Zucker hinein...Treibe sie durch ein sauberes, weißes Leinentuch, drücke sie nicht aus. Laß das so Gesottene in einer Pfanne über einem sanften Kohlenfeuer sieden und beschaue es oft mit einem silbernen Löffel... ob es gekocht ist und gut zusammengeronnen.... Denn es wird bald fest und bekommt ein gutes Aussehen und läßt sich wie Gelee von eingemachten Kalbsfüßen schneiden. Dann tue es in Laden, Schachteln oder gläserne Schalen und gieße Wappen oder großer Herren Sprüche hinein, wie du es für gut hältst..." Nostradamus warnt vor rotfärbenden Zusätzen, wie z.B. Sandelholz, da durch solches "Narrenwerk" der Saft anbrenne und "ganz und gar verderbe". Auch Goethe ließ sich von seiner Mutter roten und weißen Quittenkonfekt schicken; entsprechende Rezepte durften bis ins 18. Jh. in keinem Kochbuch fehlen!

Seit der Antike bis in die frühe Neuzeit hinein galt die Quitte unter allen bekannten Früchten als das Heilmittel; sie wurde sogar als "Apotheke für arme Leute" verehrt (Hieronymus Bock 1539). Noch in einem Lexikon des 18. Jhdt. heißt es: "Das Quittenbrod ist nicht nur für Leckermäuler, sondern es hat auch seinen Nutzen in der Artzney: indem es stärcket und anhält, daher es bey dem Erbrechen, der rothen Ruhr und im Durchlaufe mit Nutzen gegeben wird."

Fast alle Teile des Quittenbaums fanden Verwendung, hauptsächlich aber die Frucht. Das erste Zeugnis der Heilkraft der Quitten findet sich im 5. Jh. v.Chr. bei Hippokrates, der sie gegen Durchfall und Fieber empfahl. Dioskorides beschreibt diverse Heilmittel aus Quitten. Vor allem bei Magenbeschwerden empfiehlt er rohe, gekochte oder in Honig eingelegte Quitten, sowie gesüßten Quittenwein. Er beschreibt ein aus Quitten bereitetes adstringierendes Salböl und verwendet Umschläge aus den Blüten bei Augenentzündungen. Weitere Indikationen waren Cholera, Blutsturz und übermäßige Menstruation. Plinius kennt insgesamt 21 Anwendungsgebiete und fügt dem noch einige Wunderheilkräfte hinzu, so können Quitten in Wein gekocht und mit Wachs aufgestrichen auf Glatzen das Haar wieder hervorrufen. Auch Galen, der Leibarzt Marc Aurels, hielt von Quittenarzneien mehr als von denen aus "anderen Äpfeln". Hildegard von Bingen schreibt über die Früchte des Cutinboums als nützliche Arznei bei gichtisch-rheumatischen Beschwerden. Bekannt ist die sog. Latwerge, ein Quittengelee, das lange als reinigende und abführende Medizin eingesetzt wurde; nach Bedarf konnten noch weitere wirksame pflanzliche Stoffe hinzugefügt werden. "Diese Quittengallerte führet die Galle und den Schleim aus, und kann denjenigen Leckermäulern verordnet werden, welche nicht gerne Artzneyen nehmen...." Interessant ist, dass die Quitte ähnlich auch in der chinesischen Heilkunde eingesetzt wurde, wie von LI Shizen im 16.Jh. beschrieben.

Seit der Antike bis ins 18. Jh. wurde dem Duft der Quitte große Kraft zugesprochen: "Vermöge ihres Geruchs vernichten sie die Kräfte und Eigenschaften aller gifftigen Sachen." In der christlichen Deutung wurde die Quitte wegen dieses Duftes und der goldenen, "göttlichen" Farbe Maria zugeordnet, und dem Jesuskind, das sie auf vielen Bildern in der Hand hält. Sie war damit auch Symbol für Erlösung und Heil.

Natürlich sollte die Quitte auch magische Eigenschaften besitzen. Sie wurde vor allem bei Liebeszaubern eingesetzt, und einen kranken Quittenbaum konnte man heilen, indem man eine ungerade Zahl Quitten unter seinen Wurzeln vergrub.

Die medizinische Verwendung des aus den Samen gewonnenen Schleims wurde erst durch die Araber in Europa bekannt; bis Anfang des 20. Jh.s wurde dieser aber beispielsweise auch als Haarfestiger und als Bindemittel für Speiseeis genutzt.
 

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Heutige Bedeutung und Verwendung

Der hohe Pektingehalt der Früchte wirkt auf die Reinigung des Darms, indem er Bakteriengifte, Gallensäure, Schwermetalle und radioaktive Elemente bindet.

Quittenschalen und Blätter enthalten verschiedene Flavonolglycoside, z.B. Quercetin, das antikanzerogene, entzündungshemmende und krampflösende Eigenschaften haben soll. Desweiteren finden sich Vitamin B und C und Carotin, sowie verschiedene Mineralstoffe.

In Früchten und Blättern sind zum Teil größere Mengen Gerbstoffe und Tannine enthalten, die antibiotisch und entzündungshemmend wirken. Die adstringierenden Substanzen der rohen Frucht wirken beruhigend auf Magen und Darm. Die ölhaltigen Quittensamen enthalten soviel Schleimstoffe, dass sie das 40-fache ihres Gewichtes an Wasser aufnehmen können. Im Iran wurde dieser Schleim bis in jüngere Zeit industriell für kosmetische und medizinische Zwecke hergestellt. In heutigen Naturkosmetikbüchern findet man z.B. Kuren mit Quittenpasten bei trockener Haut. Der Schleim der Kerne wird in der Volksmedizin bei Augenentzündungen gebraucht. Für rissige Haut und Lippen dient er als fettfreie Salbengrundlage. Beschrieben sind auch innerliche Anwendungen als Fieber- und Entzündungsmittel. Getrocknete Quittenkerne können bei Halsschmerzen und Husten einfach gelutscht werden. Der intensive Quittenduft besteht zum größten Teil aus Estern im Öl der Quittenschalen. 150 flüchtige Verbindungen sind daran beteiligt, weit mehr als bei Äpfeln und Birnen.

Um Quitten zu kaufen, muss man sich in Deutschland mittlerweile in Feinkostläden oder türkische und griechische Geschäfte begeben. In privaten Gärten findet man vereinzelte Quittenbäume, deren Früchte meist zu Gelee verarbeitet werden. Die Bedeutung als besondere Süßigkeit ist, außer in südlichen Ländern, stark zurückgegangen.

Der wohl kämpferischste Aufruf, die Quitte auch bei uns wieder zu etablieren, stammt von Max Goldt aus "Quitten für die Menschen zwischen Emden und Zittau": "Quittenpaste hat ebenso wie Quittengelee meist den Nachteil, Unmengen von Zucker zu enthalten, der den irisierenden Eigengeschmack der Quitte nicht unterstreicht, sondern tötet. Deshalb sollten wir unsere gesamte Kraft dazu verwenden, die Quitte den an Gelierzuckersäcke genagelten Händen unserer Großmütter zu entreißen und in die Sparte des eigenständigen Genussmittels hinein zu emanzipieren!"
 
 

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zuletzt geändert am: 25.XII.2001