Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
diptamnum |
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Dictamnus albus L. | Rutaceae |
|
Der 40-80 cm hohe Diptam wächst aufrecht mit meist unverzweigtem,
drüsenreichem Stängel. Er ist der einzige auch in Mitteleuropa
einheimische Vertreter der Familie der Rautengewächse und hat sein
natürliches Vorkommen in warmen, sonnigen, lichten Laubwäldern
und entlang von Waldsäumen der Kalkgebiete des südlichen Europa
bis nach Asien hinein. In Deutschland kommt Diptam wildwachsend in Rheinland-Pfalz,
Baden-Württemberg und im nördlichen Bayern vor und steht unter
Naturschutz. Die Staude ist frosthart und wächst in Kultur in lockerer,
trockener, mäßig nährstoffreicher Erde in der vollen Sonne
wie im Halbschatten.
Der Diptam hat unpaarig gefiederte, ledrige Blätter, die nach Zitrone
duften (die Weinraute und die eigentlichen Zitronen gehören zur selben
Pflanzenfamilie!). Die 7-11 Teilblättchen sind am Rand fein gesägt.
Sie gleichen den Fiederblättern einer Esche, worauf der franz. Gattungsname
"fraxinelle" Bezug nimmt. Im Frühsommer trägt er in großen
Trauben stehende weiße oder rosa Blüten mit violetter Aderung.
Von den fünf Blütenblättern weist eines nach unten. Die
langen violetten Staubblätter ragen gebogen aus der Blüte heraus.
Die Frucht ist eine sternförmige, fünfgliedrige Kapsel, die mit
vielen drüsenköpfigen Härchen besetzt ist. Die Samen sind
schwarzglänzend und rundlich. Die Staude besitzt einen weißen,
waagerecht kriechenden Wurzelstock.
Diptam zählt zu den Giftpflanzen. Alle Pflanzenteile können
bei Genuss zumindest zu Magenverstimmung führen. Nachgewiesen und
zu beachten ist auch, dass der Saft der Blätter auf der Haut unter
Einwirkung des Sonnenlicht photoallergische Reaktionen hervorruft.
Geschichte
Der latinisierte Name dictamnus bedeutet Strauch (thamnos)
vom Berg Dicte, der auf Kreta liegt. Dort wurde die Pflanze in der Antike
sehr verehrt, weil man ihr wundersame Heilkräfte zuschrieb. Mit ihr
heilte Aphrodite die Wunden des trojanischen Helden Aeneas und man glaubte,
von Giftpfeilen getroffene Bergziegen fraßen von dieser Pflanze,
woraufhin die Pfeile aus ihren Körpern fielen und die Wunden verheilten.
Jedoch handelt es sich dabei nicht um Diptam, sondern um einen ähnlich
riechenden, kretischen Dost (Origanum dictamnus). Der Artname albus
kommt von der weißen Wurzel des Diptam. Darauf nehmen auch deutsche
Namen wie Weißwurz, Elfenbeinwurzel, oder Todtenbein Bezug. Feuerpflanze
oder Blitzblumm nehmen Bezug auf die immer wieder nachgesagte Selbstentzündung
der Pflanze. Aufgrund der Ähnlichkeit der Blätter mit der Esche
spricht Tabernamontanus von der "Aeschwurz", nennt aber auch den Namen
"Bockwurz", den Dioskorides ebenfalls gebraucht. Er erklärt: Der Blüten
"Geruch ist süß, lieblich, wie ein wohlriechender Zimmet, aber
die Wurtzel ist eines starken Geruchs, fast wie ein Bock." Bezeichnenderweise
übertrug dann auf diese heimische Pflanze Hieronymus Bock den Namen
dictamnus.
Eine ganze Reihe von innerlichen und äußerlichen Anwendungen
des Diptam beschreibt Tabernaemontanus: Aus dem Saft der Wurzel stellte
man ein Wundheilmittel her; mit dem Rauch der glimmenden Wurzel sollten
sich Frauen behandeln, wenn sie die Periodenblutung einleiten wollten.
Aufgrund der zusammenziehenden Wirkung auf die Gebärmutter wurde Diptam
als ein geburtsförderndes Mittel angewandt, das auch die Austreibung
der Nachgeburt beschleunigte, jedoch in falscher Dosierung Fehlgeburten
auslöste. Bei Kopfschmerzen sollte man Diptamwasser durch die Nase
einziehen; dieses verhelfe auch zu einer reinen Haut. Das Öl aus den
Blüten in Umschlägen aufgelegt half gegen das bekannte Zipperlein
(Gicht). Innerlich wurden Blüten- Samen- und Wurzel-Auszüge außerdem
gegen Fallsucht, Würmer, Bauchschmerzen und Schlangenstiche eingesetzt.
Tabernaemontanus empfahl abschließend den Diptam als Zutat für
den viel gerühmten Theriak, einen Heil- und Zaubertrunk, der im gesamten
Mittelalter bis in die Neuzeit eine Rolle gespielt hat und schlussendlich
sogar als Heilmittel gegen die Pest galt. Heute findet er seinen Nachklang
im Schwedentrunk und den Schwedenkräutern. In der chinesischen Medizin
wurde Diptam um 600 n.Chr. beschrieben als Mittel gegen pathogene Hitzewallungen.
Hildegard von Bingen behandelte mit zermörsertem Diptam Herzbeschwerden
und den Stein, der "von fetter Natur im Mensch" wächst, also offenbar
Gallensteine. Gegen Epilepsie wurde Diptam in Kombination mit Mistel und
Paeonie verwendet.
Blätter, Samen und Wurzel enthalten duftende etherische Öle.
Aufgrund dieses hohen Gehalts an leicht flüchtigen Ölen hält
sich daher hartnäckig das Gerücht, der Diptam entzünde sich
bei heißem Wetter selbst, worauf sowohl der niederländische
Name "Vuurwerkplant" als auch der engl. "burningbush" verweisen. Ein Zusammenhang
mit dem in der Bibel erwähnten brennenden Dornbusch lässt sich
allerdings nicht herstellen und J. Dahl berichtet von seinem jahrelangem
Bemühen bei sommerlicher Hitze die Pflanze zu entzünden, was
ihm allerdings nie gelang.
Heutige Bedeutung und Verwendung
Diptam enthält neben den etherischen Ölen Saponine und Bitterstoffe,
sowie Cumarin und Alkaloide, z.B. Dictamnin und Fagarin. Verantwortlich
für die Photoreaktion ist das Bergapten.
Als Heilwirkung werden allgemein fungizide, bakterizide und fiebersenkende
Eigenschaften beschrieben. In der Schulmedizin wird der Diptam heute aber
nicht mehr verwendet. In der Volksmedizin werden Zubereitungen der Wurzel
als schleimlösendes Mittel, sowie bei Magenkrämpfen und Nierenerkrankungen
eingesetzt. Tinkturen mit den etherischen Ölen werden zum Einreiben
bei rheumatischen Beschwerden verwendet. In der Homöopathie werden
die frischen Blätter bei Gebärmutter- und Menstruationsbeschwerden
verwendet. Traditionell wurde (und wird) die Pflanze zum Aromatisieren
von Likören und in Sibirien zur Herstellung eines Tees gebraucht.
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zuletzt geändert am: 21.XII.2001