Name im Capitulare  Nr. Botanischer Name Familie
cardones
66a
Dipsacus sativus (L.) Scholl. Dipsacaceae

 
 
 Weberkarde
deutscher Name 
 Weverskaarde
niederländischer Name 
 chardon à foulon
französischer Name 
 fuller´s teasel
englischer Name 

 
Beschreibung

Geschichte

 Verwendung

 
Botanische Beschreibung der Art

Karden kommen in 15 zwei- oder mehrjährigen, frostharten Arten in Europa, Nordafrika und den gemäßigten Zonen Asiens vor. Sie sind die typischen Vertreter, die der ganzen Familie den Namen geben. Sie wachsen auf durchlässigen, mäßig fruchtbaren Böden in der Sonne oder im leichten Schatten, in Unkrautbeständen an Wegen, Schuttplätzen, Dämmen etc. und verbreiten sich rasch durch Aussaat.

Die Karden besitzen kräftige Stängel, die sich erst oben verzweigen, rauhe, stachelige, gegenständige Blätter und - besonders typisch! - langstielige aufrechte meist walzenförmige Blütenköpfchen, an deren Basis sich ein Kreis langer dorniger Hoch- oder Hüllblätter befindet. Die Blüten selbst sind klein, weiss, rosa oder purpurrot bis lila, haben jede ein eigenes langausgezogenes Spreublatt und öffnen sich nacheinander von der Basis her.

Dipsacus sativus wird heute als Unterart von Dipsacus fullonum aufgefasst und ist bei uns als Kulturpflanze bekannt. Wild kommt sie nur im westlichen Mittelmeerraum vor. Fachleute meinen, sie stamme von Dipsacus ferox ab. In den Merkmalen ähnelt D. sativus stark D. fullonum, die daher im folgenden genauer beschrieben wird.
D. fullonum (anderer Name: D. sylvestris) wächst in Europa und Westasien auf etwas steinigen kalk- und stickstoffhaltigen Böden in Unkrautbeständen, auf frischfeuchten Ruderalstellen, in Auwäldern und an Böschungen bis auf eine Höhe von 1000 m. Aus einer Rosette von 30 cm langen, spitzen, am Rand kurz bewimperten Blättern, die bei Beginn der Blüte vertrocknen, wächst ein bis zu 2 m hoher, aufrechter im oberen Teil verzweigter Stängel. Er ist kantig gerillt, und auf den Kanten unregelmäßig mit 1-5 mm langen Stacheln besetzt. Die Stängelblätter sind kürzer, ungeteilt, am Rand kahl oder zerstreut stachelig. Sie stehen sich gegenüber und sind am Grunde paarweise tütenförmig miteinander verwachsen, so dass sie kleine Wasserreservoirs ausbilden. Der Hauptnerv dieser Blätter ist an der Unterseite mit Stacheln besetzt. Im Spätsommer wachsen aus den oberen Blattachseln an langen stacheligen Stielen 3-10 cm lange und 2,5-4,5 cm breite Blütenähren in konischer, walzlicher oder später auch zylindrischer Form. Die Blütenköpfchen sitzen auf schmal lanzettlich bis schmal linealen, ungleich großen, bogig aufgerichteten Hüllblättern, von  denen die längeren die Ähren überragen. Die kleinen hellvioletten Blütchen haben vier etwa gleich lange Blütenblätter. Ihr Kelch ist röhrig, vierkantig und mit den benachbarten Kelchen wabenartig verwachsen. Jede Blüte sitzt auf einem kleinen nach oben gebogenen, elastischen Hoch- oder Spreublatt, das in einen Stachel ausläuft. Die Blüten in der Köpfchenmitte öffnen sich als erste. Danach schiebt sich die Zone der geöffneten Blüten gleichmäßig nach oben und nach unten woraus dann zwei Ringe offener Blüten resultieren. Die Bestäubung erfolgt durch Hummeln, Bienen und Fliegen. Die Frucht ist ein kleines Nüsschen. In der Fruchtverbreitung zählt die Karde zu den Tierballisten, d.h. die Versteifung bzw. die hakenförmige Verlängerung der Tragblätter und der distelartige federnde Bau der Pflanze machen es möglich, dass die Nussfrüchte beim Vorbeistreifen von Tieren hinauskatapultiert werden. Der abgestorbene Stängel mit den leeren Blütenständen bleibt den ganzen Winter über stehen.

Dipsacus sativus ist genauso wie Dipsacus fullonum zweijährig. Die Weberkarde unterscheidet sich von der wilden Karde nur dadurch, dass die Hüllblätter bei letzterer nach oben gebogen sind wohingegen sie bei ihr waagerecht abstehen und die kleinen Spreublätter bei den einzelnen Blüten breiter, kürzer, starr, unbiegsam und an der Spitze nach rückwärts gekrümmt sind. Letzteres Merkmal machte Dipsacus sativus für den Menschen nützlich.
 

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Geschichte

Der Name Dipsacus lässt sich etymologisch aus dem gr. "dipsa" = Durst ableiten. Damit nimmt er Bezug auf den Wanderer, der seinen Durst mit dem Wasser aus den Reservoirs in den Blattachseln löschen kann. Dioskorides nennt Dipsacus wegen des Wassers auch "Labrum Veneris" = Venusbad. Es herrschte der Glaube, dass Mädchen, die sich mit diesem Wasser waschen, besonders schön werden. Ebenso glaubte man aber auch, das Wasser sei sehr wohltuend für die Augen.

Dioskorides weiß noch um andere heilsame Wirkungen der Karde. So sollte man die Wurzeln in Wein sieden und dann zerstoßen, bis eine dicke Paste wie Wachs entsteht, die gut gegen Schrunden und Fisteln am Hintern sei (Fisteln sind abnorme kanalartige Verbindungen zwischen einem inneren Organ und der Körperoberfläche). Diese Paste, in kupfernen Büchsen gehalten, vertriebe auch Warzen. Darüber hinaus berichtet Dioskorides, gäbe es in den Blütenköpfen kleine "würmelin", die, in Blasen gebunden an Hals oder Arm gehängt, gut seien gegen das viertägige Fieber.

Mit den trockenen Fruchtständen der Weberkarde hat man früher Wollgewebe "gekrempelt", d.h. den Wollstoff gekämmt und dabei die Haare "aufgekratzt". Heute wendet man diese Methode nur noch bei der Herstellung von Filz für Billiardtische an. Wegen einer ähnlichen Verwendung zum "Hecheln" des Leins (Aufspalten der zusammenhängenden und Auskämmen der kürzeren Fasern bevor sie versponnen werden) dürfte die Weberkarde als Utensil für die Leinenweberei in die Pflanzenliste des Capitulare aufgenommen worden sein.
 

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Heutige Bedeutung und Verwendung

Eine gewisse Verwendung finden Karden heute noch bei den Landschaftsgärtnern, die sie wegen ihres statuenhaften Erscheinungsbildes in Gärten und Parks einsetzen und bei Floristen, die sie in Trockensträuße mit einbinden.

Die therapeutische Anwendung von Karden ist umstritten. Sie enthalten Inulin, Bitterstoffe, Saponine, organische Säuren und das Glykosid Scabiosid, das aber noch nicht näher erforscht ist. Eine genauere Untersuchung der Wirkung könnte durchaus lohnend sein, denn die meist aus den Wurzeln gewonnenen Stoffe gelten als harn- und schweißtreibend, magenberuhigend und verdauungsfördernd, gut gegen Durchfall, adstringierend und hilfreich bei Gelbsucht und bei Gallenbeschwerden.

In der Volksheilkunde gilt Dipsacus fullonum als wohltuend bei Fissuren (Rissen) und Rhagaden (Schrunden). Aus ihnen wird eine Heiltinktur zur Behandlung von Hautkrankheiten hergestellt.
 

 
 


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zuletzt geändert am: 3.XI.2002