Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
fenicolum |
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Foeniculum vulgare L. | Apiaceae |
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Der Fenchel, eine feinblättrige (zwei-) bis mehrjährige Pflanze aus der Familie der Doldengewächse, wird 80 bis 150 cm hoch und verströmt vor allem, wenn man die Samen oder die feinen Blätter zerreibt, den intensiven typischen Fenchelgeruch. Er stammt wahrscheinlich aus dem östlichen Mittelmeerraum. Die heute in mehrere Varietäten gegliederte Art ist von Südeuropa bis Westasien heimisch und wird in mehreren Kultursorten weithin angebaut. Fenchel benötigt trockenen, nährstoffreichen Lehm- oder Lößboden in Lagen mit sommerwarmem Klima. Als Gewürz- und Gemüsepflanze verwildert er gelegentlich und ist dann selten und unbeständig auf gartennahem Ödland anzutreffen.
Der Stängel wächst aus einer spindelförmigen dünnen Wurzel aufrecht hoch, ist gerillt, innen markig ausgefüllt und mindestens im oberen Drittel bläulich bereift. Die Blätter stehen grundsätzlich wechselständig, wobei die Knoten unten enger aufeinander folgen als im oberen Teil des Stängels. Die grundständigen Blätter umfassen mit ihren basalen Blattscheiden zwiebelartig den spindelförmigen Spross. Beim Gemüsefenchel verdicken sich diese, werden fleischig und bilden eine bis 10 cm dicke und etwa 15 cm lange Zwiebel. Die grundständigen Blätter sind 2-3 fach gefiedert mit fein zerteilten, 3-7 cm langen und kaum 1 mm breiten Zipfeln. Der Fiedergrad und die Länge der Zipfel nimmt bei den oberen Blättern kontinuierlich ab. Diese von der Basis zur Spitze des Stängels sogenannte "kontinuierlich fortschreitende Metamorphose" der Blätter lässt sich bei fast allen Doldengewächsen beobachten.
Der Fenchel blüht im Juli-August. An den Enden der Haupt- und Seitentriebe stehen 4-20 Dolden. Diese setzen sich aus Teilblütenständen 1. und 2. Ordnung (Dolden in der Dolde!) zusammen. Hüllblätter der Dolden 1. Ordnung und sogenannte Hüllchenblätter der Dolden 2. Ordnung fehlen. Die Dolden bilden keinen gleichmäßig geformten Schirm, sondern wegen unterschiedlicher Längen der Doldenstrahlen überdecken sie sich gegenseitig in mehreren Etagen. Die im Durchmesser 2,5 mm großen Blüten sind gelb und besitzen fünf breit-eiförmige bis rundliche Kronblätter. Aufgrund starker Nektarabsonderungen ist der Fenchel eine gute Bienenweide. Im September/Oktober reifen die zweisamigen Spaltfrüchte, die 0,5-1 cm lang und im Durchmesser um 2 mm von ovalem bis rundlichem Querschnitt sind. Der Länge nach ziehen sich über die Samen die sogenannten Ölstriemen, Drüsengänge in der Schale der Samen, die etherisches Öl enthalten.
Die Wachsbeschichtung, die die bläulich bereifte Färbung der oberen Stängelpartien verursacht, und die feine Zerteilung der Blätter sind Anpassungen an warmes und trockenes Klima. Durch die vielen Zuchtformen variiert der Fenchel in der Gestalt sehr stark, aber immer sind die Triebe kahl, unten hellgrün, oben blaugrün werden, immer sind die Blätter in sehr viele feine und weiche Fiedern zerteilt, immer sind die Blüten gelb und immer stehen sie in reichblütigen Dolden nebeneinander.
Geschichte
Älteste Nachrichten über die Verwendung des Fenchels stammen um 3000 v.Chr. aus dem Zweistromland. Die Ägypter kannten die Pflanze gut, bauten sie aber wohl nicht an. Die Griechen scheinen den Fenchel kultiviert zu haben, denn sein griech. Name marathon soll sich von den Fenchelfeldern des attischen Ortes Marathon, wo Miltiades in der legendären Schlacht 490 v.Chr. die Perser besiegte, herleiten. Fenchel galt als Symbol für Erfolg. Demosthenes berichtet, dass bei den Feiern des Dionysos-Kultes und bei anderen attischen Mysterienspielen Fenchelkränze getragen wurden. Die Römer schätzten den Fenchel sehr und nahmen ihn wohl unabhängig von den Griechen in Kultur, denn Plinius bezeichnet ihn als foeniculum, was wohl darauf zurückgeht, dass sein getrocknetes Kraut wie Heu (lat. foenum) aussieht. Sie kultivierten bereits mehrere Sorten und verbreiteten ihn bis an die Grenzen ihres Imperiums, wie römerzeitliche Fruchtfunde in Xanten beweisen. Sie verwendeten ihn als Gewürz zu fast allen Gerichten vom Essig bis zum Brot und von eingemachten Oliven bis hin zu Fleischbrühen und Wildpret. Dioskorides schreibt: "Das Fenchel Kraut gessen / oder sein Same ... oder Brüh getruncken / erfüllet den Frawen die Brüst mit Milch. ... ist gut wider die Gebrechen der Nieren unnd Blasen / dieweil sie nemblich den Harn treibet ... Mit kaltem Wasser getruncken sänfftiget er den Unwillen und die Hitze deß Magens / in den Febern." Der aus Stängel und Blättern gepresste Saft galt und gilt, obwohl die medizinische Wirkung unklar ist, als Mittel gegen Sehschwäche. Eine interessante Praktik berichtet Dioskorides aus Hispanien, wo man einen gummiähnlichen Saft aus den abgeschnittenen Blütentrieben gewinnt, der sehr viel wirksamer und kräftiger sei als der gepresste Saft. Hildegard von Bingen empfiehlt den Fenchel ohne Einschränkung bei Magen-, Verdauungsproblemen und für klares Sehen. Im frühen Mittelalter galt der Fenchel allgemein als ein Mittel gegen Hexerei. Zusammenfassend singt Walahfried Strabo in seinem Gartengedicht Hortulus folgendes Loblied auf den Fenchel: "Auch die Ehre des Fenchels sei hier nicht verschwiegen; er hebt sich / Kräftig im Sproß, und er strecket zur Seite die Arme der Zweige, / Ziemlich süß von Geschmack und süßen Geruches desgleichen. / Nützen soll er den Augen, wenn Schatten sie trübend befallen, / Und sein Same, mit der Milch einer Mutterziege getrunken, / Lockre, so sagt man, die Blähung des Magens und fördere lösend / Alsbald den zaudernden Gang der lange verstopften Verdauung. / Ferner vertreibt die Wurzel des Fenchels, vermischt mit dem Weine, / Trank des Lenaeus, und so genossen, den keuchenden Husten." Aus den deutschen Pflanzensagen bemerkt von Perger, dass Fenchel den kreißenden Frauen helfe und "Jäger haben beobachtet, dass sich die Hirschkühe damit purgiren, bevor sie ihre Jungen zur Welt bringen."
Heutige Bedeutung und Verwendung
Vor allem die Samen des Fenchels enthalten etherisches Öl, das etwa zu 80 % aus Anethol, ferner Fenchon und Methylchavicol besteht. Dazu kommen Flavonoide, Cumarine und Sterine. Varietäten von Foeniculum vulgare ssp. vulgare sind die var. dulce (Römischer Fenchel, Gewürzfenchel), die var. vulgare (Wilder Fenchel, Bitterfenchel) und die var. azoricum (Gemüse- oder Zwiebelfenchel). Medizinisch interessant sind die beiden ersten Varietäten. Hier ein Kulturtip für den Gemüsefenchel: Die zwiebelartigen Verdickungen an der Basis des Sprosses bleiben zart und hell, weil sie kein Chlorophyll einlagern, wenn man sie wie bei Kartoffeln üblich leicht anhäufelt. Insgesamt unterscheidet man 4 Fenchelöle von unterschiedlicher Zusammensetzung: Bitterfenchelöl mit 50-75 % trans-Anethol, Süßfenchelöl mit 80-90 % trans-Anethol, Anetholfreies Öl gewonnen aus dem Bitterfenchel und Australisches Wildfenchelöl mit 10-20 % trans-Anethol. Die medizinische Wirkung ist immer darauf zurückzuführen, dass Fenchel Verkrampfungen löst und beruhigend wirkt. Wie bei Anis und Kümmel ist ein Aufguss aus Samen ein vorzügliches Mittel die Verdauung zu normalisieren und Völlegefühl zu vermindern. Der Fenchelsamenaufguss ist ein geeignetes Gurgelmittel und wirkt leicht auswurffördernd. In der Volksmedizin wird Fenchel auch zur Stimulation der Milchsekretion eingesetzt. Zahnenden oder unter Koliken leidenden Säuglingen wird noch heute mit Fencheltee, Sirup oder Fenchelhonig geholfen. Seit langem stehen die Samen in dem Ruf, zu Gewichtsverlust(!) und Langlebigkeit beizutragen. Fenchelsamen sind aber potentiell giftig! Die empfohlene Dosis von 7,5 g Droge pro Tag darf nicht überschritten werden. Das reine, isolierte etherische Öl darf nicht innerlich angewendet werden.
Das aus den Samen gewonnene Anethol wird industriell in Bonbons, Zahncremes, Seifen, Backwaren, Wurst, Süßwaren und Likören verwendet. In der Verwendung des Fenchels zeigen sich von Norden nach Süden Unterschiede. Im Norden ist er Bestandteil der Hamburger Aalsuppe. Im Süden ist er allgemein beliebter und wird z.B. in Thüringen, Bayern und Tirol häufig als Brotgewürz verwendet. Mit Blättern und Samen würzt man Gemüse genauso wie Salat und gibt die Früchte an Mixed Pickles. Bis heute aber sind in Fortsetzung der römischen Tradition die Italiener die wahren Liebhaber und meisterlichen Züchter des "finocchio" geblieben. Finocchio forte ist der wilde Fenchel der Alten, der aber nicht nur medizinisch verwendet wird, sondern in Italien auch in der Füllung von Spanferkeln und Kaninchen zu finden ist. Finocchio d`asino, Eselsfenchel, hat besonders scharf schmeckende Früchte. Finocchio dolce ist der mild schmeckende Gewürzfenchel. Finocchini ist in Italien der Name für den eigentlichen Gemüsefenchel, der aber süß oder herb schmecken kann, je nachdem ob er aus finocchio dolce oder finocchio forte gezüchtet ist, woran man wiederum erkennt, dass Feinheiten die Kunst und den kleinen Unterschied ausmachen.
Dementsprechend wird Fenchel in der Küche in vielen Varianten verwendet. Eines sollte man aber immer beachten: ihn kräftig zu würzen, weil er sonst fade schmeckt. Hier zwei Rezepte:
Fenchel mit Käse überbacken
Fenchel in Scheiben schneiden und in Weißwein und Fleischbrühe mit einer Prise Muskat und Salz 10 Min. kochen. Dann die Brühe mit Speisestärke binden und kräftig abschmecken. Die Fenchelscheiben in eine eingefettete, feuerfeste Form geben. Gehackte Petersilie in die Soße mischen und über den Fenchel geben. Käse mit Butterflöckchen darüber schichten und im vorgeheizten Ofen 20 Min. bei 220 Grad überbacken. Fenchelsalat mit Schinken
Fenchelknollen in dicke Scheiben schneiden und würfeln und in eine Schüssel geben. Weinessig darüber gießen und mit Salz, Knoblauchsalz und Pfeffer stark würzen. Öl darüber gießen, mischen und in eine saubere Salatschüssel geben. Schinken in Scheiben schneiden und über den Fenchel streuen. Geschälte, entkernte und in Scheiben geschnittene Äpfel darüber schichten. Zum Schluss Mandarinen auflegen. Den Salat servieren und am Tisch mischen. Der Salat kann als Appetitanreger vor dem Essen oder zum Abendbrot gegessen werden.
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zuletzt geändert am: 10.XI.2001