Name im Capitulare Nr. Botanischer Name Familie
lilium 
1b
Lilium candidum L. Liliaceae
 
 
 Madonnenlilie
deutscher Name 
 Witte lelie
niederländischer Name 
 lis de Constantinople
französischer Name 
 madonna lily
englischer Name 
 
Beschreibung
 
Geschichte
 
 Verwendung
 

Botanische Beschreibung der Art

Die Madonnenlilie mit ihren weißen, trompetenförmigen Blüten ist die klassische Lilie und namensgebend für die ganze Familie. Sie ist ausdauernd und verfügt über eine sehr charakteristische "Schuppenzwiebel", in deren dicklichen Schuppenblättern sie Nährstoffe speichert. Sie stammt aus dem östlichen Mittelmeergebiet und wächst auf neutralem bis kalkhaltigem Boden. Sie ist bei uns nur aus Kultur bekannt, ihre wilden Schwestern sind Türkenbund und Feuerlilie.

Im Herbst treibt die Madonnenlilie eine Rosette grundständiger, breiter, verkehrt lanzettlicher bis 22 cm langer, glänzender, hellgrüner Blätter, mit denen sie den Winter überdauert. Die basalen Teile dieser Blätter speichern Nährstoffe. Im Frühjahr schiebt dann aus der Zwiebel, die sich aus den Speicherblättern zusammensetzt, ein bis 1,5 m steif aufrechter Blütenspross, an dem kleine bis 8 cm lange, spiralig angeordnete oft etwas gebogene Blätter sitzen. Dieser entfaltet im Hochsommer eine mit 5 – 20 duftenden, breit trompetenförmigen Blüten besetzte Traube. Die 5 – 8 cm langen Blüten haben zwei mal drei reinweiße, an der Basis blaßgelbe Kronblätter. Dann folgen drei leuchtend gelbe Staubbeutel, die auf langen weißen Staubfäden (Filamenten) den im Zentrum herausragenden Griffel umgeben. Der Fruchtknoten ist dreiteilig und oberständig (d.h. alle Blütenorgane setzen an seiner Basis an). Nach Blüte und Fruchtbildung zieht die Pflanze für kurze Zeit alle oberirdischen Organe ein und schiebt im Herbst dann wieder eine Rosette mit kräftigen, glänzenden, hellgrünen Blättern, die den Winter überdauern und den neuen Vegetationszyklus einleiten.
 

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Geschichte

"Doch der Lilie Glanz, wie kann in Vers und Gesange / Würdig ihn preisen der nüchterne Klang meiner dürftigen Leier! / Abbild ist ja ihr Glanz von des Schnees leuchtender Reinheit. / Lieblich mahnet ihr Duft an die Blüte saläischer Wälder. / Weder dem Edelgestein an Glanz noch an Duft der Narde unsere Lilie weicht." So besingt Walafrid Strabo, der Abt des Klosters Reichenau um 800 in seinem Lehrgedicht Hortulus die Lilie.

Lilien strahlen mit solch edler und majestätischer Schönheit wie man es außer ihnen nur noch Rosen und dem Lotos zuschreibt. Sie erreichen ein Maß der Schönheit, das als überirdisch wahrgenommen wird und empfinden lässt, das Göttliche zu schauen. Die makellose Textur und feine Glätte der Blütenblätter verglich man in der Antike dem besten parischen Marmor, der aber von ihr übertroffen werde, denn dieser sei tot, die Lilienblüte aber lebe.

Zur arzneilichen Verwendung schreibt Dioskurides: "Lilien Safft auß den Blättern deß Krauts gepresst / mit Essig und Honig in einen Küpffern Kessel oder Pfanne gesotten / gibt ein gute Salben ... wider die alte Geschwer / und auch wider die newe frische Wunden. ...Lilienwurzel gebraten / mit Rosenöl vermischt / heylen die gebranten schäden erweychen die Geburt Glieder / treiben die Monzeit der Frawen / und heylen die Geschwer." Schon Plinius empfahl die Salbe gegen Hautprobleme. Dioskurides speziell gegen Krätze, Räude und Schuppenflechte. Die gleiche Verwendung gegen Hautausschläge nennt Hildegard von Bingen.

Es verwundert nicht, dass ob ihres medizinischen Gebrauchs die Lilie zum Symbol der Reinheit und Unschuld und in christlicher Deutung der Keuschheit wurde. Als der Erzengel Maria verkündet, dass sie erwählt ist, Gottes Sohn zu gebären, hält er in den Händen einen Lilienstengel. Lilien schmückten die Säulen des Tempels Salomons und die Altäre der Juden. Die Waschbecken für die rituelle Reinigung der Priester waren von lilienförmiger Gestalt. Im Hohelied Salomons heißt es: "Wie die Lilie unter Dornen, so ist meine Geliebte ..." Die Susanna der Bibel, die während der Gefangenschaft im sündigen Babel ihre Keuschheit bewahrte, sehen viele als das Vor-bild für die verehrte Unberührtheit der Gottesmutter Maria. Susanna kommt von (hebräisch) Shushan – Lilie. In den Hochkulturen des Orients der Assyrer, Perser, Meder, Ägypter waren Lilien die Symbole des Herrschertums, der Würde und Weis-heit. Szepter waren mit Lilien gekrönt als Zeichen des Rechts, der Ordnung und der Macht. Da man noch heute Lilien bevorzugt an Plätzen in der Nähe alter phönizischer Häfen rund um das Mittelmeer findet, haben wohl diese antiken Seefahrer für ihre Verbreitung gesorgt. Den Römern galt das absolute Weiß der Lilienblüte und das satte Grün ihres Laubes auch als Symbol der Hoffnung. Sie prägten Münzen mit dem Text: "Spes populi romani – Hoffnung des römischen Volkes". Ob sich die Hoffnung auf eine Fortdauer der friedlichen Zeit unter Augustus oder auf einen Thronfolger richtete, ist bis heute strittig. Die Römer bezeichneten die Lilie auch als "Rose der Juno". Die Griechen erzählten nicht ohne Vergnügen folgende Geschichte, dass Aphrodite sich derart über die Ausstrahlung von Reinheit und Unschuld der Lilienblüte geärgert habe, dass sie ihr einen großen, keulenförmigen Stempel einpflanzte, der an den Phallus eines brünstigen Esels erinnert. Vielleicht hat diese unverschämte, profane, dem prallen Leben entlehnte Deutung der Anschauung einer Lilienblüte und die Ablehnung im Aphroditekult dazu geführt, dass die Lilie umso schneller in der christlichen Vorstellung das Symbol der Keuschheit und unbefleckten Empfängnis Mariens wurde.

Es ist gut vorstellbar, dass durch die Entwicklung des Rittertums und der hohen Minne im späteren Mittelalter sich mit der Nennung von "lilium" im Capitulare nicht mehr die Schwertlilie als Symbolpflanze der Königswürde verband, sondern es zu einer Umdeutung kam. Die Madonnenlilie als Zeichen für die "hohe (adlige) Frouwe", deren Platz schließlich Maria als Gottesmutter und Himmelskönigin einnahm.
 

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Heutige Bedeutung und Verwendung

Die Zwiebeln verschiedener Lilienarten sind essbar. In einigen Gegenden Chinas und Japans werden sie zu diesem Zweck angebaut. In der Volksmedizin finden Zwiebeln und Blüten Verwendung. Der frische Saft ist schleimig, wirkt adstringierend und wird verarbeitet in Salben und Tinkturen zur Heilung beschädigten oder gereizten Gewebes, äußerlich bei Abszessen, entzündeter oder rissiger Haut, Frostbeulen, Geschwüren und verschiedenen Formen des Haarausfalls.
 

 
 

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 zuletzt bearbeitet: 6.8.2000