Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
malvas | 51 | Malva sylvestris L. | Malvaceae |
|
Botanische Beschreibung der Art
Die Wilde Malve, Große
Käsepappel oder Rosspappel ist eine zweijährige bis ausdauernde
40-120 cm hohe Pflanze, die zur Familie der Malvengewächse gehört,
wie auch Eibisch oder Stockrosen, die eine lange Tradition als Bauergartenpflanzen
haben. Goethe pflanzte diese als "Pappelallee", die im Sommer durch ihre
Blütenpracht erfreute, beidseitig entlang eines Wegs seines Hausgartens.
Die Wilde Malve besiedelt
Ödland, Wegränder und Mauern und braucht stickstoffreiche, nicht
zu kalkarme Böden. Sie stammt wohl aus dem Mittelmeerraum und ist
in fast ganz Europa bis Südskandinavien verbreitet. Aus Kulturen verwildert
ist sie inzwischen weltweit in den gemäßigten und subtropischen
Zonen beider Hemisphären heimisch. Im Gegensatz zur Wegmalve (Malva
neglecta) ist sie aber gebietsweise selten und fehlt z.B. ganz in Mittelgebirgen
mit kalkarmem Gestein und in rauheren Gebirgslagen.
Die herzförmigen, meist
fünfteiligen Blätter sind gelappt, stumpf gezähnt oder nur
wenig gelappt und sitzen wechselständig am rauhhaarigen Stengel. Dieser
ist niederliegend oder bogig aufsteigend, selten aufrecht. Die oberen Blätter
sind 3-7-teilig, höchstens auf ein Drittel des Spreitendurchmessers
eingeschnitten. Die rosa bis lilafarbige, im Durchmesser 3,5 - 5,5 cm breiten
Blüten stehen in büscheligen Trauben. Dies fällt aber nicht
sogleich auf, da meist nur eine Blüte des Teilblütenstandes erblüht
ist. Die fünf verkehrt-eiförmigen Kronblätter verschmälern
sich keilförmig zur Basis, sind vorne gestutzt und deutlich eingebuchtet.
Auffallend sind die dunkleren strahlig verlaufenden Strichmale auf jedem
Blütenblatt. Die zahlreichen Staubblätter verwachsen – ein Charaktermerkmal
aller Malvengewächse – mit ihren Filamenten zu einer Säule, die
den Griffel umhüllt und spitzenwärts nur die Narbe freigibt.
Blütezeit ist von Mai - September. Die scheibenförmigen Früchte
sehen wie kleine abgeflachte runde Käseballen (Name!) aus. Sie dienten
traditionsgemäß zu einer Zeit, als Phantasie noch die besten
Spielzeuge schuf, als durchaus essbare "Käselaibchen" im Vater-Mutter-Kind
Spiel.
Malvenblätter werden
leicht vom Malvenrost befallen, einer Pilzkrankheit, die weiße, später
dunkelbraune Pusteln auf den Blattunterseiten hervorbringt. Vorbeugend
wirken Spritzungen mit Schachtelhalmbrühe. Befallene Blätter
sollten allerdings gleich abgeschnitten und vernichtet werden. Geerntet
und getrocknet werden die Blüten und Blätter der Wildmalvenarten,
bei der Stockrose jedoch nur die Blüten.
Geschichte
Die Wilde Malve zählt
zu den ältesten Nutzpflanzen. Ursprünglich wohl vom östlichen
Mittelmeer bis nach Südsibirien beheimatet, ist sie seit der jüngeren
Steinzeit als Kulturbegleiter in ganz Mitteleuropa aufgetreten. Die hebräische
Bezeichnung malluah bedeutet Salat. Der griechische Dichter Hesiod
erwähnt sie und die jungen Blätter und Sprosse werden mindestens
seit dem 8. Jh. v. Chr. verzehrt. Die Pythagoräer (5./4. Jh. v. Chr.)
sahen in ihr die Befreiung des Geistes von der Knechtschaft der Leidenschaften.
Die Antike kannte die entzündungshemmende, schleimhautschützende,
augenheilende und alte Geschwüre erweichende Heilkraft der Malven.
Malvenblättern wurden daher zum Symbol für die Bitte um Vergebung.
In christlicher Deutung ist sie das Zeichen der Vergebung der Sünden
einer verhärteten Seele, in der Blumensprache des 19. Jh. Zeichen
der Wertschätzung des teuersten Freundes.
Dioskorides glaubte, Malve
helfe bei Gebärmutterleiden und sei insgesamt ein Mittel gegen tödliche
Gifte. Er nennt aber auch die abschwellende Wirkung bei Wespen- und Bienenstichen.
Plinius spricht ihr geburtsfördernde Wirkung zu: es genüge, wenn
die Gebärende ein Blatt der Pflanze unterlege. Er hielt die Samen
außerdem für ein Aphrodisiakum. Bei Verstopfung wurde von Ärzten
der Genuss von Malvenblättern als Gemüse verordnet. Hildegard
von Bingen rät dem gesunden Menschen wegen des hohen Schleimgehaltes
und "den dicken, giftigen Säften" vom Genuss der rohen Pflanze ab,
empfiehlt aber die Einnahme von zermörserten Blättern bei schwachem
Magen. Um das Sehvermögen zu verbessern, rät sie, den im Morgengrauen
von Malvenblättern gesammelten Tau um die Lider zu streichen. In Hexenprozessen
des 16. Jh. taucht die Wilde Malve als Hexenkraut auf. Zur gleichen Zeit
galt sie in Italien als Allheilmittel (herba omnimorbium). Ein spanisches
Sprichwort sagt immerhin: "Malve im Gemüsegarten lässt den Doktor
draußen warten."
Heutige Bedeutung und Verwendung
Hauptinhalt der Wilden Malve sind Schleimstoffe. Diese enthalten Galactose,
Glucose, Arabinose, Xylose, Rhamnose und Galacturonsäure. Den Namen
"Pappel" verdanken die Malven möglicherweise dem hohen Gehalt dieses
klebrigen (="pappigen") Schleims. Dieser liegt in Blüten und Blättern
bei etwa 10%. Die Blüten enthalten außerdem Malvin, ein Anthocyanglycosid.
Es färbt sich mit Säuren hellrot, mit Basen hellgrün. Der
Farbstoff kann zum Färben von Lebensmitteln eingesetzt werden und
wurde früher sogar in industriellem Maßstab dafür verwendet.
Helle Rotweine "deckte" man mit diesem Farbstoff, damit diese ein kräftigeres
Rot entwickelten.
Die Malve wirkt insgesamt reizmildernd und wegen ihres Gehaltes an
Gerbstoffen auch zusammenziehend. Die getrockneten Blätter und Blüten
helfen, als Tee eingenommen, bei Katarrhen der Atemwege, Reizhusten, Heiserkeit,
Halsentzündungen sowie bei Schleimhautreizungen im Mund- und Rachenraum.
Dabei bilden die Schleimstoffe einen Schutzfilm für empfindliche Hautbereiche
aus. Die Blätter helfen auch bei Darmreizungen und wirken leicht abführend.
In der Volksmedizin wird die Wilde Malve zusätzlich äußerlich
als abschwellendes Mittel, z. B. bei Insektenstichen und Wundmittel angewandt
(wegen der adstringierenden Wirkung), sowie zur Behandlung von Ekzemen.
Die jungen Blätter eignen sich als Wildgemüse und auch die
Blütenknospen sind essbar. Unreife Samenkapseln sind eine ungewöhnliche
Salatbeigabe. Die Wurzel kann man zahnenden Babys zum Kauen geben.
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zuletzt geändert am 1.VI..2001