Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
morarios |
|
Morus nigra L. | Moraceae |
|
Botanische Beschreibung der Art
Wildvorkommen des Maulbeerbaums
sind nicht bekannt. Daher kann man nicht genau eingrenzen, woher er eigentlich
stammt, ob aus Persien, Transkaukasien, Zentralasien, aus China oder aus
der gemäßigten Zone der Nordhalbkugel allgemein. Im Mittelmeergebiet
wurde er schon vor langer Zeit eingebürgert und ist dort auch an günstigen
Stellen verwildert. In Deutschland wurde er in Weinbaugebieten in Gärten
besonders in Kloster- und Pfarrersgärten angepflanzt. Man findet ihn
in der Pfalz, im Rheingau, in Rheinhessen, im Tessin und in Kärnten.
Der Maulbeerbaum stellt keine hohen Ansprüche an den Standort. Er
liebt fruchtbare und durchlässige Böden und eine sonnige geschützte
Lage. Er ist etwas frostempfindlich und muss u.U. im Winter abgedeckt werden.
Morus nigra gehört
neben Morus alba und Morus rubra (sie unterscheiden sich
u.a. an der Farbe der Früchte) mit Feige und Osagedorn (Maclura
ponifera) zur Familie der Maulbeergewächse, die alle beerenähnliche
Scheinfrüchte, die sog. Maulbeeren, ausbilden und Milchsaft führen.
Aus einer fleischigen, leicht
zerbrechlichen Wurzel wächst Morus nigra als 6-10 m hoher (gelegentlich
bis zu 20 m hoher) buschiger Baum, dessen reich verzweigte kompakte Krone
weitausladend auf einem kurzen, oft gewundenen, gedrehten oder schiefen
Stamm sitzt, so dass der ganze Baum wesentlich breiter als hoch wirkt.
Der Stamm ist dicker als der von Morus alba. Die Rinde hat eine
dunkel- oder orangebraune Farbe, bei jungen Bäumen ist sie dunkelgrün.
Sie ist faserig gefurcht oder rissig streifig, uneben mit Warzen oder knolligen
Verdickungen. Die unteren Äste sind massiv, mehrfach gebogen und knorrig,
die rotbraunen jungen Triebe weisen Behaarung auf. Die 5-15 cm langen und
bis 10 cm breiten Blätter sind im Umriss vielgestaltig: ungelappt
oder zwei- bis mehrlappig, derb eiförmig, an der Basis herzförmig,
ungleich grob gesägt, am Ende lang und fein zugespitzt (deutlich spitzer
als bei Morus alba), oberseits dunkelgrün, rauhaarig, fast
grau, unterseits hellgrün und filzig, angedrückt behaart mit
stark hervortretenden hellgelben Adern. Die Blätter stehen wechselständig
wie bei allen Maulbeergewächsen.
Im Mai/Juni erscheinen entweder
vor oder mit dem Austreiben der Blätter in den Blattachseln junger
Triebe die unscheinbaren Blüten, männliche und weibliche Blüten
in getrennten Blütenständen auf einer oder zwei verschiedenen
Pflanzen. Die männlichen Blüten haben je vier schuppenartige
rauhe Blütenhüllblätter. Sie sind zu 2,5 cm langen, lockeren,
kurzgestielten zylindrischen Gebilden angeordnet. Morus ist windbestäubt,
kann aber auch ohne Bestäubung fruchten. Die weiblichen Blütenstände
sind 1,2 cm lange, ovale, borstige, aufrechte Kätzchen. Auch die weiblichen
Blüten haben vier Blütenhüllblätter, der Fruchtknoten
ist oberständig und hat zwei Narben. Im Juli/August reift die aus
dem fleischigen Blütenkelch gebildete Frucht. Die winzigen eng zusammengepackten
Früchte erscheinen als Sammelfrucht, ähnlich der einer Brombeere,
zuerst rot, später dann violett-schwarz. Jede Einzelfrucht entspricht
einer einsamigen Nuss. Die Früchte sind erst kurz vor dem Abfallen
genießbar und entwickeln dann einen angenehm süß-säuerlichen
Geschmack. Da die Sämlinge sich sehr langsam entwickeln, besorgt man
die Vermehrung über Stecklinge, die aus ziemlich großen Ästen
bestehen können und die sich dann im Winter bewurzeln.
Geschichte
Der Maulbeerbaum war bereits
2700 Jahre v.Chr. in China bekannt, und seine Blätter wurden zur Seidenraupenzucht
verwendet, weshalb er regelrecht kultiviert wurde. Auch in der Bibel wird
er erwähnt (Jesaja 40, 20; Lukas 17, 5-6). Den Griechen und Römern
war er vertraut, und sie pflanzten ihn im Mittelmeerraum an. Dabei unterschied
man nicht immer klar nach Morus alba und Morus nigra.
Morus nigra wurde wahrscheinlich erst im 16. Jh. nach Westeuropa
eingeführt. Der Maulbeerbaum war dem Gott Pan geweiht, und er galt
bei den Griechen als Symbol der Klugheit. Plinius nennt ihn "sapientissima
arborum", den klügsten aller Bäume, angeblich, weil die Blätter
erst dann treiben, wenn keine Kälte mehr zu erwarten ist. Ovid schildert
in den Metamorphosen, wie sich die ursprünglich weißen Früchte
des Maulbeerbaums rot färbten vom Blut von Pyramos und Thisbe, das
bei ihrem tragischen Tode floss.
Woher die latein. Bezeichnung
morus kommt, ist nicht eindeutig auszumachen. Sie könnte dem
griech. morea entlehnt sein, was das Wort für "Baum" in der
Antike war, oder von griech. merós (der Teil – wegen der
zusammengesetzten Früchte) abgeleitet sein oder von griech. móros
in der Bedeutung von "fade, unschmackhaft". Der deutsche Name wurde aus
dem lat. übernommen als ahd. "mor", "murberi", welches dann im mhd.
zu "morber/mulber" wurde.
Im Gegensatz zu heute hatten
der Maulbeerbaum und seine Früchte in der Antike und im Mittelalter
neben der Nutzung als Obst zur Weinherstellung (vinum moratum) und zur
Weinfärbung in den Klöstern durchaus auch Bedeutung als Heilmittel.
Hildegard von Bingen empfiehlt bei Krätze, die Blätter zu kochen
und die befallenen Körperpartien mit der Brühe zu waschen oder
Dampfbäder damit herzustellen. Den ausgepressten Saft der Blätter
sollte man mit Wermutsaft und 2/3 Wein kochen. Nach dem Essen getrunken,
führe diese Mischung zu Erbrechen bei Essensvergiftungen. Dioskorides
meint, dass der Saft aus den Blättern gut sei gegen Spinnenbiss und
Zahnschmerzen und, zusammen mit Reblaub und schwarzen Feigenblättern
in Regenwasser gesotten, die Haare schön schwarz färbe. Ferner
sollten Maulbeeren und Maulbeersaft Stuhl und Bauch weich machen und die
Brühe aus der Wurzelrinde gegen breite Würmer (Spulwürmer)
wirken und gegen Vergiftungen mit Aconitum (Eisenhut). Eingedickt
mal mit Honig versetzt, solle die Paste Geschwüre und Geschwulste
der Mandeln heilen.
Heutige Bedeutung und Verwendung
Als Heilpflanze tritt der
Maulbeerbaum heute nicht mehr in Erscheinung und auch als Obstlieferant
ist er kaum noch von wirtschaftlicher Bedeutung, denn seine Früchte
sind leicht verderblich und nicht transportfähig. Man sammelt sie
noch an Ort und Stelle, oft in Konkurrenz zu Vögeln, verzehrt sie
direkt oder macht Marmelade, Sirup, Gelees, Pasten, ja sogar Wein daraus
oder benutzt sie zum Färben von Rotwein – ähnlich dem Holunder.
In Afghanistan trocknet man die Fruchtstände und verwendet sie wie
Rosinen beim Backen. Aus den getrockneten Früchten des Morus alba
gewinnt man ein süßliches Fruchtmehl, das unter den Kuchenteig
gemischt wird.
Die Blüten haben keinen
Zierwert, aber das prächtige Laub ist reizvoll. Die Bäume können,
ohne Schaden zu nehmen, beschnitten und zu schattenspendenden Spalieren
und Lauben geformt werden, wie man in Italien sehen kann. Die Blätter
selbst eignen sich jedoch nicht wie die von Morus alba zur Seidenraupenzucht.
Das Holz wird oft mit dem
Holz der Rüster (Ulme) verglichen. Es ist hart, zäh, dauerhaft,
schwer spaltbar und im Splint nur dünn. Es ist hellgelb mit einem
schokoladenbraunen Kern. Es eignet sich gut zu Drechslerarbeiten und zum
Polieren. Das Wurzelholz weist eine schöne Maserung auf und wird deshalb
zu Intarsienarbeiten verwendet.
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zuletzt geändert am: 30.VII.2002