Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
persicarios |
|
Prunus persica (L.) Batsch | Rosaceae |
|
Botanische Beschreibung der Art
Der bis 8m hohe Baum trägt
gerade, zunächst grüne bzw. auf der Sonnenseite rötende
Zweige. Die kurz gestielten, lanzettlichen Blätter sind an beiden
Enden allmählich verjüngt und bis 15cm lang. Sie sind kahl, dunkelgrün
und am Rand ± fein gezähnt. Die rosa Blüten entspringen
vor dem Laub am vorjährigen Holz. Sie werden im Durchmesser um 3cm
groß und bestehen aus 5 wollig behaarten Kelchblättern, 5 Kronblättern,
ca. 20 Staubblättern mit meist rötlichen Staubbeuteln und 1 oberständigen
Fruchtblatt, das oft dicht behaart ist. Die Steinfrucht ist meist kugelförmig, gefurcht
und kann bis 10cm durchmessen. Im typischen Fall ist sie gelbrot und samtig
behaart, kann aber auch kahl und grün oder stärker rötlich
sein. Der dickschalige Steinkern ist sehr hart und tief gefurcht.
Nach der Fruchtform werden
drei Varietäten unterschieden: Der typische Pfirsich wird als var.
persica
bezeichnet. Die Nektarine (var. nectarina) hat kahle Früchte
mit festem Fruchtfleisch. Der stark abgeflachte Platt-Pfirsich (var. platycarpa)
wird viel in China angebaut, bei uns aber höchstens als Ziergehölz
gehalten.
Der Pfirsich ist nur als
Kulturpflanze bekannt und wird weltweit in warm-gemäßigten Klimazonen
angebaut. Die größte Formenvielfalt findet man heute in Zentralasien,
am Schwarzen Meer, in Italien, Spanien und Californien. Moderne Sorten
stammen oft aus den USA, z.B. 'Alexander', 'Cumberland', 'Dixired',
'Sunhaven'. Traditionelle Sorten finden sich im tschechischen Anbau wie
'Elbert' oder 'Lednická Zlutá'. In Deutschland erreichte
die Pfirsichkultur im Rheinland die klimatische Grenze. Dabei entwickelten
sich spezielle Sorten wie 'Kernechter vom Vorgebirge' oder 'Wassenberger',
die kernecht, also durch Samen vermehrt wurden, wodurch sie in zahlreiche
Nebensorten aufgespalten sind. Die Früchte sind viel kleiner als bei
den geläufigen Marktsorten aber hocharomatisch. Leider findet man
diese Sorten nur sehr selten auf Wochenmärkten, weil sich kaum ein
Bauer, der noch solche Bäume hat, die Mühe macht, diese zu ernten,
geschweige denn, aus Samen nachzuziehen.
Die frostempfindliche Art
wird in Deutschland kaum noch angebaut. Lediglich in Weinbergen wurde sie
früher als Beipflanzung zur Herstellung von Pfirsichlikör u.ä.
verwendet und ist hier selten verwildert.
Geschichte
Der Pfirsich stammt aus Südwestchina
und Tibet und ist hier bereits um 2700 v. Chr. in Kultur gewesen. Dementsprechend
ist er tief in der chinesischen Mythologie verwurzelt. Die geschwungene
Form mit der runden Furche und der sprichwörtlichen Pfirsichhaut wurde
mit der weiblichen Rückseite in Verbindung gebracht. Hsi Wang Mu,
die ewig jugendliche Göttin des westlichen Himmels, besaß einen
sagenhaften Pfirsichgarten, in dem nach der Legende zauberische Feste gefeiert
wurden.
Über Kleinasien (2.
Jhdt. v. Chr.) gelangte der Pfirsich mit den Römern im 1. Jhdt. v.
Chr. nach Italien und Südfrankreich und wurde auch in die nördlichen
Kolonien mitgenommen. Trotzdem sind Steinkernfunde spärlich; aus römischer
Zeit sind sie z.B. aus Neuß, Mainz, Saalburg (Taunus) oder Rottweil
belegt. Auch in Italien selbst dürfte der Pfirsich eher eine Luxusfrucht
gewesen sein. Z.B. hat man in Pompeji Abbildungen quasi als Firmenlogo
eines reichen Händlers gefunden. Daran ändert sich bis ins spätere
Mittelalter wenig. Dann häufen sich Funde in Polen und Tschechien;
dazu kommen Zürich, Heidelberg und Lübeck. Da ein Handel mit
den leicht verderblichen Früchten unter den damaligen Verhältnissen
kaum über längere Strecken möglich war, dürfte der
Pfirsich auch dort angebaut worden sein. Wahrscheinlich ist die Kultur
(wie beim Wein) im Zuge der "Kleinen Eiszeit" im 17. und 18. Jhdt. stark
zurückgegangen.
Dioskorides schreibt dem
Pfirsich eine abführende, unreifen Früchten allerdings die gegenteilige
Wirkung zu. Gleich im nächsten Satz zieht er dem Pfirsich allerdings
die seiner Meinung nach milder wirkende Aprikose vor. Offensichtlich hielt
Dioskorides Pfirsich und Aprikose nur für verschiedene Sorten der
selben Art.
Hildegard von Bingen schätzt
den Holzsaft, Blätter und zerstoßene Borke in verschiedenen
Zubereitungen als Mittel gegen Ekzeme und Wurmbefall. Dies könnte
auf der keimtötenden Wirkung der cyanogenen Glykoside beruhen. Von
der Frucht hält sie nicht so viel: "Und die Frucht dieses Baumes ist
weder dem Gesunden noch dem Kranken bekömmlich, weil sie verursacht,
dass die guten Säfte im Menschen preisgegeben werden und Schleim im
Magen [entsteht]. Aber wer diese Frucht essen will, werfe die äußere
Haut weg und auch den Kern, und was übrig bleibt, lege er in Wein,
füge Salz und ein wenig Pfeffer hinzu, und die so zubereitete Frucht
wird ihm nicht sehr schaden, hat jedoch so keinen guten Geschmack." (Kein
Wunder - nach der Behandlung!). Wenn man das liest, drängt
sich die Frage auf, ob Hildegard jemals einen wirklich reifen Pfirsich
gekostet hat.
Heutige Bedeutung und Verwendung
Pfirsiche werden überwiegend
als Frischobst vermarktet, versaftet oder zu Konservenobst verarbeitet.
Für Letzteres nimmt man meistens Nektarinen, die festeres Fruchtfleisch
haben und leichter zu enthäuten sind. Dass auf den Dosen stets die
typischen Pfirsiche abgebildet sind, die gar nicht in der Dose sind, sollte
man nicht so eng sehen; auf wieviel Flaschen Enzianschnaps ist statt des
originalen Gelben Enzians der publikumswirksamere Blaue Enzian abgebildet?
Wie fast alle Prunus-Arten
wird auch der Pfirsich zur Herstellung von Spirituosen verwendet. Meistens
wird er zu Likör (Persico) verarbeitet. Neuerdings besinnen sich auch
viele Winzer wieder auf die Tradition, am Rand der Weinberge Pfirsiche
zu halten und als Likör von "Weinbergspfirsichen" zu vermarkten.
Ebenfalls gattungstypisch
ist der Gehalt an zahlreichen sekundären Pflanzenstoffen. Erwähnenswert
sind vor allem die Blausäure freisetzenden Zuckerstoffe, die in allen
Pflanzenteilen vorkommen und im Samen bis zu einem Anteil von 6% enthalten
sein können. Das ist mehr als bei der Bittermandel, die bereits als
giftig gilt! Ebenfalls typisch für die Gattung ist, dass die
Samen sehr ölreich sind (um 45%). Chemisch ist das Öl dem Mandelöl
sehr ähnlich und wurde auch genauso benutzt. Als Droge wurde es Oleum
Persicarum genannt. Nach dem Entzug der bitteren Blausäureglykoside
wird der Same als Grundmasse für die Herstellung von Persipan verwendet,
das als Marzipanersatz für Pralinen und Gebäck verwendet wird.
In Europa spielt das Holz
keine Rolle. In China wurde es wegen der mythologischen Bedeutung des Pfirsichs
zum Schnitzen ritueller Figuren benutzt.
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zuletzt geändert am: 10.VIII.2002