Name im Capitulare Nr. Botanischer Name Familie
puledium 29 Mentha pulegium L. Lamiaceae
 
 
 Polei-Minze
deutscher Name 
 Polei
niederländischer Name 
 menthe pouliot
französischer Name 
 pennyroyal
englischer Name 
 
 
Beschreibung
 
Geschichte
 
 Verwendung
 

Botanische Beschreibung der Art

Durch die kreuz-gegenständigen Blätter, fünfzählige Blüten, die verwachsene, schwach zygomorphe Krone und den scheinbar viergeteilten Fruchknoten gibt sich die Polei-Minze als Lippenblütengewächs zu erkennen. Auch der Gehalt an aetherischen Ölen, die den charakteristischen Geruch bewirken, ist typisch für diese Famile, zu der viele andere Heil-, Gewürz- und Parfümpflanzen gehören. Von den anderen heimischen Minzen-Arten unterscheidet sich die Polei-Minze durch den in allen Teilen schwächeren Wuchs. Die Art ist ausdauernd. Von einem Zentrum gehen mehrere, niederliegende bis aufsteigende, bis 40 cm lange Triebe aus. Die sitzenden oder kurz gestielten Blätter sind elliptisch, ganzrandig oder wenig gezähnt und werden maximal 12mm breit und 3cm lang. An den kleinen Blättern ist die Art auch im nichtblühenden Zustand gut zu erkennen; gerade bei Minzen gelangen oft falsch etikettierte Pflanzen in den Handel!  Am Ende der Triebe werden die Blätter etwas kleiner und tragen in ihrer Achsel kompakte Teilblütenstände - in manchen Büchern nicht ganz richtig als Halbquirle bezeichnet - aus zahlreichen kleinen Blüten. Sowohl Krone wie Kelch bestehen aus 5 verwachsenen Elementen. Der Kelch wird höchstens 3mm, die rosa-lila Krone etwa doppelt so lang. Die ganze Pflanze ist mehr oder weniger behaart.

Auch in der Ökologie unterscheidet sich die Polei-Minze deutlich von den anderen Minzen. Sie bevorzugt Tonböden, die nur vorübergehend vernässt sind, aber auch stark austrocknen können. Mit Ausnahme des Nordens ist sie in ganz Europa heimisch und heute über die ganze Welt verschleppt.
 

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Geschichte

Plinius glaubte, dass die Pflanze Flöhe vertreiben kann. Vom lateinischen Wort pulex (=Floh) leitet sich der Name pulegium ab. Auch schrieb er, dass Polei verdorbenes Wasser reinige, weshalb Seeleute es mitnahmen, um das Trinkwasser an Bord haltbar zu machen. In Griechenland wurde die Pflanze blechon oder glechon genannt und war wahrscheinlich ein Bestandteil des kykeon, eines geheimen Trankes, mit dem sich die Mitglieder des eleusinischen Kultes stimulierten. Wie man heute vermutet, war für die halluzinogene Wirkung des kykeon weniger die Polei-Minze als vielmehr die Beigabe von Pilzen aus der Gattung Panaeolus oder Psilocybe verantwortlich. Aristophanes erwähnt in "Pax" einen ebenfalls kykeon genannten poleihaltigen Trank,. der vom Götterboten Hermes als Schutz vor Krankheiten empfohlen wird. Sehr viel volkstümlicher war die Verarbeitung der Polei-Minze in Liebestränken. Sie galt sogar als obszöne Metapher für die weiblichen Schamhaare und war Symbol unerlaubter Sexualität. Sie wurde auch bei Unterleibskrämpfen eingesetzt und war eines der bekanntesten Abtreibungsmittel in der Antike. In Zypern und im Atlasgebirge hat sich die volksmedizinische Gebrauch der Polei-Minze bis heute gehalten. Auch Dioskorides hebt die abortive Wirkung hervor ("...treibt die Monzeit, die geburt, und nachgeburten auß"), erwähnt aber auch weitere austreibende Wirkungen wie die Befreiung der Lunge, des Abgangs "schwarzer Galle" im Stuhlgang und empfiehlt die Pflanze sogar gegen Schlangenbiss.

Die psychische Wirkung schildert Hildegard von Bingen in den Physica: "Wer im Gehirn Schmerzen hat, so dass er krank ist, der lege Polei in Wein und koche sie, und er lege sie so warm um seinen Kopf, und er binde ein Tuch darüber, damit das Gehirn warm sei und der Wahnsinn in ihm unterdrückt."

Besonders in angelsächsischen und walisischen medizinischen Büchern wurde die Polei-Minze als königliches Heilmittel gepriesen und "pulegium regium" genannt. Über "pulioll-royall" hat sich dies im Englischen schließlich zu "pennyroyal" abgeschliffen.
 

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Heutige Bedeutung und Verwendung

Polei-Minze enthält ein aetherisches Öl, das zu ca. 90% aus Pulegon sowie aus Piperiton und Limonen besteht. Das sonst bei Minzen dominierende Menthol hat nur einen geringen Anteil. Pulegon ist für die abortive Wirkung verantwortlich. Pulegon ist ein Lebergift, dass in größeren Dosen Erbrechen, Blutdrucksteigerung, Delirien und narkotische Lähmungen einschließlich Atemlähmung auslösen kann. Deshalb wird heute von der Verwendung der Polei-Minze als Naturheilmittel abgeraten. In den Dosierungen, die für Abtreibungen nötig sind, soll es sogar zu Todesfällen gekommen sein.

Angesichts dieser massiven Neben(?)wirkungen erstaunt es, dass die Schulmedizin keine wissenschaftlich beschriebenen medizinischen Wirkungen kennt. Das muss aber nicht unbedingt heißen, dass die Pflanze keine nachweisbaren Heilkräfte hat; es kann auch daran liegen, das niemand ernsthaft danach gesucht hat. In der Naturheilkunde und der Homöopathie wird die Polei-Minze bei Verdauungsstörungen, Leber- und Gallenleiden, Erkältungen und Koliken angewendet. 

Schon Plinius sagte der Polei-MInze eine fäulnishemmende Wirkung nach. Noch immer wird Pulegon in manchen Gegenden der Welt eine antibakterielle Wirkung zugeschrieben. In Südamerika wird die eng verwandte, ebenfalls Pulegon enthaltende Art Minthostachis mollis (in Peru Chamcua, in Bolivien Cruz Muña genannt) zur Haltbarmachung von Kartoffeln benutzt. In Bolivien gilt sie als Naturheilmittel gegen den Tuberkulose-Erreger Mycobacterium tuberculosis, neuerdings wird ihr sogar eine Wirkung gegen HIV zugeschrieben. Mindestens Letzteres ist wohl eher Wunschdenken als gesicherte Erkenntnis.
 

 
 
 

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zuletzt geändert am: 26.VIII.2000