Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
prunarios |
|
Prunus domestica L. | Rosaceae |
|
Botanische Beschreibung der Art
Die Pflaume wächst als Strauch oder kleiner Baum von sparrigem Wuchs mit graubrauner Rinde. Die länglich-elliptischen Blätter werden bis 5cm breit und 8cm lang. Sie sind am Rande gekerbt bis gesägt, oberseits stumpfgrün und um 2cm lang gestielt, mit 0-2 kleinen Drüsen am Stiel. Die Blüten stehen zu 2-3 in kleinen Dolden und erscheinen mit oder kurz vor den Blättern. Sie bestehen aus 5 Kelchblättern, 5 um 1cm langen Kronblättern, ca. 20 Staubblättern mit gelben Staubbeuteln und 1 oberständigen Fruchtblatt, das zu einer hängenden, gefurchten, meist länglichen Steinfrucht heranwächst. Der Steinkern ist charakteristisch gefurcht und wird mindestens 13mm lang.
Die enorm formenreiche Sammelart wurde von Botanikern immer wieder anders gegliedert und auch schon in mehrere Arten unterteilt. Die neueste Ausgabe der Illustrierten Flora von Mitteleuropa (Hegi 1995 Band IV Teil 2B) unterscheidet sieben Unterarten:
P. domestica ssp. domestica (Zwetschge) (oberes Bild): Baum, Zweige nur ganz jung behaart, Blüten grünlich weiß bis gelblich grün, Frucht länglich, blau, bereift mit festem, sich leicht vom Stein lösenden Fruchtfleisch. Sorten: 'Bühler', 'Hauszwetsche', 'Stanley'.
P.d. ssp. insititia (Hafer-Pflaume) (unteres Bild): Strauch oder kleiner Baum mit Wurzelausläufern und Dornen, Zweige bis zum zweiten Jahr samtig behaart, Blüten reinweiß, Frucht bis 3cm lang, kugelig bis tropfenförmig, blauschwarz, Fruchtfleisch am Stein haftend. Sehr alte Form, die in vielen Merkmalen mit der Schlehe (Prunus spinosa) übereinstimmt.
P.d. ssp. intermedia (Halbzwetsche): ähnlich ssp. domestica, aber Zweige im ganzen ersten Jahr behaart, Blüten reinweiß, Früchte blau, violett, rot oder gelb, Fruchtfleisch haftet meist noch etwas am Steinkern. Sorten: 'Anna Späth', 'Königin Victoria', 'Monfort', 'Rote Dattelzwetsche', 'Blaue Eierpflaume', 'Königspflaume aus Tour', 'Späth Früheste', 'Czar'.
P.d. ssp. italica (Edel-Pflaume): Baum, Zweige im 1. oder 2. Jahr verkahlend, Blüten reinweiß, Frucht kugelig, bis 5cm Durchmesser, grüngelb, gelb, blau oder rot, Fruchtfleisch saftig (nicht zum Dörren geeignet), am Steinkern haftend. Sorten: 'Frühe Königspflaume', 'Große Blaue Frühe', 'Ontario'. Hierher auch die Reineclauden (var. claudiana).
P.d. ssp. pomariorum (Spilling): Wuchs ähnlich ssp. insititia aber ohne Dornen, Blüten grünlich-weiß, Früchte gelb, rot oder blau, Fruchtfleisch leicht vom Kern lösbar. Von Südeuropa bis zu den Alpen kultiviert. Wegen der aromatischen Früchte besonders zur Branntweinherstellung benutzt.
P.d. ssp. prisca (Zibarte): Kleine, bedornte Bäume, Blüten reinweiß, Frucht kugelig, bis 3cm Durchmesser, schwarz, blau, blaurot, grüngelb oder gelb, mit rötlichen Wangen, Fruchtfleisch ± haftend. Sehr alte Form, die heute nur noch ausnahmsweise kultiviert wird.
P.d. ssp. syriaca (Mirabelle): Sparriger, dornenloser Baum, einjährige Zweige behaart, Blüten ± grünlich, Frucht kugelig, bis 3cm im Durchmesser, gelb oder grün, oft mit roten Punkten, Fruchtfleisch sehr süß, sich leicht vom Stein lösend.
Offensichtlich handelt es sich bei der Pflaume um eine heterogene Sammelart, die aus der Kreuzung und wiederholten Rückkreuzung nahe stehender Arten hervorgegangen ist. Als Kandidaten werden vor allem die Schlehe (Prunus spinosa) und die Kirschpflaume (Prunus cerasifera) diskutiert. Dabei hat die Schlehe vermutlich die strauchförmige Wuchsform, die Dornen und die längliche, blaubereifte Frucht vererbt. Von der Kirschpflaume stammen baumförmiger, dornenloser Wuchs und Früchte in anderen Farben. Bei Kreuzungsexperimenten wurden Pflanzen erzeugt, die tatsächlich der Hafer-Pflaume (ssp. insititia) gleichen. Merkwürdig ist allerdings, dass sich die Schlehe nicht mit der Zwetsche (ssp. domestica) kreuzen lässt. Außerdem besitzen beide vermutete Stammeltern reinweiße Blüten und Früchte mit am Kern haftendem Fruchtfleisch. Deshalb wird vermutet, dass die Merkmale grünliche Blüten und ablösbares Fruchtfleisch von einer dritten Art abstammen. Die in Süditalien und im südlichen Balkan vorkommende P. cocomilia ist mit unserer Schlehe nahe verwandt, hat aber genau diese Merkmale. Vielleicht ist diese Art der Stammvater der entsprechenden Unterarten der Pflaume.
Die Pflaume ist eine reine
Kulturpflanze. In Rainen, Hecken oder Felsgebüschen findet man manchmal
noch Exemplare der Hafer-Pflaume oder der Zibarte. In der Regel handelt
es sich dabei aber um Relikte alter Anpflanzungen und nicht um Verwilderungen.
Geschichte
Schon in prähistorischer Zeit wurde die Pflaume kultiviert. Der älteste Beleg ist ein Blattabdruck aus dem Hüttenlehm einer Fundstelle aus Mähren, die auf 2300 v.Chr. datiert wird. In den Pfahlbauten am Bodensee und anderen wärmebegünstigten Stellen wurden Steinkerne gefunden, die meist der Hafer-Pflaume entsprechen oder seltener der Zibarte nahekommen. Bereits aus römischer Zeit sind Steinkerne von Zwetschen, Rundpflaumen und Spillingen belegt. Schon im frühen Mittelalter tauchen im Rheinland (Büderich) Echte Zwetschgen auf, die offensichtlich von den Römern in ihre Kolonien verbreitet wurden.
Die Mirabelle ist dagegen erst spät aus Syrien oder Arabien über Griechenland, Italien und Frankreich nach Deutschland gekommen. Die ältesten Erwähnungen datieren aus dem 16. Jahrhundert.
In der Volksheilkunde ist die Schlehe gebräuchlicher als die Pflaume. Vielleicht hat sie ja einige Eigenschaften an ihre Abkömmlinge weitervererbt. Dioskorides berichtet jedenfalls von der abführenden Wirkung von Pflaumen. Hildegard von Bingen schildert eine Behandlung gegen Würmer durch einen Borkenextrakt (vermutlich durch die cyanogenen Glykoside) und gegen trockenen Husten durch in Wein getränkte Samen (die man durch Knacken des Steins erhält). Dieses Rezept ist allerdings heute nicht mehr zu empfehlen; der Gehalt an freigesetzter Blausäure kann erheblich sein!
Das mit Weinstein versetzte
Pflaumenmus (Pulpa Prunorum) wurde als laxierendes Mittel benutzt. Getrocknete
Pflaumen (Fructus Pruni, Sirupus Pruni) werden noch heute als mildes Abführmittel
verwendet, was vermutlich auf dem Gehalt an Apfelsäure, Pektinen und
Celluloseverbindungen beruht.
Heutige Bedeutung und Verwendung
Aus Pflaumen wurde und wird alles gemacht, was man mit Obst so machen kann. Aufgrund der unterschiedlichen Eigenschaften der Früchte sind die Unterarten mal mehr für die eine, mal mehr für die andere Verwendung geeignet. Insgesamt gehören die Pflaumen wie die Kirschen bei uns zum wichtigsten Handelsobst.
Das lebhaft gemaserte Holz wird gern für Einlegearbeiten und im Innenausbau verwendet.
Wie alle Prunus-Arten
besitzt auch die Pflaume zahlreiche sekundäre Pflanzenstoffe. Erwähnenswert
sind vor allem die Blausäure freisetzenden Zuckerstoffe, die gehäuft
im Samen auftreten (bis zu 2,5%), und z.B. für den Bittermandelton
im Slivovitz verantwortlich sind. Außerdem sind die Samen relativ
ölreich (bei der Zwetsche bis 42%). Obwohl es dem Mandelöl sehr
ähnlich ist, wurde und wird es nicht genutzt.
[Eine
Seite zurück] [Zur Übersichtsseite
über den Karlsgarten] [Home]
zuletzt geändert am: 10.VIII.2002