Name im Capitulare Nr. Botanischer Name Familie
pirarios
75
Pyrus communis L. Rosaceae

 
 Birnenbaum
deutscher Name 
 Peerboom
niederländischer Name 
 poirier
französischer Name 
 european pear
englischer Name 
Beschreibung

Geschichte

Verwendung


 

Botanische Beschreibung der Art

Kulturbirnen wachsen als Bäume zu stattlichen Höhen bis 15 m auf. Wildbirnen wachsen strauchförmig oder erreichen als Bäume sogar Höhen bis 20 m. Sie verfügen über tiefreichende Pfahlwurzeln. Wildbirnen haben zahlreiche verdornte Kurztriebe, den Kulturbirnen fehlen diese. Die wechselständigen 2-4 cm lang gestielten Laubblätter haben breit elliptische Spreiten, 3-7 cm lang, 2-5 cm breit, die vorne zugespitzt sind. Anfangs beiderseits behaart verkahlen die Blätter bald, sind oben dunkelgrün und glänzend, auf der Unterseite bläulich-grün. Der Blattrand ist gleichmäßig fein gesägt. Die an der Basis stehenden Nebenblättchen fallen sehr früh ab.

Die Blüten stehen zu 3-9 in Doldentrauben am Ende beblätterter Kurztriebe. Kelch und Krone sind 5-zählig. Die Blütenblätter stehen frei. Der Kelch ist filzig behaart und bleibt bis zur Fruchtreife erhalten. Auf die 10-17 mm langen rein weißen Kronblätter folgen 10-15 Staubblätter mit anfangs roten Staubbeuteln. Die 5 Fruchtblätter sind am Rücken mit dem krugförmigen Blütenbecher verwachsen. Die 5 Griffel sind im Gegensatz zur Apfelblüte bis zum Grunde frei. Die Blüten duften nach Trimethylamin (Fischlake) wie das auch bei Weißdorn und Eberesche der Fall ist. Sie werden von nektarsammelnden Bienen und Fliegen bestäubt.

Heute gibt es etwa 1.500 Birnensorten. Die Formen der Früchte sind noch verschiedenartiger als bei den Äpfeln: Man unterscheidet plattrunde, rundliche, kreisförmige, eirunde, eiförmige, kegelförmige, birnenförmige, perlförmige, glockenförmige bis hin zu flaschenförmige. Nach dem System von LUCAS werden zwei Gruppen von Birnen unterschieden:

Innerhalb jeder dieser Gruppen werden dann nach der Reifezeit (auch eine Frage der Lagerung) noch einmal Sommer-, Herbst- und Winterbirnen unterschieden. Die Früchte unterscheiden sich noch in einer Hinsicht grundlegend vom Apfel, sie bilden nämlich im Fruchtfleisch verholzte Zellen aus, die sich zu sog. Steinzellennestern aggregieren und dessen Härte und Körnigkeit ausmachen.

Birnen blühen im April/Mai, die Früchte reifen im September/Oktober. Birnbäume erreichen ein Alter von 100-150 Jahren und haben eine höhere Lebenserwartung als die meisten anderen fruchttragenden Gehölze. Die ältesten Exemplare in Auwäldern des Rheins mit Höhen von 18 m weisen Stammumfänge von bis zu 270 cm auf. Im Gegensatz zum Apfel, der breit ausladend und rundlich wächst, ragt die Krone des Birnbaums ausgehend von einer schmäleren Basis kegelförmig aufstrebend nach oben. Das Holz ist sehr hart, dicht, feinfaserig, schwer, gleichmäßig gemasert, auch im Freien dauerhaft und gut polierbar. Es muss sorgfältig getrocknet werden. Birnbaumholz lässt sich gut dämpfen und schwarz färben. Es spielt daher als Ebenholzersatz für edle Truhen und die Klavierfabrikation eine wichtige Rolle. Es wird für Fruchtpressen, Messinstrumente und Druckstöcke verwendet. Modeln, Hohlformen für den Guss oder zum Abdruck von Gebäck (Printen), aber auch erhabene Druckformen für Stoffe und Tapeten werden daraus hergestellt. Blockflötenhersteller geben Birnbaum und Ahorn anderen Hölzern gegenüber den Vorzug.

Die Wild- oder Holz-Birne tritt bei uns in zwei Unterarten auf. Die sog. Knödelbirne (Pyrus pyraster ssp. pyraster) mit runden Früchten und die Holzbirne im engeren Sinne (Pyrus pyraster ssp. achras) mit langgezogenen, typischen Birnenfrüchten. Birnen sind über Europa bis Westasien verbreitet. Das Ursprungsgebiet wird in Persien, dem Kaukasus und Südrussland vermutet, von wo sie sich über die Türkei nach Griechenland ausgebreitet haben. Die Gattung Pyrus umfasst 30 Arten in Eurasien und Afrika, in Nordamerika fehlte sie, ist dort aber heute in Kultur häufig vertreten.

In letzter Zeit findet sich Obstläden und zum Anbau empfohlen in den Gartenmärkten des öfteren die aus Japan stammende Nashibirne, Pyrus pyrifolia, deren Früchte saftig und süß und von mildem Aroma sind.
 

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Geschichte

Die Griechen kannten den veredelten Birnbaum schon sehr früh. Homer schildert um 600 v.Chr. im 7. Gesang der Odysse die Gärten des Alkinoos folgendermaßen:

"Außer Hofe liegt ein Garten nahe der Pforte,
Allda stehen die Bäume mit laubdichten Wipfeln gen Himmel,
Voll balsamischer Birnen."
Auch im Mythos des Tantalos kommt ein Birnbaum vor. Denn dieser, wegen einer Freveltat zu ewigem Hunger und Durst verurteilt, steht bis zum Hals in Wasser, doch jedes Mal, wenn er den Kopf zum Trinken neigt, versiegt es in der Unterwelt. Seine Qualen werden noch dadurch gesteigert, dass vor seinen Augen ein Birnbaum voll reifer, edler Früchte jedes Mal zurückschnellt, wenn er eine zu greifen versucht. Den Griechen müssen die süßen Birnen sehr geschmeckt haben, Boden und Klima müssen für die Kultur sehr günstig gewesen sein, denn sie nannten den Peloponnes symbolisch "Apia", das Birnenland. Die Technik der vegetativen Vermehrung über Edelreiser kannten sie und haben dieses Geheimnis über eintausend Jahre zu wahren gewusst. Die Römer übernahmen die Sorten und das Wissen um deren Züchtung und kannten, wie Plinius im 1. Jh. n.Chr. berichtet, bereits vierzig Sorten.

Medizinisch schreibt Dioskorides den Birnen adstringierende Wirkung zu und roh gegessen "stopffen (sie) den Stulgang." Im Gegensatz zu Äpfeln sind sie roh gegessen schwer verdaulich, wodurch sich der alte Spruch erklärt: "Nach einer Birne: Wein oder Priester" oder in englischer Version: "A Warden pie´s a dainty dish, to mortify a witch (Mit einem Nachtisch aus Warden-Birnen lassen sich Hexen wunderbar töten)."

Den Germanen galten alte Birnbäume als Wohnstätten von Dämonen und Hexen, welche die Rinde in der schwarzen Magie nutzten. Als Einweisung in die Kunst der Zauberei mussten junge Hexen Birnenfrüchte in Mäuse verwandeln und schließlich sich selbst in Birnen. Alte hohe Birnbäume standen als Schutzbäume in der Feldflur und trugen als Wirtspflanzen die geheimnisvollen Misteln. Die Slawen vermuteten in ihnen rätselhafte Drachen, denn ihr Begriff "Plonika" bezeichnet gleichzeitig Birne und Drache. Verständlich ist, dass bei der Missionierung der Germanen und Slawen ähnlich wie die Eichen auch etliche alte Birnbäume weichen mussten.

In der Sage des Untersberg bei Salzburg spielt auch der Birnbaum eine wichtige Rolle, denn neben Karl dem Großen, der mit seinen Kriegern hier schläft, beherbergt der "Berg der Unteren" Riesen, Zwerge und Drachen. Naht das Ende der Welt, öffnen sich seine Tore und Karl der Große reitet an der Spitze seines Heeres zur letzten großen Schlacht auf das Walserfeld. Nach dem Sieg wird er den ewigen Frieden verkünden und seinen Schild an einen Birnbaum hängen, der daraufhin für immer verdorren muss. Kaiser Karl tritt hier als der mythologische Wotan hervor und der Birnbaum auf dem Walserfeld wird als die Weltenesche gedeutet.

Nach dem Volksglauben war der Birnbaum wie auch die Fichte imstande, Krankheiten der Menschen auf sich zu laden. Hierzu umschritt man den Baum und klagte ihm mit folgendem Spruch sein Leid: "Birnbaum ich klage dir, Drei Würmer, die stechen mir, Der eine ist grau, Der andere ist blau, Der dritte ist rot, Ich wollte wünschen, sie wären alle drei tot."

Die köstlichen, weichen, saftigen Edelbirnen waren einst das Symbol der Aphrodite und Venus. Apfel und Birne zusammen, dienten als Liebesorakel, wobei junge Männer den Apfelbaum (seit alters das Symbol für Weiblichkeit, Liebe und Fruchtbarkeit) und junge Frauen den Birnbaum befragten. Im Mittelalter wurde in christlicher Deutung die Zuordnung auf Maria und Jesus übertragen, wobei das reine Weiß der Blüten als Sinnbild der Jungfräulichkeit Mariens und das tiefe Rot der Staubbeutel als das Blut Jesu und die Früchte als Sinnbild der Zuneigung und des Wohlgefühls galten.

Auch in der Literatur fand die Birne Nachhall. Jedem dürfte aus der Schulzeit das Gedicht von Fontane über die Segen spendende Hand des von Ribbek auf Ribbek im Havelland in Erinnerung geblieben sein. In der Tat stand auf dem Friedhof von Ribbeck ein mächtiger Birnbaum bis er 1911 einem Sturm zum Opfer fiel. Nach der Wiedervereinigung wurde ein neuer "Ribbek" nachgepflanzt, der 1994 die ersten Früchte trug. Eduard Mörike erinnert sich in einem Brief vom 3. Mai 1848 an selige Frühlingsstunden im Garten: "Ich stellte uns´re weiße Bank unter den blühenden Birnbaum, welcher dicht am Gartenhaus seine beweglichen Schatten so zart an dessen helle Wände warf ... und ließ im sichersten Bewusstsein meiner Einsamkeit, nur im Gefühl, dass Ihr mir heimlich nahe seid, den Frühling durch alle Poren in mich rinnen."
 

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Heutige Bedeutung und Verwendung

IIn der Weltproduktion ist die Birne dem Apfel als Obst unterlegen. Mit knapp 8 Mio. Tonnen erreicht sie nur etwa ? der Apfelernte. Haupterzeugerländer sind Italien, China und die USA.

Gelten rohe Birnen als schwer verdaulich, so gilt Birnenkompott oder Birnensaft hingegen als Heilkost. Sie enthalten neben Schleimstoffen, Mineral-, Gerbstoffe und Fruchtsäuren und werden als Diätkost bei Bluthochdruck, Herz- und Kreislauferkrankungen eingesetzt. Frische Birnenblätter enthalten das antibakteriell wirksame Arbutin weswegen eine Zubereitung als Tee bei Nieren- und Blasenentzündung getrunken werden kann.

Besonders gerbstoffreiche Mostbirnen werden zum Klären von Wein und Apfelmost verwendet. Mancherorts werden in Österreich immer noch zur Weihnachtszeit nach altem Brauch die über dem Holzfeuer gedörrten Früchte der sogenannten "Kletzen", speziellen kleinfrüchtigen Mostbirnen (in Süddeutschland nennt man sie "Hutzeln"), zum "Kletzen-" oder "Hutzelbrot" verbacken. Im Rheinland wird beim Leichenschmaus gewöhnlich ein Fladen mit schwarzbraunem Birnenmus serviert. Hierfür werden 80 Birnen und 20 Äpfel über mehrere Tage getrocknet. Diese werden dann zur Verarbeitung in Wasser aufgeweicht, mit Honig gesüßt, mit Anis und Zitronat abgeschmeckt, gekocht und püriert. Das dunkle Birnenkompott gibt den Namen: "schwaze Flaam".

Schlechte Zeiten machen erfinderisch. Sogar Birnenkerne wurden genutzt wie Ferdinand Müller in seinem "Großen, Illustrierten Kräuterbuch" von 1874 berichtet: Aus 25 Pfund Kernen gewinnt man 3 Pfund Öl. Veredlungen "geist"reicher Art erfreuen sich auch heute noch großer Beliebtheit und stehen mit der Birnensorte ´Willams Christ´ in Verbindung.
 

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zuletzt geändert am: 26.III.2004