Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
pirarios |
|
Pyrus communis L. | Rosaceae |
|
Botanische Beschreibung der Art
Kulturbirnen wachsen als
Bäume zu stattlichen Höhen bis 15 m auf. Wildbirnen wachsen strauchförmig
oder erreichen als Bäume sogar Höhen bis 20 m. Sie verfügen
über tiefreichende Pfahlwurzeln. Wildbirnen haben zahlreiche verdornte
Kurztriebe, den Kulturbirnen fehlen diese. Die wechselständigen 2-4
cm lang gestielten Laubblätter haben breit elliptische Spreiten, 3-7
cm lang, 2-5 cm breit, die vorne zugespitzt sind. Anfangs beiderseits behaart
verkahlen die Blätter bald, sind oben dunkelgrün und glänzend,
auf der Unterseite bläulich-grün. Der Blattrand ist gleichmäßig
fein gesägt. Die an der Basis stehenden Nebenblättchen fallen
sehr früh ab.
Die Blüten stehen zu
3-9 in Doldentrauben am Ende beblätterter Kurztriebe. Kelch und Krone
sind 5-zählig. Die Blütenblätter stehen frei. Der Kelch
ist filzig behaart und bleibt bis zur Fruchtreife erhalten. Auf die 10-17
mm langen rein weißen Kronblätter folgen 10-15 Staubblätter
mit anfangs roten Staubbeuteln. Die 5 Fruchtblätter sind am Rücken
mit dem krugförmigen Blütenbecher verwachsen. Die 5 Griffel sind
im Gegensatz zur Apfelblüte bis zum Grunde frei. Die Blüten duften
nach Trimethylamin (Fischlake) wie das auch bei Weißdorn und Eberesche
der Fall ist. Sie werden von nektarsammelnden Bienen und Fliegen bestäubt.
Heute gibt es etwa 1.500
Birnensorten. Die Formen der Früchte sind noch verschiedenartiger
als bei den Äpfeln: Man unterscheidet plattrunde, rundliche, kreisförmige,
eirunde, eiförmige, kegelförmige, birnenförmige, perlförmige,
glockenförmige bis hin zu flaschenförmige. Nach dem System von
LUCAS werden zwei Gruppen von Birnen unterschieden:
Birnen blühen im April/Mai,
die Früchte reifen im September/Oktober. Birnbäume erreichen
ein Alter von 100-150 Jahren und haben eine höhere Lebenserwartung
als die meisten anderen fruchttragenden Gehölze. Die ältesten
Exemplare in Auwäldern des Rheins mit Höhen von 18 m weisen Stammumfänge
von bis zu 270 cm auf. Im Gegensatz zum Apfel, der breit ausladend und
rundlich wächst, ragt die Krone des Birnbaums ausgehend von einer
schmäleren Basis kegelförmig aufstrebend nach oben. Das Holz
ist sehr hart, dicht, feinfaserig, schwer, gleichmäßig gemasert,
auch im Freien dauerhaft und gut polierbar. Es muss sorgfältig getrocknet
werden. Birnbaumholz lässt sich gut dämpfen und schwarz färben.
Es spielt daher als Ebenholzersatz für edle Truhen und die Klavierfabrikation
eine wichtige Rolle. Es wird für Fruchtpressen, Messinstrumente und
Druckstöcke verwendet. Modeln, Hohlformen für den Guss oder zum
Abdruck von Gebäck (Printen), aber auch erhabene Druckformen für
Stoffe und Tapeten werden daraus hergestellt. Blockflötenhersteller
geben Birnbaum und Ahorn anderen Hölzern gegenüber den Vorzug.
Die Wild- oder Holz-Birne
tritt bei uns in zwei Unterarten auf. Die sog. Knödelbirne (Pyrus
pyraster ssp. pyraster) mit runden Früchten und die Holzbirne
im engeren Sinne (Pyrus pyraster ssp. achras) mit langgezogenen,
typischen Birnenfrüchten. Birnen sind über Europa bis Westasien
verbreitet. Das Ursprungsgebiet wird in Persien, dem Kaukasus und Südrussland
vermutet, von wo sie sich über die Türkei nach Griechenland ausgebreitet
haben. Die Gattung Pyrus umfasst 30 Arten in Eurasien und Afrika,
in Nordamerika fehlte sie, ist dort aber heute in Kultur häufig vertreten.
In letzter Zeit findet sich
Obstläden und zum Anbau empfohlen in den Gartenmärkten des öfteren
die aus Japan stammende Nashibirne, Pyrus pyrifolia, deren Früchte
saftig und süß und von mildem Aroma sind.
Innerhalb jeder dieser Gruppen
werden dann nach der Reifezeit (auch eine Frage der Lagerung) noch einmal
Sommer-, Herbst- und Winterbirnen unterschieden. Die Früchte unterscheiden
sich noch in einer Hinsicht grundlegend vom Apfel, sie bilden nämlich
im Fruchtfleisch verholzte Zellen aus, die sich zu sog. Steinzellennestern
aggregieren und dessen Härte und Körnigkeit ausmachen.
Geschichte
Die Griechen kannten den veredelten Birnbaum schon sehr früh. Homer schildert um 600 v.Chr. im 7. Gesang der Odysse die Gärten des Alkinoos folgendermaßen:
Medizinisch schreibt Dioskorides den Birnen adstringierende Wirkung zu und roh gegessen "stopffen (sie) den Stulgang." Im Gegensatz zu Äpfeln sind sie roh gegessen schwer verdaulich, wodurch sich der alte Spruch erklärt: "Nach einer Birne: Wein oder Priester" oder in englischer Version: "A Warden pie´s a dainty dish, to mortify a witch (Mit einem Nachtisch aus Warden-Birnen lassen sich Hexen wunderbar töten)."
Den Germanen galten alte Birnbäume als Wohnstätten von Dämonen und Hexen, welche die Rinde in der schwarzen Magie nutzten. Als Einweisung in die Kunst der Zauberei mussten junge Hexen Birnenfrüchte in Mäuse verwandeln und schließlich sich selbst in Birnen. Alte hohe Birnbäume standen als Schutzbäume in der Feldflur und trugen als Wirtspflanzen die geheimnisvollen Misteln. Die Slawen vermuteten in ihnen rätselhafte Drachen, denn ihr Begriff "Plonika" bezeichnet gleichzeitig Birne und Drache. Verständlich ist, dass bei der Missionierung der Germanen und Slawen ähnlich wie die Eichen auch etliche alte Birnbäume weichen mussten.
In der Sage des Untersberg bei Salzburg spielt auch der Birnbaum eine wichtige Rolle, denn neben Karl dem Großen, der mit seinen Kriegern hier schläft, beherbergt der "Berg der Unteren" Riesen, Zwerge und Drachen. Naht das Ende der Welt, öffnen sich seine Tore und Karl der Große reitet an der Spitze seines Heeres zur letzten großen Schlacht auf das Walserfeld. Nach dem Sieg wird er den ewigen Frieden verkünden und seinen Schild an einen Birnbaum hängen, der daraufhin für immer verdorren muss. Kaiser Karl tritt hier als der mythologische Wotan hervor und der Birnbaum auf dem Walserfeld wird als die Weltenesche gedeutet.
Nach dem Volksglauben war der Birnbaum wie auch die Fichte imstande, Krankheiten der Menschen auf sich zu laden. Hierzu umschritt man den Baum und klagte ihm mit folgendem Spruch sein Leid: "Birnbaum ich klage dir, Drei Würmer, die stechen mir, Der eine ist grau, Der andere ist blau, Der dritte ist rot, Ich wollte wünschen, sie wären alle drei tot."
Die köstlichen, weichen, saftigen Edelbirnen waren einst das Symbol der Aphrodite und Venus. Apfel und Birne zusammen, dienten als Liebesorakel, wobei junge Männer den Apfelbaum (seit alters das Symbol für Weiblichkeit, Liebe und Fruchtbarkeit) und junge Frauen den Birnbaum befragten. Im Mittelalter wurde in christlicher Deutung die Zuordnung auf Maria und Jesus übertragen, wobei das reine Weiß der Blüten als Sinnbild der Jungfräulichkeit Mariens und das tiefe Rot der Staubbeutel als das Blut Jesu und die Früchte als Sinnbild der Zuneigung und des Wohlgefühls galten.
Auch in der Literatur fand
die Birne Nachhall. Jedem dürfte aus der Schulzeit das Gedicht von
Fontane über die Segen spendende Hand des von Ribbek auf Ribbek im
Havelland in Erinnerung geblieben sein. In der Tat stand auf dem Friedhof
von Ribbeck ein mächtiger Birnbaum bis er 1911 einem Sturm zum Opfer
fiel. Nach der Wiedervereinigung wurde ein neuer "Ribbek" nachgepflanzt,
der 1994 die ersten Früchte trug. Eduard Mörike erinnert sich
in einem Brief vom 3. Mai 1848 an selige Frühlingsstunden im Garten:
"Ich stellte uns´re weiße Bank unter den blühenden Birnbaum,
welcher dicht am Gartenhaus seine beweglichen Schatten so zart an dessen
helle Wände warf ... und ließ im sichersten Bewusstsein meiner
Einsamkeit, nur im Gefühl, dass Ihr mir heimlich nahe seid, den Frühling
durch alle Poren in mich rinnen."
Heutige Bedeutung und Verwendung
IIn der Weltproduktion ist
die Birne dem Apfel als Obst unterlegen. Mit knapp 8 Mio. Tonnen erreicht
sie nur etwa ? der Apfelernte. Haupterzeugerländer sind Italien, China
und die USA.
Gelten rohe Birnen als schwer
verdaulich, so gilt Birnenkompott oder Birnensaft hingegen als Heilkost.
Sie enthalten neben Schleimstoffen, Mineral-, Gerbstoffe und Fruchtsäuren
und werden als Diätkost bei Bluthochdruck, Herz- und Kreislauferkrankungen
eingesetzt. Frische Birnenblätter enthalten das antibakteriell wirksame
Arbutin weswegen eine Zubereitung als Tee bei Nieren- und Blasenentzündung
getrunken werden kann.
Besonders gerbstoffreiche
Mostbirnen werden zum Klären von Wein und Apfelmost verwendet. Mancherorts
werden in Österreich immer noch zur Weihnachtszeit nach altem Brauch
die über dem Holzfeuer gedörrten Früchte der sogenannten
"Kletzen", speziellen kleinfrüchtigen Mostbirnen (in Süddeutschland
nennt man sie "Hutzeln"), zum "Kletzen-" oder "Hutzelbrot" verbacken. Im Rheinland wird beim Leichenschmaus
gewöhnlich ein Fladen mit schwarzbraunem Birnenmus serviert. Hierfür
werden 80 Birnen und 20 Äpfel über mehrere Tage getrocknet. Diese
werden dann zur Verarbeitung in Wasser aufgeweicht, mit Honig gesüßt,
mit Anis und Zitronat abgeschmeckt, gekocht und püriert. Das dunkle
Birnenkompott gibt den Namen: "schwaze Flaam".
Schlechte Zeiten machen
erfinderisch. Sogar Birnenkerne wurden genutzt wie Ferdinand Müller
in seinem "Großen, Illustrierten Kräuterbuch" von 1874 berichtet:
Aus 25 Pfund Kernen gewinnt man 3 Pfund Öl. Veredlungen "geist"reicher
Art erfreuen sich auch heute noch großer Beliebtheit und stehen mit
der Birnensorte ´Willams Christ´ in Verbindung.
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zuletzt geändert am: 26.III.2004