Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
radices |
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Raphanus sativus L. var. niger (Mill.) S. Kerner | Brassicaceae |
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Botanische Beschreibung der Art
Der Rettich ist ein verzweigt aufrecht wachsendes Kreuzblütengewächs mit violetten oder weißen, dunkel geäderten Blüten. Die Blüten, die sich im zweiten Jahr entwickeln, stehen in lockeren Trauben am Ende des Stängels und haben einen Durchmesser von 1-2 cm. Als Frucht bilden sie 3-9 cm lange Schoten. Diese haben im Gegensatz zu Raps oder Kohl zwischen den Samen noch quer verlaufende Kammerwände (sog. Gliederschote). Der Rettich blüht von Mai bis Oktober. Die rosettenartigen Blätter sind bis 40 cm lang, fiederlappig und unterseits auf den Blattnerven kurz rauh behaart.
Wichtigster nutzbarer Teil des Rettichs ist die große, fleischige Rübe, die meist bis dicht unter dem Blätterschopf in der Erde wächst (beim Radieschen [var. sativus] ist nur der Abschnitt vom Wurzelhals bis zu den Keimblättern [=Hypocotyl] verdickt, der bis zur Hälfte aus dem Boden ragt). Bei manchen Sorten des Radieschens ist auch die Wurzel in die Verdickung einbezogen, z.B. bei der Sorte 'Eiszapfen'.
Der Rettich braucht humusreichen, lockeren, sandig-lehmigen Boden. Er
verwildert nur selten.
Geschichte
Der Ursprung des Rettichs
liegt im östlichen Mittelmeergebiet oder im Kaukasus. Wahrscheinlich
ist er aus einer Kreuzung zwischen Strand-Rettich (Raphanus maritimus)
und Schnabel-Rettich (R. rostratus) entstanden. Möglicherweise
hat auch später eine Einkreuzung des bei uns heimischen Hederichs
(Raphanus raphanistrum) stattgefunden. Im Gegensatz zur alten Kulturpflanze
Rettich erscheint das Radieschen erst im 16. Jh. in Mitteleuropa und hat
botanisch wohl auch andere Ursprünge. Dass den Rettich, wie Herodot
berichtet, bereits die 2700 v.Chr. für den Bau der Cheopspyramide
abgestellten ägyptischen Arbeiter aßen, ist allerdings historisch
sehr zweifelhaft. Aus der Zeit des klassischen Altertums in Griechenland
und Italien gibt es dagegen viele glaubhafte Beschreibungen, zum Beispiel
von Theophrast (4. Jh. v.Chr.), der bereits verschiedene Sorten nennt.
Plinius d.Ä. (23-79 n.Chr.) schreibt über den Rettich: "In kalten
Gegenden gedeiht er so gut, dass er in Germanien die Größe neugeborener
Kinder erreicht...". Er wurde somit bereits im 1. Jh. n.Chr. in den Mittelmeerländern
und stellenweise im römischen Germanien angebaut und roh mit Salz
bzw. Essig oder gekocht wie Kohlrüben gegessen. Im alten Rom behandelte
man Hauterkrankungen mit Rettichöl.
Im Mittelalter erfolgte die
Kultur des Rettichs in Klostergärten. Hildegard von Bingen und Albertus
Magnus erwähnen ihn, ab dem 16 Jh. erscheint er in fast allen Kräuterbüchern.
Hildegard beschreibt seine reinigende Wirkung (auch auf das Gehirn) und
empfiehlt ihn als schleimlösendes Mittel. Pfarrer Kneipp ordnet an,
den Rettich ohne Salz zu essen. Frischer Saft rege die Gallenbildung an,
helfe bei Gallensteinen, Leberleiden und Rheumatismus. In der chinesischen
Medizin wird der Rettich als verdauungsförderndes Mittel erwähnt.
Schwarze Rettiche finden vor allem in der Homöopathie Verwendung und
zeigen dort Wirkung auf die Leberfunktionen. Im Volksglauben verscheuchte
der Rettich den Schlaf, verhinderte Insektenstiche und Schlangenbisse und
sollte sogar Schulkindern, als Butterbrotbelag, zum leichten Lernen des
Alphabets verhelfen ...!?
Walahfrid Strabo schreibt
über den Rettich:
Hier der Rettich mit mächtiger Wurzel und von seiner Blätter
Breitem Dach überhöht, ist im letzten der Beete zu sehen.
Ziemlich scharf ist die Wurzel, gegessen besänftigt sie aber
Husten, der dich erschüttert und Trank aus zerriebenen Samen
Heilet gar oft das Leiden derselben verderblichen Krankheit.
Heutige Bedeutung und Verwendung
Der scharfe Geschmack ist
auf den hohen Gehalt des Hauptinhaltstoffes, eines schwefelhaltigen Allyl-Senföls,
zurückzuführen. Außerdem enthält die Wurzel reichlich
Vitamin C, daneben Spuren der Vitamine B1, B2 und A und wenig Mineralsalze,
insbesondere Kalium. Die in geringen Mengen enthaltenen Senföl-Glycoside
(Raphinin) wirken stark antibakteriell. Rettich hat eine harntreibende
Wirkung. Wegen des hohen Vitamin C-Gehaltes hat er auch eine vorbeugende
Wirkung gegen Skorbut.
Heute sind weltweit zahlreiche
verschiedenfarbige Rettich- bzw. Radieschen-Sorten im Handel. Radieschen
besitzen eine rötliche Rinde. Sommerrettiche sind meist weißrindig,
Winterrettiche auch blau-schwarzrindig. Junge Blätter können
als Salat gegessen werden. Die Samen können getrocknet für Absude
bei Bronchitis verwendet werden. In China und Japan wird der Rettich auch
gekocht genossen, sowie als Viehfutter verwendet. Weitere herausgezüchtete
Varietäten sind der Ölrettich ohne verdickte Wurzel, aber mit
ölreichen Samen, aus denen in Ägypten, Japan und China Öl
gewönnen wird, sowie der Schlangenrettich, dessen bis zu 1 m lange
Schoten in Ostindien als Gemüse gegessen werden. Die rübenartige
Wurzel des Gartenrettichs ist ein gesundes Nahrungsmittel und gutes Heilmittel,
das jedoch nur in mäßigen Mengen und nicht bei Magen- und Darmentzündungen
genossen werden sollte. Der Saft des Rettichs wirkt schleimlösend
und kann mit Honig bei Husten, Keuchhusten und Heiserkeit eingenommen werden.
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zuletzt geändert am: 11.IV.2003