Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
rosas | 2 | Rosa canina L. | Rosaceae |
Beschreibung Geschichte Verwendung |
Botanische Beschreibung der Art
Die Hunds-Rose zeigt sehr unterschiedliches
Wuchsverhalten. Freistehend entwickelt sich ein 1-3 m hoher, rundlicher
Busch mit weit ausladenden überhängenden Ästen. Im Gebüsch
klettert sie mit rutenförmigen wenig verzweigten Sprossen als sog.
Spreizklimmer im Astwerk benachbarter Gehölze in die Höhe. Sie
blüht im Mai/Juni und fruchtet im September/Oktober. Sie ist über
Europa, Westasien und Nordafrika verbreitet und in Mitteleuropa eine der
häufigsten Rosenarten. Die schwach bereiften jungen Triebe biegen
sich hin und her. Die unterschiedlich großen (7-10 mm), langen, hakig
gebogenen Stacheln [die "Dornen" aller Rosen sind Stacheln, weil sie Bildungen
der Rinde sind und sich leicht abbrechen lassen; Dornen sind fest verwachsen
(umgebildete Sprosse, Blätter oder Wurzeln) und haben Organcharakter]
sitzen oft paarweise unterhalb der Blätter. Diese sind wechselständig
(8-12 cm lang) und unpaarig gefiedert mit 5-7 Fiederblättchen. Die
Nebenblätter sind flügelartig mit dem Blattstiel verwachsen,
die Fiederchen (3-4 cm lang, 1,2-2,5 cm breit) lanzettlich, gleichmäßig
gesägt, oberseits dunkel graugrün, unterseits heller, beiderseits
kahl. Die 1-2 cm lang gestielten Blüten finden sich einzeln oder doldenrispig
an den Enden beblätterter Kurztriebe. Die Kelchblätter der Rosenblüten
zeigen oft eine charakteristische Form und Abfolge, die in einem Merkgedicht,
das Albertus Magnus zugeschrieben wird, in folgender Weise dargestellt
ist.
Gemeint ist damit die unterschiedliche "Bärtung" der Kelchblätter, die sich sehr leicht beobachten lässt, wenn man eine Rosenblüte von unten betrachtet. Zwei Kelchblätter sind beiderseits mit fiederartigen Anhängen (barbati) ausgestattet. Zweien fehlen diese gänzlich (sine barba nati). Eines vermittelt den Übergang und ist nur einseitig gebärtet.
Die 2-2,5 cm großen Kronblätter
sind blaßrosa. Die Griffel ragen nur wenig aus dem Blütenbecher
und bilden eine kahlen Narbenkopf. Die eiförmigen (2-2,5 cm langen,
12-14 mm breiten) Hagebutten sind korallenrot, kahl und zur Fruchtreife
weich. Der oben ansitzende Kelch fällt dann ab. Die ovalen 5 mm langen
Früchtchen sitzen innen am Grund und an den Seiten des Fruchtbechers.
zum Seitenanfang
Geschichte
"Die frische Rosen külen / unnd ziehen zusammen / die gedörte
aber viel mehr. Der Rosen Safft wirt auß den frischen Rosen geprest."
So schreibt Dioskurides. Und weiter: "Der Wein / da gedörte Rosen
in gesotten sind / ist gut wider den Schmertzen und wehthumb des Haupts
/ der Ohren / Zänfleisches / deß hindern Maßdarms / anderer
Gedärme unnd Beermutter / die Ort damit gewaschen / mit einem Federlin
angestrichen / oder mit einem Clystierröhrlin beygebracht." Hildegard
von Bingen empfiehlt am Morgen frisch gesammelte, kühlende Rosenblätter
für die Augen, es zieht den Saft, das ist das "Trieffen", heraus und
macht sie klar. In den mittelalterlichen Klostergärten durften die
Rosen nicht fehlen, denn man reichte sie auch als beliebte Fleisch- und
Dessertwürze zum Essen. In den Apotheken bewahrte man Blütenblätter
in eingezuckerter oder eingesalzener Form auf und machte daraus nach Bedarf
Rosenwasser, Rosensaft, Rosenzucker oder Rosenpaste. Rosen wurden Salben
beigemischt zur Behandlung von Wunden und Mundgeschwüren. Hagebutten
galten als Hausmittel gegen Stein- und Nierenleiden.
Die älteste bekannte Abbildung einer Rose ist 4000 Jahre alt und
auf einer sumerischen Tontafel zu finden. Persien galt als das Rosenland
schlechthin. Das Wort für Rose ist gleichbedeutend mit Blume. Dem
Islam bedeuten Rosen, da sie aus Mohammeds Schweißtropfen entsprossen
sein sollen, ein heiliges Symbol. Für sie wäre es undenkbar,
was im Abendland als Ehre gilt, über Rosen zu gehen und dabei deren
Blütenblätter zu zertreten. Als Saladin im Jahre 1187 Jerusalem
von den Kreuzrittern zurückeroberte, soll er auf 500 Kamelen Rosenwasser
herbeigeschafft haben, um die Wände und Säulen der Moschee und
der Fels, auf dem sie gebaut ist, damit reinzuwaschen. Sie war von den
Kreuzrittern als Kirche missbraucht worden. Erst danach durften gläubige
Moslems das Heiligtum wieder betreten.
In der griechischen Mythologie sind die Rosen aus dem Blut vor allem
erdnaher Fruchtbarkeits- und Liebesgottheiten entstanden und waren diesen
geweiht. Die Römer erblickten in ihnen eher den puren Luxus. Auf einem
der legendären Gelage Kaiser Neros sollen Gäste (Bacchus war
wohl mit von der Partie) an der Unmasse von der Decke herabfallender Rosenblätter
erstickt sein, und Kleopatra soll Mark Anton in einem Raum, der angeblich
ellenhoch mit Rosenblättern bedeckt war, verführt haben. Gegen
diese sinnlose und verschwenderische Prunksucht wetterte Horaz, weil Olivenhaine
vernachlässigt und fruchtbarste Ackerböden für Rosen- und
Veilchenkulturen vergeudet würden. Vergleichbares geschieht heute,
wenn wir es uns leisten, Zierblumen billigst aus ärmsten Entwicklungsländer
zu importieren.
Achill schmückte seinen Schild mit Rosen. Scipio Africanus major
verlieh nach der Eroberung Karthagos den tapferen Soldaten seiner 8. Legion
das Privileg, die Schilde mit Rosen zu bemalen. In der Folge ehrte man
heimkehrende Sieger und verdiente Männer mit Rosenkränzen. Unmäßiger
Gebrauch aber kehrte das Ehrenzeichen ins Gegenteil. Die Rose wurde das
Sinnbild der Schwelgerei, der Weichlichkeit und der Verachtung.
Den Germanen galt die Heckenrose als das Symbol der weiterlebenden Seele.
Rosenholz war unerläßlicher Bestandteil der Scheiterhaufen bei
Leichenverbrennungen. Die durch Gallwespen verursachten Gewebewucherungen,
als Rosen- oder Schlafäpfel bezeichnet, legte man Säuglingen
als Einschlafhilfe unter die Kissen. Noch im 17. Jahrhundert führten
Bader diese "Zauberkugeln" im Angebot, weil sie Kinder gegen Behexung und
Krämpfe schützen sollten. Die Heckenrose, als "Friggas Dorn"
der mütterlichen Liebes- und Fruchtbarkeitsgöttin heilig, besaß
Zauberkraft. Aus Dankbarkeit für den Beistand bei schweren Geburten
vergruben nach gutem Verlauf Hebammen die Nachgeburt unter einem Rosenbusch.
Der sagenhafte "Rosengarten" des Zwergenkönigs Laurin war nichts anderes
als eine blumige Umschreibung für Kampf, Blut, Tod und Untergang auf
dem Schlachtfeld. "Rosen" nannte man die durch ein Schwert geschlagenen
Wunden und ebenso bezeichnete man besonders gute und wertvolle Schwerter.
Die Rose steht für viele Geheimnisse. "Was wir hier kosen, bleibt
unter den Rosen." Sub rosa dictum verpflichtete zur absoluten Vertraulichkeit.
Papst Hadrian ließ deshalb mit Rosenschnitzereien Beichtstühle
verzieren. Die alten Ägypter weihten die Rose Harpokrates, dem Gott
des Schweigens.Verbindet man jeweils die Spitzen der übernächsten
Kelchblätter einer Rose miteinander, erhält man den Drudenfuß,
das Pentagramm. Dieses uralte Zauberzeichen stand für das Geheimnisvolle.
Die Rosenkreuzer, eine Geheimgesellschaft, führen die Rose als Symbol
der Verschwiegenheit in ihrem Namen. Sinnreich spielt mit diesen Bezügen
auch Umberto Ecco in seinem Roman "Der Name der Rose". Den Alchemisten
galt sie als Blume der Weisheit.
Vor diesem Hintergrund wird verständlich, dass eine christliche
Deutung der Rose nicht ausbleiben konnte. Dabei tat man sich anfangs schwer
mit der Rose als Blume der Aphrodite, der Venus und der Freya. In Goethes
Gedicht vom "Heidenröslein" symbolisiert sie die jugendliche Frische,
Reinheit und Unschuld eines Mädchens. Diese bricht der wilde Knabe,
auch wenn sich das Röslein wehrt und sticht. Über ein gefallenes
Mädchen äußerte man sich mit dem Satz "Diese Rose ist zu
früh gepflückt" und für das Gegenteil einer alten Jungfer
galt der wohlmeinende Rat "Man muss die Rose auf dem Stiel nicht verwelken
lassen". Freudenmädchen hießen in Breslau "Rosengässlerinnen"
und wohnten im "Rosenwinkel". Als Kennzeichen mussten sie in manchen Städten
eine Rose tragen.
Zur Vermischung des alten heidnischen mit dem neuen christlichen Blumenkult
klagte noch 440 n.Chr. Isidor: "Es sollte doch mehr Unterschied sein zwischen
der Magna Mater der Heiden und unserer Magna Mater Maria." Dennoch setzte
sich die Rose als Sinnbild von Reinheit und Sittlichkeit durch und wurde
zur ständigen Begleiterin der Gottesmutter, wie es auf unzähligen
Bildern dargestellt ist. Maria wurde zur "Rosa mystica". Die gotischen
Kathedralen zieren im Westen in Richtung des alten matriarchalen Paradieses
weisende Rosettenfenster, unter denen vor allem Maria verehrt wurde. Dem
steht im Osten das männliche Kreuz des Erlösers gegenüber.
Die Rose ist das Zeichen der Vergebung durch Christus und sie steht für
den Opfertod der Märtyrer. Spätestens als 1208 die Gebetsschnur
des heiligen Dominikus den Namen Rosenkranz erhielt, war die Aufnahme der
Rose in das Christentum perfekt. Legende ist auch das Rosenwunder der heiligen
Elisabeth von Thüringen.
Goethe sagt von der Rose: sie ist "das Vollkommenste, das die Erde in
unserem Klima hervorgebracht hat." In ihrer überbordenden Symbolik
ist sie die beste Metapher für das Leben in allen seinen Facetten,
an der kaum ein Dichter ohne wohlgesetzte Worte vorbeikam. Hier einige
Lesefrüchte:
Heutige Bedeutung und Verwendung
In ihrer Bedeutung als Symbolpflanze für die lichten und dunklen
Seiten und Widersprüche des Lebens hat die Rose nichts an Wert verloren.
Sie steht für Vollkommenheit, Schönheit, Anmut, Lebensfreude,
die göttliche und die irdische Liebe, aber auch für Blut, Tod
und Vergänglichkeit. Sie ist Sinnbild für die ewige Weisheit
und das Geheimnis. Sie ist die Blume der Jungfrauen und Frauen, aber auch
des Lasters und der Prostitution. Die Ambivalenz von Liebe und Leid, das
Bild von Rose und Dorn, kommt im Gedicht von Pablo Neruda zum Ausdruck.
Einiges wie die mit Hiebwaffen geschlagenen "Ehren"röslein oder der
Rosengarten als euphemistische Metapher für das grausige Schlachtfeld
sind und sollen bleiben, was sie sind, Geschichte. Die Rose hat viele Verehrer
gefunden, die diese Pflanzen hegen, pflegen und mitunter auch züchten.
Mit ausgiebiger Passion fröhnte diesem Hobby u.a. der erste Kanzler
der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer. Neben der Verwendung von
Rosenöl und Rosenwasser in der Parfüm-Industrie ist wegen der
hohen Vitamin-C-Gehalte (je nach Standort und Rasse 500 bis 1400 mg pro
100 g; zum Vergleich die Zitrone 60 mg) die Hagebutte mit ihrer Heilwirkung
in den Blick geraten. Als Tee oder als Hiefenmark (Mus, das trotz Kochen
ein Großteil der Vitamine behält) werden sie wegen ihrer vorbeugenden
Wirkung gegen Erkältungskrankheiten geschätzt.