Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
salviam | 5 | Salvia officinalis L. | Lamiaceae |
|
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Botanische Beschreibung der Art
Der Garten-Salbei ist ein
bis zu ca. 70 cm hoher, stark verzweigter, in Mitteleuropa nur kultivierter
Halbstrauch aus der Pflanzenfamilie der Lippenblütler. Leicht identifizierbar
ist diese Salbei-Art durch ihre charakteristisch grau-filzigen, nur sehr
fein gekerbten, fast ganzrandigen, nach Balsam duftenden Laubblätter.
An der Basis der Spreite finden sich häufig kleine Seitenfiedern,
sogenannte "Öhrchen". Jeweils zwei der 2 bis 9cm langen und bis zu
5cm breiten Blätter stehen an einem Knotendes vierkantigen Stengels
einander gegenüber kreuzweise versetzt zum Blattpaar am nächsten
Knoten.
Die meist
lebhaft hellvioletten, seltener rosa-roten oder weißen Blüten
(Blütezeit in Mitteleuropa: Mai - Juli) bilden ährenförmige
Blütenstände, bestehend aus etwa 6 bis 8 wenigblütigen Scheinquirlen
an den Enden der frischen Triebe.
Die Blüten
selbst zeigen den typischen Aufbau einer Lippenblüte, in der die fünf
Kronblätter so miteinander verwachsen sind, dass zwei Blätter
eine kurze, in abgerundete Lappen geteilte Oberlippe bilden. Die drei anderen
unteren Kronblätter bilden eine ca. 1,5cm lange dreilappige Unterlippe
mit ausgerandetem, rundlichem Mittellappen. Die Zahl der Staubblätter
ist auf zwei fertile reduziert, an denen jeweils nur zwei Staubbeutel vollständig
entwickelt sind. Der schon aus der klassischen Arbeit SPRENGELS (1793)
bekannte "Schlagbaummechanismus", der Fremdbestäubung z.B. des Wiesensalbeis
sichert, fehlt beim Garten-Salbei.
Im zweikammerig angelegten
Fruchtknoten entwickeln sich bei Fruchtreife vier einsamige, 2 bis 3mm
große, dunkelbraune Nüsschen.
Nach
der Fruchtreife stirbt der Blütenstand ab, die bleibenden Sprossteile
wie ältere vegetative Triebe verlieren die Blätter und verholzen
– beginnend meist im zweiten Jahr. Sie sind dann umhüllt von einer
leicht abschuppenden, grau-braunen Borke.
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Geschichte
"Wüchse ein kreutlein
vor den todt,
Es wer fürwar die salb
[Salbei] on spot."
Lange Zeit galt der Salbei,
wie schon der Ursprung des Namens – lat. salvare = heilen und lat. salvere
= gesund – berichtet, als die Heilpflanze schlechthin. Nichtsdestoweniger
ist bis heute der Ursprung, das Herkunftsgebiet des Echten oder Garten-Salbeis
unbekannt. Angaben bei HIPPOKRATES, PLINIUS, DIOSKURIDES und GALEN verweisen
zwar vielfach auf die medizinische Bedeutung von Salbei; ob jedoch der
Gartensalbei oder eine der anderen, im mediterranen Raum vorkommenden,
als Heilpflanze angesehenen Arten [z.B. der Muskateller-Salbei (Salvia
sclarea) – vgl. Nr. 72: sclareia]) gemeint ist, bleibt unklar. Wahrscheinlich
galt der Name "salviam" bis zum Beginn der wissenschaftlichen Botanik für
mehrere Salbei-Arten – hierdurch erklärt sich auch Interpretation
des Salbeis als Weinwürze im Capitulare de villis.
Die heute an fast allen Küsten
des Mittelmeeres heimische Pflanze dürfte wohl zuerst in Griechenland
in Kultur genommen worden sein, erlangte dann jedoch vor allem im Römischen
Reich großes Ansehen als wertvolle Medizinalpflanze mit blutstillender
und harntreibender Wirkung. PLINIUS beschreibt die Verwendung gegen Müdigkeit.
Wahrscheinlich schon zur römischen Zeit gelangten die Pflanzen über
die Alpen nach Mitteleuropa, wo sie in Kultur genommen, zur Zeit Karl des
Großen in keinem Klostergarten gefehlt haben dürfte.
Vor allem mittelalterliche
Quellen berichten immer wieder von der großen Heilkraft des Salbeis.
HIERONYMUS BOCK, einer der "Väter der Pflanzenkunde" empfahl ihn als
"die edelst Teutsch wurtz" und vermerkt in seinem "New Kreütterbuch":
"Salbey [...] kräfftigt und stärckt die Nerven und kommt zu Hülff
allen den Schwachheiten, so von Verstopfung oder Verletzung des Hirns oder
der Nerven herkommen." Hierüber hinaus werden von verschiedenen Autoren
vielfältige weitere Wirkungen beschrieben: Salbeiwein "treibt das
Gifft aus / stillet den Husten und stechen in der Seiten / erwärmet
die Leber un Mutter / befördert der Weiber Kranckheit un den Harn.
Salben gepulvert / in Wasser gesotten / dz Haar damit gewaschen / macht
es schwartz und vertreibt die Milben." Auch die in der Mundhygiene wichtige,
antiseptische Wirkung des Lippenblüters war offenbar schon im 13.
Jahrhundert bekannt: "Salbey im Mund gekäuet, macht einen guten Atem."
(BOCK)
Neben den heute anerkannten
Anwendungen des Salbeis als Arznei entwickelten sich Vorstellungen einer
magischen Verwendbarkeit der Pflanze ein Aberglaube, der in Mitteleuropa
vom 15. bis ins 18. Jahrhundert weit verbreitet war. So herrschte die Überzeugung,
dass das Essen von 3 oder 9 mit Beschwörungsformeln beschriebenen
Salbeiblättern vor Fieber und Dämonen schütze. Besonders
in Frankreich und England war der Glaube verbreitet, Salbei, das "ambrosia
deorum", die Götterspeise (KONRAD VON MEGENBERG), könne unsterblich
machen.
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Heutige Bedeutung und Verwendung
Bis heute ist der Garten-Salbei,
neben Thymian, der wohl häufigste Lippenblütler in den Kräutergärten.
Hauptsächlich als Würzpflanze für verschiedene Fleischspeisen,
wie Saltimbocca alla romana aus der italienischen Küche, wird er heute
in vielen Regionen kultiviert. Salvleküchle, Müsli, in Teig ausgebackene
Salbeiblätter, sind eine vor allem in Süddeutschland und der
Schweiz bekannte Spezialität. Zur "Hamburger Aalsuppe" wird Salbei
in Norddeutschland verwandt.
Seine Bedeutung als Medizinalpflanze
kann heute auf spezifische Bestandteile zurückgeführt werden.
Vor allem das in den frischen Sprossen enthaltene ätherische Öl,
aber auch Harze, Bitterstoffe und ein Östrogen verwandter Inhaltsstoff
bedingen die vielfältigen Wirkungen. Verbürgt sind die schweiß-
und milchsekretionshemmenden wie auch die adstringierenden, entzündungshemmenden
und desinfizierenden Eigenschaften der Blattdroge. Die drei letztgenannten
Eigenheiten stehen im Mittelpunkt der Nutzung in der Hausapotheke. So eignet
sich Salbeitee hervorragend zur Behandlung von Zahnfleischbluten wie zum
Gurgeln bei Halsentzündung und bei Schluckbeschwerden.
Salbeitee: Zur Bereitung des Tees können kurz vor und zu Beginn der Blüte, bei trockenem Wetter gesammelte, sorgsam getrocknete Blätter dienen. Das Trocknen sollte im Schatten, bei Temperaturen nicht über 35°C, erfolgen. (Die meisten Apotheken bieten entsprechend gewonnene Drogen an.) Für den typischen Gebrauch empfehlen aktuelle Fachbücher [z.B. FLAMM-KROEBER] einen Teelöffel der zerstoßenen Blätter mit einer bis zwei Tassen Wasser zu brühen.Die Inhalation der Dämpfe eines heißen Salbei-Aufgusses ist bei trockener Nasenschleimhautentzündung angenehmer, in seiner Heilwirkung besser als die hier vielfach verwendete Kamille. Die vielfach beschriebene Anwendung des Tees gegen Schweißausbrüche, z.B. in den Wechseljahren, ist ohne ärztliche Kontrolle nicht empfehlenswert. Eine Überdosierung kann, bei dem hier notwendigen Dauergebrauch, zu Vergiftungserscheinungen führen.
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zuletzt geändert am: 18.XI.2000