Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
warentiam |
|
Rubia tinctorum L. | Rubiaceae |
|
Botanische Beschreibung der Art
Krapp ist eine ausdauernde,
mehrjährige Pflanze und gehört zur Familie der Rötegewächse,
die sich bei uns durch quirlständige Blätter und unscheinbare,
kleine Blüten auszeichnet. Krapp hat Ähnlichkeit mit dem Klebkraut
(Galium aparine), das ebenfalls als Spreizklimmer wächst, sich
rauh anfühlt und auf Stängeln und Blättern rückwärts
gerichtete Stachelzähnchen besitzt. Eine einzelne Pflanze entwickelt
zahlreiche Verzweigungen, bedeckt mehr als einen Quadratmeter und wird
an einer Stütze gezogen bis 150 cm hoch. Der vierkantige Stängel
mit den vier oder sechs in Quirlen stehenden lanzettlichen Laubblättern
stirbt im Herbst bis auf die Wurzeln ab. Die kleinen blassgelben-grünlichen
Blüten sind 5-zählig, selten nur mit 4 Blattzipfeln im Durchmesser
bis 5 mm breit und stehen in lockeren traubig-doldigen Blütenständen
in den Blattachseln. Krapp blüht von Juni-August. Im September reifen
die Früchte, erbsengroße, schwarze Steinfrüchte.
In der Erde sitzt ein knorriger
Wurzelkopf, dem mehrere Wurzeln und gegliederte Ausläufer entspringen.
Die Wurzeln sind 20-30 cm lang und ca. 12 mm dick. Der meiste Farbstoff
befindet sich in der inneren Wurzelrinde. Dieser ist bei der lebenden Pflanze
im Zellsaft gelöst und verdichtet sich beim Trocknen zu rotbraunen,
festen Partikeln.
Die Pflanze braucht trockene
lockersteinige Lehmböden in sommerwarmen Lagen. Krapp ist eine alte
Kulturpflanze und stammt vermutlich aus dem östlichen Mittelmeerraum.
Geschichte
Bereits im Altertum haben
vermutlich die Perser und Inder und später dann vor allem die Türken
den Krapp als Färbepflanze angebaut und genutzt. Der in der Wurzel
erzeugte Farbstoff wurde als "Türkisch Rot" bekannt und gehandelt.
Der türkische Fez (die typische Kopfbedeckung der Männer) und
Teppiche wurden damit gefärbt. Zum Färben von Wolle, Seide, Leder
und Baumwolle fand Krapp Verwendung.
Der Gattungsname Rubia
leitet sich von lat. ruber (=rot) ab, Krapp von althd. Krapso (=Haken)
mit Bezug auf die rückwärts gerichteten Stacheln der Blätter
und Stängel. Dioskorides beschreibt die rote Wurzel und den Anbau
von Krapp auf Feldern und in Ölbaumgärten. Neben der Färbewirkung
benennt er auch innerliche Anwendungen des Krapps. Er erkennt eine starke
harntreibende Wirkung und empfiehlt eine Einnahme der Blätter bei
Gelbsucht und bei Schlangenbissen. "Die Wurtzeln wie ein Zäpfflin
appliciert / ziehen beneben der monatlichen Blum / auch die Geburt unnd
Nachgeburt herauß." In der Volksmedizin wurde die Wurzel äußerlich
wegen ihrer antiseptischen Wirkung bei der Wundversorgung genutzt. Weitere
Anwendungsgebiete waren Nieren- und Blasensteine, da die Anthracenderivate
mit Calciumionen lösliche Komplexe eingehen.
Für färberische
Zwecke wurde die Wurzel in günstigen Klimaten im Schatten an 3-4 Tagen
an der Luft oder in heizbaren Darren (Trockenkammern) getrocknet und fermentiert.
Um eine bessere Qualität zu erhalten, entfernte man durch Dreschen
Oberhaut und Wurzelfasern. Übrig blieben Holzkörper und Rinde,
die den meisten Farbstoff enthalten. Das nannte man den "beraubten" Krapp.
Die dabei abfallenden Fasern und sonstigen Wurzelreste lieferten die schlechteste
Qualität und wurden als "Krappmull" bezeichnet. Garne und Textilien
mussten vor dem Färben mit Metallsalzen gebeizt werden, damit der
Farbstoff haftete. Um beim Färben mit Krapp schöne, reine Farben
zu erhalten erforderte es viel Erfahrung: Substanzen wie Kreide oder Weizenkleie
wurden dem Färbebad zugegeben und die Temperatur wurde während
des Färbevorgangs kontrolliert verändert. Durch Wahl der Beize
(Alaun- oder Eisenbeize) und Nachbehandlung mit verschiedenen Metallsalzen,
z.B. Zinn-II-chlorid ließen sich Farbtöne von Orange bis Violett
erzielen.
Ab dem 7. Jh. gibt es Berichte
über den Anbau des Krapp in der Gegend von Paris und gut 100 Jahre
später folgt die Erwähnung im Capitulare de villis. In Holland
war ab dem 15. Jh. der Krappanbau insbesondere auf den seeländischen
Deltainseln (Walcheren, Schouwen, Goerre) und im binnenländischen
Gelderland hoch entwickelt und bildete über Jahrhunderte eine Grundlage
des holländischen Reichtums. In Schlesien wurde ab dem 16. Jh., im
Elsaß ab dem 18. Jh. Krapp gebaut, im 19. Jh. gab es selbst in Nord-
und Südamerika und anderen Ländern Pflanzungen der Färberröte.
In der zweiten Hälfte des 18. Jh. entstand in der Gegend um Avignon
auf stark kalkhaltigem Boden eine berühmte Krappkultur mit sehr farbstoffreichen
Pflanzen, die als "Palud" oder "Paludalizari" in den Handel kamen. Ab 1815
wurden jahrzehntelang in Frankreich die Hosen der Soldaten mit Krapp leuchtend
rot gefärbt. Auch Lacke, Farben und Beizen wurden auf Krappgrundlage
hergestellt. 1868 betrug die Krapp-Produktion weltweit 70.000 Tonnen im
Wert von 60-70 Mio. Mark.
Heutige Bedeutung und Verwendung
Die Wurzel enthält 23
Anthrachinonderivate und 5 O-Glycoside. Wichtigstes Glycosid ist die zitronengelbe
Ruberythrinsäure, aus der beim Trocknen der rote Farbstoff Alizarin
(auch in Wurzeln des Waldmeisters enthalten) entsteht. Die anderen Inhaltsstoffe
sind nicht von färberischer Bedeutung, da sie entweder in zu geringen
Mengen vorkommen oder ihnen die Eigenschaften von Beizfarbstoffen fehlen.
Früher in großen
Mengen zur Gewinnung des Krapp-Farbstoffes angebaut, ging die Produktion
rasch zurück, als am 11. Januar 1868 es den beiden Berliner Chemikern
Graebe und Liebermann erstmals gelang den Hauptfarbstoff des Krapp, Alizarin,
synthetisch herzustellen. Als dieser 1871 in den Handel kam, wurde der
Anbau eingestellt. Heute kommt der Färberkrapp nur noch vereinzelt
in manchen Gegenden Mitteleuropas verwildert vor. Medizinisch ist die Färberröte
heute auch nicht mehr in Gebrauch. Insbesondere vor einer inneren Anwendung
wird wegen der möglichen gentoxischen Wirkung der Anthrachinone abgeraten.
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zuletzt geändert am: 30.VII.2002