Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
sclareiam |
|
Salvia sclarea L. | Lamiaceae |
|
Botanische Beschreibung der Art
Der Muskatellersalbei, auch
als Scharlei oder Muskatellerkraut bekannt, gehört zur Familie der
Lippenblütler und ist im östlichen Mittelmeergebiet beheimatet.
Die zweijährige Art bildet im ersten Jahr eine Rosette eiförmiger
bis länglicher, bis zu 23 cm langer Blätter, die am Grunde abgerundet
oder leicht herzförmig, unregelmäßig gekerbt-gezähnt,
runzelig und oberseits meist nur schütter, unterseits filzig behaart
sind. Im zweiten Jahr erwächst daraus ein aufrechter, reich verzweigter,
drüsig behaarter Stängel, der bis zu 1 m hoch werden kann, mit
gegenständigen, dicht behaarten Blättern. Im Juni und Juli erscheinen
die ca. 3 cm langen, stark duftenden Blüten, die zu 4–6 in meist zahlreichen
quirlartigen Stockwerken in dichten Blütenständen am Ende des
Stängels und der Zweige stehen. Die Tragblätter der Quirle sind
auffällig weinrot oder violett gefärbt und deutlich länger
als der drüsig behaarte, etwa 1 cm lange Kelch mit seinen dornig begrannten
Zähnen. Die Blütenkrone besteht aus einer breiten dreilappigen,
oft gelblichen Unterlippe und einer sichelförmigen Oberlippe, deren
Farbskala von cremefarben über hellblau bis zu fliederfarben oder
rosa reicht.
Der Muskatellersalbei gedeiht
am besten auf trockenem, steinig-lockerem Lehmboden in warmen Regionen.
Er besiedelt Weinbergbrachen, Wegränder und trockenes Ödland
im Mittelmeergebiet und Vorderasien und ist am Alpensüdrand örtlich
eingebürgert, sonst nur vereinzelt und unbeständig verwildert
zu finden. Kultiviert wird er heute weltweit, vor allem in Russland, Frankreich,
Italien, Jugoslawien, Spanien, Marokko, den USA und in England, um daraus
ätherisches Öl zu gewinnen.
Geschichte
Anscheinend fand der Muskatellersalbei
bereits in der Antike Anwendung in der Medizin: Wie der Garten-Salbei (Salvia
officinalis – vgl. Nr. 5: salviam) gehört der Muskatellersalbei
zur Gattung Salvia, deren Name sich vom lateinischen salvare
= heilen ableitet. Der latein. Artname sclarea ist abgeleitet von
clarus = rein, was auf reine Augen hindeutet. Die Samen der Pflanze,
kleine Nüsschen, verschleimen, wenn man sie befeuchtet. Sie wurden
daher unter das Augenlid gesteckt, um durch die Schleimabsonderung Fremdkörper
aus dem Auge zu entfernen. Der Schleim wurde auch für die Gewinnung
von Augentropfen extrahiert.
Die Blätter und Blüten
des Muskatellersalbeis enthalten ein stark duftendes etherisches Öl;
deshalb hatte er wohl schon zu antiker Zeit als Gewürz- und Zierpflanze
Bedeutung. Auch die Wirkung auf das Nervensystem war damals bereits bekannt:
Sowohl der Rauch verbrennenden Muskatellersalbeis als auch der Duft des
Öls sorgten für Entspannung, bei höherer Dosierung kam es
zu euphorischen Zuständen, weshalb ihm aphrodisierende Eigenschaften
zugeschrieben wurden. Die Kelten stellten aus der Pflanze eine Art Tee
her, mit dem sie sich in rituelle Rauschzustände versetzten.
Namentlich in Weinbaugebieten
wurde die wärmeliebende Pflanze seit dem frühen Mittelalter eingebürgert.
Die geographische Verbreitung geht heute bis zur Nordsee; auf die Britischen
Inseln wurde sie 1562 gebracht. Das aus den Blättern gewonnene etherische
Öl war früher eine wichtige Würze für Wein und Bier.
Dem Wein verlieh sie den Muskatellergeschmack, daher der Name Muskatellersalbei.
Seit einigen Jahrzehnten ist es jedoch verboten, dem Wein Muskatelleröl
zuzufügen; Muskatwein wird heute allein aus besonders würzigen
Reben hergestellt. In Gardelegen in der Altmark wurde ein früher bekanntes
Bier mit Namen Scharlei gebraut, benannt nach der Pflanze, mit deren Inhaltsstoff
es gewürzt wurde.
In der Volksheilkunde band
man das Kraut auf die Pulsadern, um Fieber zu vertreiben. Hildegard von
Bingen beschreibt die heilende Wirkung des Muskatellersalbeis bei Vergiftung:
"Der Muskatellersalbei ist warm, und er ist gut gegen Gift..." sowie bei
schwachem Magen: „Und wessen Magen so schwach ist, dass er von Speisen
leicht eitrig ist, der nehme Muskateller-Salbei und zu deren dritten Teil
Polei und von Fenchel soviel wie der dritte Teil der Polei (ist), und dies
koche er gleichzeitig in gutem Wein, unter Beigabe von etwas Honig, und
er seihe es durch ein Tuch, und trinke es oft nach dem Essen und gegen
Nacht; sein Magen wird angenehm geheilt oder gereinigt werden". Auch Kopfschmerzen
sollte er lindern helfen: "Aber auch wer Kopfweh hat, der koche Muskatellersalbei
in Wasser, und nach Auspressen des Wassers lege er es so warm um seinen
Kopf und bedecke den Kopf mit einem Tuch und schlafe so, und es wird ihm
besser gehen."
Heutige Bedeutung und Verwendung
Sowohl aus den zur Blütezeit
geernteten oberirdischen Pflanzenteilen als auch aus den Triebspitzen und
Blütenständen wird etherisches Öl gewonnen, das hauptsächlich
Linalylacetat und Linalool enthält, daneben unter anderem Germacren-D
, ß-Caryophyllen und Sclareol. Das durch Wasserdampfdestillation
gewonnene Öl findet heute Anwendung in der Aromatherapie: in einer
Duftlampe erwärmt, als Badezusatz oder in einer Massagemischung wirkt
es ausgleichend, entspannend, beruhigend und hilft gegen Depressionen.
Muskatellersalbei kann erotisierende und euphorische Gefühle auslösen
und schöne Träume hervorrufen.
Das Muskatellersalbeiöl
besitzt wehenfördernde Eigenschaften, wirkt krampflösend bei
Menstruationsbeschwerden sowie bei Blähungen, Magen- und Darmkrämpfen.
In der Hautpflege findet es aufgrund seiner adstringierenden, antiseptischen
und talgregulierenden Eigenschaften Anwendung bei Akne, fettiger Haut,
Hautentzündungen und übermäßiger Schuppenbildung.
In der Kosmetik wird das
ätherische Öl als Duftstoff Seifen und Parfüms zugesetzt.
Auch in der Küche findet
der Muskatellersalbei Anwendung: Die frischen jungen Blätter werden
Beignets hinzugefügt, Blüten können zu Salaten gegeben oder
in Teemischungen verwendet werden.
Der Muskatellersalbei ist
zudem eine schmucke Zierpflanze mit seinen wunderschönen, stark duftenden
Blüten, die sich für Duftsträuße und Kräutersäckchen
eignen. Über den Duft des Muskatellersalbeis gehen die Meinungen allerdings
auseinander: Während die einen ihn als feinen, aromatischen Geruch
mit einem starken Einschlag an Ambra bezeichnen, schreibt Jürgen Dahl,
dass er „weniger nach Muskat als vielmehr nach einer ganzen Seilschaft
schwitzender Bergsteiger duftet".
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zuletzt geändert am: 26.IX.2003