Name im Capitulare | Nr. | Botanischer Name | Familie |
sorbarios |
|
Sorbus domestica Borkh. | Rosaceae |
|
Botanische Beschreibung der Art
Der Speierling ist ein sommergrüner
10-20 m hoher Baum mit anfangs pyramidaler und später breiter Krone.
Er ist verwandt mit der Vogelbeere (Eberesche), der Elsbeere, der Mehlbeere
und zählt zu den Rosengewächsen. Sein Vorkommen reicht von Nordwestafrika,
über Ostspanien, Frankreich, Italien, die Balkanhalbinsel und die
Krim bis Nordanatolien. Er blüht im Mai/Juni und fruchtet im September/Oktober.
Die Borke ist graubraun und kleinschuppig, junge Zweige sind zunächst
weiß behaart, verkahlen aber bald und sind dann olivgrün bis
rötlichbraun, besetzt mit großen, länglichen Korkwarzen.
Die länglich-eiförmigen Winterknospen sind zugespitzt, 12-15
mm lang, grünlich, kahl, klebrig, nur spitzenwärts etwas behaart.
Die wechselständigen Blätter (bis 20 cm lang, Blattstiel 3,5-5,5
cm) sind mit 13-19 Fiederblättchen unpaarig gefiedert. Diese wiederum
sind 3,5-6 cm lang, bis 2 cm breit und im unteren Drittel ganzrandig (!Unterschied
zur Vogelbeere oder Eberesche) ansonsten einfach gesägt mit lang ausgezogenen
Zähnchen. Die Fiederchen sind oberseits mattgrün, kahl unerseits
heller und entlang der Adern behaart. Die Nebenblätter sind hinfällig
und die Herbstfärbung ist gelb bis orange. Die Blüten duften
angenehm und stehen zu 35-75 in 6-10 cm breiten Kegelrispen endständig
an jungen Kurztrieben. Der Blütenbecher ist weißfilzig, die
Blüte 5-zählig. Die 3-eckigen Kelchblätter werden von den
5-7 mm langen, weißen, ausgebreiteten Kronblättern überragt.
Staubblätter 20, meist 5 Fruchtblätter, die weitgehend seitlich
miteinander und rückenseitig mit dem Fruchtbecher verwachsen sind.
Die birnen- bis apfelförmige Frucht (2-3,5 cm lang, bis 3 cm breit)
ist schwach bereift, grünlichgelb und sonnenseits gerötet. Das
Fruchtfleisch hat viele Steinzellen. 1-4 eiförmig, braune Samen sind
8 mm lang.
zum Seitenanfang
Geschichte
Der Speierling ist im Mittelmeerraum
bereits seit langem in Kultur. Schon Theophrast beschreibt den Baum und
unterscheidet nach den Früchten runde, wohlriechende und süße
von länglichen, eiförmigen Sorten, die weniger gut duften und
oft sauer sind. Entscheidend für die Kultur sind die Früchte,
deretwegen die Wildformen des Baumes am Haus gehalten, d.h. domestiziert
wurden. Columella macht Angaben über die Lagerung derselben. Essbar
sind die Früchte nur überreif, wenn sie eine teigige Konsistenz
erlangt haben. Dioskurides empfiehlt sie, auch getrocknet oder zu Mehl
gemahlen, zur Stopfung des Stuhlganges. Die Schmerbirnen galten und gelten
als Hausmittel bei Magen- und Darmerkrankungen. Hieraus erklärt sich,
dass man sie gelegentlich heute noch ans Vieh verfüttert. Plinius
Secundus beschreibt die in Italien vorkommenden Bäume und macht Angaben
zur Verwendung des Holzes. Es ist feinfaserig, schwer, mittelhart, biegsam,
dauerhaft und nur wenig schwindend. Speierling fällt zu selten an
und geht ohne besondere Bewertung zusammen mit Birnen- und Elsbeerenholz
in dem Sammelsortiment "Schweizer Birnbaum" auf. Er liefert ein gutes Furnier
und wird heute noch gebraucht für Billardstöcke, Dudelsackpfeifen,
den Cembalobau, Hobel, Einlegearbeiten, Holzschnitt, in der Tischlerei,
Bildhauerei und für Drechselarbeiten. Historisch fand es Verwendung
für Achsen, Ackergerät, Brillengestelle, Büchsenmacherei,
Bugholz im Schiffsbau, Kegel, Ölmühlen, Pressen, Schrauben, Spindeln,
Walzen, Zapfenlager und Zahnräder für Weinpressen und Getreidemühlen
zum Seitenanfang
Heutige Bedeutung und Verwendung
Im Mittelalter war der Speierling
in Deutschland ein wichtiges Kulturgehölz. Eine 1977/78 im Frankfurter
Raum durchgeführte Zählung ergab noch 328 Exemplare. Er steht
auf der Liste der gefährdeten Pflanzen und wurde Anfang der Neunziger
Jahre ob seiner Seltenheit sogar zum Baum des Jahres ausgerufen. Inzwischen
ist man um Erhalt und Vermehrung bemüht, da eine Naturverjüngung
praktisch nicht stattfindet. Die Samen keimen erst, wenn keimungshemmende
Substanzen im Fruchtfleisch abgebaut sind, was durch Verwesung desselben
im Winter passiert oder wenn die Samen ihren Weg durch den Darm von Tieren
genommen haben. Die Artbezeichnung "domestica" trägt der Speierling
zurecht, denn ohne die menschlische Obhut tut er sich schwer.
Dennoch ist er heute nicht
völlig bedeutungslos und nur ein Fall fürs Museum. Aus den Früchten
presst man einen Most, der säure- und bitterstoffreich ist. Er hat
auch einen vergleichsweise hohen Zuckergehalt, was aber wegen der Bitterstoffe
nicht sonderlich rausschmeckt. Die phenolischen Bitterstoffe sind in ihrer
Wirkung mit den Tanninen (Gerbstoffe) in Rotwein vergleichbar. Sie sind
antibakteriell und haben konservierende Eigenschaften. (Tannin- und im
ausgewogenen Verhältnis säurereiche Weine sind lange lagerfähig!)
Daher setzt man heute Apfelweinen aus geschmacklichen Gründen aber
vor allem zur Verbesserung der Haltbarkeit bis zu 1% Speierlingsmost zu.